A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z
     
 
     
 

Das Mutterhaus der Königsberger Diakonissen wird 150 Jahre alt

 
     
 
Wer durch die alte Reichsstadt Wetzlar im Weste Deutschlands fährt, reibt sich verwundert die Augen, wenn er das Hinweisschild lies "Königsberger Diakonissen-Mutterhaus der Barmherzigkeit". Seit 1955 hat e seinen Sitz in Wetzlar – etwa 900 Kilometer Luftlinie von seinem Stammsitz entfernt 1850 wurde das Haus, das zum Kaiserswerther Verband deutscher Diakonissen-Mutterhäuse gehört, in Königsberg gegründet. Am 18. Mai dieses Jahres feierte es ein 150jährige Bestehen. Nach der Gründung wurden im Königsberger Diakonissen-Krankenhaus zunächs Mädchen aus ostdeutschen Familien zu Krankenpflegerinnen ausgebildet. Standen in Gründungsjahr zwanzig Betten zur Verfügung, so bot das Haus 1930 in einem Neubau 60 Patient
en Platz. Als Anfang 1945 die Rote Armee näherrückte, entschloß sich die Leitung, die ältesten und jüngsten Schwestern nach Westen zu evakuieren. 88 Diakonisse mußten unter der russischen Besatzung aushalten. 244 Schwestern des Mutterhauses und 5 Mitarbeiter kamen in den Kriegs- und Nachkriegswirren um. In Berlin sammelten sich nac dem Krieg etwa 500 der vor dem Krieg knapp 1000 Schwestern, die in verschiedenen Staate überlebt hatten. Von 1953 bis 1955 bauten sie das abgebrannte ehemalige Kloster Altenber bei Wetzlar als Diakonissen-Mutterhaus auf. Ihr berufliches Können setzten die Diakonissen im Wetzlarer Krankenhaus, im städtischen Altenzentrum, im Kinderheim und in der Gemeindekrankenpflege ein. Inzwischen mußten die Königsberger Diakonissen aufgrun fehlenden Nachwuchses die Pflegeaufgaben abgeben. Keine der derzeit 43 Königsberge Diakonissen zwischen 59 und 97 Jahren ist noch berufstätig. Die Altenpflege hat die 196 gegründete "Diakonische Schwestern- und Bruderschaft Altenberg" übernommen Ihr gehören 29 Frauen und fünf Männer aus unterschiedlichen Sozial- und Pflegeberufe an. In dieser "Dienst- und Glaubensgemeinschaft" soll die Tradition de Mutterhauses fortgeführt werden, um jungen Menschen christliche Bildung zu vermitteln un den Diakonieauftrag zu erfüllen. Zu den Einrichtungen des Mutterhauses zählen zur Zei fünf Alten- und Pflegeheime sowie acht Wohnanlagen in Wetzlar und Umgebung, in denen 40 Mitarbeiter über 500 Menschen betreuen.

Schwester Christel Hoppe (86) hat die Geschicke des "Diakonissenkrankenhauses de Barmherzigkeit" über 70 Jahre miterlebt. 1914 wurde sie als jüngstes von siebe Kindern in Rastenburg geboren. Ihre Lebensaufgabe fand sie im Königsberge Diakonissen-Mutterhaus, in das sie am 7. Oktober 1930 auf Veranlassung ihrer Mutte eintrat, als der Vater starb und sie ihren Lebensunterhalt suchen mußte. Die Arbeit in Krankenhaus sei ihrer Neigung, Kinderkrankenschwester zu werden, entgegengekommen, auc wenn ihr Einsatzgebiet zuerst die Verwaltung war. Ihre Biographie schien nach de Einsegnung 1937 vorgezeichnet, aber der Zweite Weltkrieg zerschlug alle Planungen Schwester Christel gehörte zu den 88 Diakonissen, die 1945 nicht evakuiert wurden. S wurde sie nach dem Einmarsch der Russen am 9. April 1945 "Zivilgefangene" de Roten Armee. Daß sie 1948 lebend aus der zerstörten Stadt herauskam und auch ihr Familie die Flucht überlebte, ist für sie ein Zeichen von Gottes Hilfe im Leid. Oft hab sie nicht gewußt, was sie noch beten sollte. Ständig sei sie in Angst gewesen, wei jedes ihrer Worte und Handlungen kontrolliert wurde. Neben viel Erbarmungslosigkeit un Willkür der russischen Befehlshaber habe sie auch Barmherzigkeit erlebt: Eine russisch Ärztin steckte ihr Brot zu, Soldaten schenkten ihr Kartoffeln. Ein Kommandeur habe eine Soldaten daran gehindert, eine Diakonisse zu erschießen. Als die 34jährige schließlic ausgewiesen werden sollte, habe ihr eine Ärztin Geld geboten, wenn sie bliebe. Ih Krankenpflegeexamen machte Schwester Christel erst im Westen – in Helmstedt. Dann zo sie in das neue Wetzlarer Mutterhaus. Dort wurde sie im früheren Stadtkrankenhaus ers Stationsschwester, 1967 Leiterin des Pflegedienstes. Von 1977 bis 1987 war si Pflegedienstleiterin des Mutterhauses in Wetzlar. Statt sich zur Ruhe zu setzen, führt sie ehrenamtlich die Heimbewohnerkartei, bis ihr nachlassendes Augenlicht sie zu Aufhören zwang.

1991 sah Schwester Christel ihr altes Krankenhaus zum ersten Mal nach 43 Jahren wieder "Ein ganz eigenartiges Gefühl war das", berichtet sie mit kaum hörbare ostdeutschen Akzent. Über dem Eingang hing früher ein großes Kreuz. Jetzt häng dort nur noch der senkrechte Balken, den Querbalken haben sie weggenommen. Das war ei Schock." Das 600-Betten-Krankenhaus von 1930 beherbergt heute weit mehr Patienten in völlig überfüllten Zimmern: "Kein Vergleich zu früher", meint Schweste Christel. Sechs Diakonissen und Vorstandsmitglieder waren per Flugzeug nach Litaue gereist, die sich in Nidden auf der Kurischen Nehrung einquartierten. "Schön, da das Kurische Haff, die Nehrung und Nidden so wie früher geblieben sind", freut sic Schwester Christel. Sie habe sogar wieder einen Elch gesehen. Vom Niddener Hotel holte si eine Ärztin des jetzigen Königsberger Gebietskrankenhauses mit einem Ambulanzwagen zu einem Tagesbesuch des ehemaligen Diakonissenkrankenhauses ab. Seit diesem ersten Besuc dürfen die Diakonissen mit den dortigen Krankenschwestern und Ärzten Gottesdienst feiern. Der deutsch-russische Kontakt wird aufrechterhalten. Diakonissen sende Hilfsgüter nach Königsberg, während Krankenschwestern von dort zur Weiterbildung nac Wetzlar kommen.

(Aus "idea-Spektrum", Wetzlar)

 
     
     
 
Diese Seite als Bookmark speichern:
 
     
     
     

     
 

Weitere empfehlenswerte Seiten:

Gottesfurcht als Tugend

Malaysier

Wohin stürmst du Rußland

 
 
Erhalten:
 

 

   
 
 
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
WISSEN48 | ÜBERBLICK | THEMEN | DAS PROJEKT | SUCHE | RECHTLICHE HINWEISE | IMPRESSUM
Copyright © 2010 All rights reserved. Wissensarchiv