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Viel war die Rede vom Bekenntnis zur Hauptstadt und dem Vertrauen in ihre Zukunft, als im Januar das Beisheim-Center, ein Gebäudekomplex aus Hotels, Büros, Läden und Apartments in der neuen Berliner Mitte, offiziell eröffnet wurde. Ein bißchen klang es wie ein Pfeifen im Walde. Nicht so für Finanzier Otto Beisheim, den milliardenschweren Gründer der Handelskette Metro, zu der Super- und Me- diamärkte gehören. Für ihn hat sich bereits ein Traum erfüllt.
Auf dem Filetgrundstück zwischen Tiergarten, Ebertstraße, Potsdamer und Leipziger Platz, das zu Mauerzeiten als tote Zone dahindämmerte, ist ein neues Stadtviertel entstanden, das seinen Namen trägt. Der 80jährige, kinderlose Witwer, der in der Schweiz lebt, kann jetzt, nachdem er in seiner irdischen Existenz fast alles erreicht hat, auf ein Stück Unsterblichkeit hoffen.
Das auffällig ste Gebäude des gigantischen Komplexes ist das Ritz-Carlton-Hotel, ein Hochhaus, das mit seinen Art-déco-Elementen an amerikanische Bauten der 20er Jahre erinnert. Es gehört zur Fünf-Sterne-plus-Kategorie und will dem Adlon am Brandenburger Tor als erstes Hotel der Stadt an den Kragen. 300 Millionen Euro hat der Bau gekostet.
Für die Innenausstattung des leuchtend hellen Hochbaus wurde aus aller Welt zusammengeholt, was gut und teuer ist: Marmor aus Italien und Portugal, Glas aus Murano, edle Hölzer aus Übersee, historisches Mobiliar aus Venedig und Paris. Im 12. bis 18. Stock werden Turm-Apartments mit einer Größe von 230 bis 580 Quadratmeter angeboten.
Um sich dort einzukaufen, genügt es nicht, gut zu verdienen, man muß zu den wirklich Reichen gehören. Gleiches gilt für die Luxuswohnungen zur Parkseite in den Häusern direkt am Tiergarten. Beisheim-Center und "Park Side" - die Namen spielen an auf das Rockefeller Center und die noble Park-Avenue in New York und markieren damit den Anspruch des Areals.
Noch wird letzte Hand angelegt. Für einige Häuserfassaden wurde vorwiegend Glas verwendet, andere sind mit edlem Stein verkleidet, eines ist mit Jugendstil-Zitaten verziert, und alle verströmen eine moderne Eleganz, welche man in Mailand und Paris erwartet, die in Berlin aber noch immer die Ausnahme ist. Jetzt bleibt die Frage, ob sich hier eine ausreichend finanzkräftige Schicht etabliert, die sich solche Wohnungen leisten kann. Die Vermietung der Laden- und Büroflächen verläuft schleppend, was wegen des Berliner Überangebots kaum erstaunt.
Auf der anderen Seite der Ebertstraße nimmt der achteckige Leipziger Platz endlich Konturen an. 1732 angelegt, bildete er einst das städtebauliche Entree des barocken Berlin. Im 19. Jahrhundert entstanden hier Wohnpalais für das reich gewordene Großbürgertum. Eines gehörte dem Pressemagnaten Mosse. Später kamen Geschäftsbauten hinzu, darunter das Kaufhaus Wertheim.
Das Oktogon des Platzes wurde - und wird - von der Leipziger Straße durchquert, die in westlicher Richtung zum Potsdamer Platz und nach Osten in die Wilhelmstraße führte, in das alte preußisch-deutsche Regierungsviertel. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Platzensemble zerstört, und der Mauerbau 1961 machte es zum Todesstreifen. Seine eigenwillige Form blieb anhand der häuserlosen Straßenkanten nur mehr aus der Luft erkennbar.
Das erste neue Haus nach dem Mauerfall war das an alter Stelle errichtete Mossehaus. Zehn weitere Gebäude sollen bis 2006 folgen, unter anderem für den ADAC, das Deutsche Reisebüro, die kanadische Botschaft und eine Pensionskasse. Doch erst die Hälfte davon ist bisher vollendet. Im Nordosten, wo einst das Kaufhaus Wert-heim stand, klafft noch eine riesige Lücke. Grund sind die umstrittenen Besitzverhältnisse.
Die Architektur ist überwiegend mittelmäßig. Das "Palais am Bundesrat" trägt zwar einen klangvollen Namen, doch handelt es sich nur um ein biederes Wohn- und Bürohaus mit einer Gaststättenzeile im Erdgeschoß. Der Reiz des Leipziger Platzes liegt in seinem ungewöhnlichen Grundriß - und in den historischen Erinnerungen, die sich mit ihm verbinden. Die Bühne für die Weltstadt wird allmählich bereitet. Nun warten alle darauf, daß das Stück beginnt.
Die "Solitäre in der Wüste" wachsen langsam zum Ensemble zusammen: Blick auf Berlins Potsdamer Platz mit dem neuen "Beisheim-Center" rechts.
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