|
Nach der Rente mit 67 entdeckt Arbeitsminister Franz Müntefering das Konzept "Kombilohn" für die SPD - Zuschüsse für ältere Arbeitnehmer und Arbeitslose, die ersteres wieder werden wollen. Hinter den "Überlegungen" zu einer vermeintlichen Chance für Ältere verbirgt sich jedoch ein keineswegs neues Zuschußsystem. Was als "Initiative 50 plus " seit Mittwoch vergangener Woche diskutiert wird, zeigt nur: Die SPD steht unter Druck. Statt das Grundübel, nämlich mangelnde Arbeitsplätze, mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen anzugehen, tüfteln Spitzengenossen und das Arbeitsministerium an Schnellschüssen.
Im Februar hatte Franz Müntefering sich in der SPD durchgesetzt. Der zaghafte Einwand des heutigen Parteichefs Kurt Beck, einige könnten in ihrem Beruf nicht bis 67 arbeiten, mit der Beck sich zum Schutzheiligen der Dachdecker hocharbeitete, versandete. Nachdem die Politik lange eine ökonomische Kultur der Altenverdrängung aus den Firmen gepflegt hatte, sind genau die jetzt aufgerufen, länger zu arbeiten. Münteferings Modell der Rente mit 67 wird seither wie geplant umgesetzt. 2029 soll die Anhebung des offiziellen Rentenalters abgeschlossen sein. Die scheinbar reformeifrige Aktion mit Weitblick ist eine kaum versteckte Rentenkürzung.
Da nur wenige bis 67 arbeiten (die deutsche Durchschnittsrente beginnt mit 60), wird Arbeitslosen zwischen 65 und 67 zwei weitere Jahre aufgebürdet, in denen sie theoretisch hätten arbeiten können. Wenn sie es nicht tun, mindern sich ihre Bezüge am Lebensabend entsprechend. Rentenabschlag nennt sich das. Wer seine Rente vor dem 65. Lebensjahr in Anspruch nimmt, erhält einen Rentenabschlag von 0,3 Prozent pro Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme, insgesamt maximal 18 Prozent.
Diese Abschläge gibt es schon bei vielen. Es werden mehr, denn bis 67 zu arbeiten bleibt selbst bei sich generell wandelnder Einstellung gegenüber älteren Arbeitnehmern Utopie. Das wichtigste sei sowieso die Bewußtseinsbildung, Sensibilität für die Probleme älterer Arbeitnehmer, hieß es aus CDU-Kreisen zu Münteferings Kombi-Vorschlägen. Andere befürchten immerhin Mißbrauch und Drehtüreffekte.
Hauptsache handeln, scheint das derzeitige Motto der Politiker. Daß sie dabei heillos widersprüchlich zu Werke gehen, Sozial- und Rentenstandard nach unten nivellieren und überregulieren, scheint sie wenig zu stören.
Nun versucht Müntefering ungenutzte schon bestehende Regelungen als fortschrittliche neue Maßnahmen zu verkaufen, denn nichts anderes ist das Kombi-Modell. Dieses Modell, eigentlich ein altes CDU-Steckenpferd, entdeckte der Sauerländer Müntefering nun gegen den Trend seiner Partei, um den älteren Arbeitslosen doch noch etwas Tröstliches angesichts all der Kürzungen, so auch beim Arbeitslosengeld mit seinen neuen Zumutbarkeiten, anzubieten. Am vorvergangenen Montag gab es nach Auskunft des Arbeitsministeriums noch keinen ausgearbeiteten Entwurf für den "neuen" Kombilohn.
Am Mittwoch darauf wurden die Pläne bereits im Kabinett diskutiert. Der Minister stellte Ansätze seiner "Initiative 50 plus" vor. Betriebe sollen Zuschüsse bekommen, wenn sie ältere Arbeitslose einstellen. 100000 bekämen so eine Chance.
Doch schon heute gibt es die "Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer", de facto ein Anspruch älterer Beschäftigter auf einen Kombilohn.
Die Chancen daraus würden allerdings nicht genutzt, so die Bundesagentur für Arbeit - zu selten würden Mitarbeiter ab 50 Jahren eingestellt.
Auch das bestehende Altersteilzeitgesetz war als Gegensteuerungsmöglichkeit gedacht und sollte Arbeitnehmern, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, ihren Arbeitsplatz sichern oder gar einen neuen offerieren. Die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit auf die Hälfte zu vermindern - steuerliche Förderung für den Arbeitgeber inklusive - sollte hier helfen. Doch anstelle alte Arbeitsplätze sinnvoll zu sichern oder neue zu schaffen, wurden so auf Kosten des Steuerzahlers massenhaft bestehende Arbeitsverhältnisse älterer Menschen abgebaut.
Tatsächlich geht es nicht um weitere Steuermittel für effektive Förderung. Diese sind längst verplant, neue stehen nicht zur Verfügung, was Müntefering verschleiert. Auch krankt der deutsche Arbeitsmarkt mit seinen weltweit einmaligen staatlichen Aufwendungen nicht an zu wenig Verteilung, sondern schlicht an Verschwendung, am Chaos, verursacht von Politikern, die über Jahrzehnte die Rente in flache Gewässer gesteuert haben und nun das Auflaufen des Bootes, in dem nun mal alle stecken, als Punktlandung verkaufen wollen. |
|