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Bohl & Kohl

 
     
 
Der Mann heißt Meier. Schlicht Meier. Staatsanwalt in Augsburg und Chefermittler in Sachen Parteienfinanzierung und damit verbundener Verdächtigungen wie Bestechung und Bestechlichkeit, Steuerhinterziehung und Untreue. In dieser Woche mußte Meier nach Berlin. Und sein dortiger Auftritt vor dem Untersuchungsausschuß in der vermutlich schlimmsten Geldaffäre der deutschen Politik war ein neuerlicher Höhepunkt in dieser Skandalgeschichte, deren Kapitel nahezu täglich fortgeschrieben werden. Fazit: Vieles, zu vieles liegt noch im Dunkeln, doch langsam lichtet sich das Dickicht in Sachen illegale
r Parteienfinanzierung.

Nahezu unglaublich in einer Zeit, da man sich daran gewöhnt hat, auch das Undenkbare für möglich zu halten, waren die vorsichtigen Enthüllungen, die Meier zu Protokoll gab. Er ermittelt vor allem gegen den in Kanada residierenden und mit Haftbefehl gesuchten deutschen Waffenhändler Schreiber, gegen den Ex-Staatssekretär Holger Pfahls, gegen Walter Leisler-Kiep und andere. Die dazugehörenden einschlägigen Stichworte heißen: Lieferung von Spürpanzern nach Saudi-Arabien, von Airbus-Flugzeugen und MBB-Helikoptern nach Kanada und Schmiergeldzahlungen beim Erwerb der Leuna-Raffinerie durch den französischen Konzern Elf-Aquitaine. Und stets, wie die Spinne im Netz, hat offenbar der Geschäftsmann Schreiber mit hohen Millionenbeträgen die Strippen gezogen.

Das eigentliche Traurige, nein Skandalöse im Skandal: Staatsanwalt Meier, dem eine hervorragende Qualifikation attestiert wird, hat kaum öffentliche Unterstützung, ja mehr noch, immer wieder wurde ihm seine Arbeit erschwert.

So zum Beispiel anno 1997, als ihm im Umfeld des Waffendeals mit Saudi-Arabien vom Kanzleramt schlicht der notwendige Zugang zu den Akten verweigert wurde. Mehr als durchsichtige Hinweise auf Sicherheitsprobleme und Eigenbereichsvorbehalte der Regierung ließen ihn abblitzen. Im selben Jahr übrigens startete offenbar die von wem auch immer an-geordnete Aktenvernichtungsmaschinerie in Sachen Leuna/Elf Aquitaine, an die sich der ehemalige Kanzleramtschef Bohl nun angeblich nicht mehr erinnern kann.

"Das ganze stinkt zum Himmel", titelte diese Woche Deutschlands größtes Boulevardblatt – wer wollte dem widersprechen. Und das seriöse Pendant, die FAZ, enthüllt nun, daß Schreiber mindestens rund 3,4 Millionen Mark in bar von Schweizer Konten zumeist in Teilbeträgen à 100 000 DM abgehoben hat. Als Empfänger finden sich in den Akten Tarnnamen, die entschlüsselt als Walter Leisler Kiep, Holger Pfahls und Max Strauß genannt werden. Daß auch Manager des betroffenen Thyssen-Konzerns mit von der Partie sind, kann auch nicht mehr überraschen. Abgewickelt wurde das ganze dann über Liechtenstein und dubiose Übergabetermine und -orte, an die sich der eine oder andere ja auch nicht mehr erinnern können will.

Daß die Zahlungen in verdächtig zeitlicher Nähe zu den Geschäftsabwicklungen stehen, kann nur noch den überraschen, der die langjährige Führung dieses unseres Landes für einen Hort politischer Glaubwürdigkeit und moralischer Reinheit gehalten hat. Der Schrecken der allmählich genaueren Erkenntnisse nimmt kein Ende, es ist wirklich nicht mehr auszuschließen, daß jahrelang politische Entscheidungen gekauft wurden.

Noch fehlen, so Staatsanwalt Meier, die letzten Beweise, die Verdachtsmomente sind jedoch massiv.

Diese Machenschaften sind für die Demokratie mindestens so gefährlich wie ein Haider in Österreich. Wo aber bleiben hier und heute die massenhafte Proteste gegen diese feine Gesellschaft, die uns eine geistig-moralische Wende verpassen wollte. Das kann nur zynisch gemeint gewesen sein.

Doch wie soll auch die politische Hygiene gewahrt sein, wenn bis auf den heutigen Tag Schmiergelder in Millionenhöhe als, so wörtlich, "nützliche Aufwendungen" steuerlich absetzbar sind. Noch Fragen?

(Der Autor dieses Leitartikels ist Chefredakteur des Deutschlandfunks, der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Senders.)

 
     
     
 
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