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Die Elite verweigert sich

 
     
 
Es mag widersinnig erscheinen, daß seit der Auflösung des Warschauer Paktes die Wahrscheinlichkeit gewachsen ist, daß Bundeswehrsoldaten in Ernstfällen eingesetzt werden. Im Auftrag der Nato stehen sie als Teile der Sfor-Truppen in Bosnien, der Kfor im Kosovo. Bundeswehrsoldaten sind in Georgien eingesetzt, in der Adria und in Mazedonien. In Kambodscha fiel der bisher einzige Bundeswehrsoldat durch die Hand eines Gegners; insgesamt verloren bislang 25 deutsche Soldaten ihr Leben bei Auslandseinsätze
n, meistens durch Unfälle.

Und unter den vielen tausend Soldaten in Einsätzen fern von Deutschland waren auch 2500 Reservisten, die sich freiwillig gemeldet hatten.

Bis heute verliefen solche Einsätze einigermaßen glatt. Die 25 toten deutschen Soldaten erregten in der Heimat kein Aufsehen und wurden jetzt auch am Volkstrauertag weder vom Bundespräsidenten noch von anderen Rednern gewürdigt. Dennoch bemüht sich das Verteidigungsministerium, geleitet von der No-Lost-Philosophie, alles zu tun, um zu vermeiden, daß in Kampfhandlungen Bundeswehrsoldaten fallen. Man ist sich klar darüber, daß die deutsche Öffentlichkeit nicht bereit ist, größere Verluste bei weit entfernten Einsätzen hinzunehmen.

Das Eis ist dünn, auf dem sich die Bundeswehr bei ihren Kampfeinsätzen bewegt, und das nicht nur im Hinblick auf eventuell auftretende größere Verluste. In Deutschland ist die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg vor allem bei Älteren noch lebendig. Und auch die jahrzehntelange Propaganda, daß der Tod für das Vaterland – wenn es denn bei Auslandseinsätzen überhaupt um die Verteidigung des Vaterlandes geht – sinnlos sei, hat ihre Spuren hinterlassen.

Das Verhältnis dieses Staates zu seiner Bundeswehr ist diffus und damit auch das Verhältnis der Bürger zu ihrem Staat. Was sonst sollte man aus der Tatsache schließen, daß zur Zeit 40 bis 50 Prozent eines Jahrganges den Wehrdienst verweigern?

Aber ein ganz neues Problem wird auftreten, wenn in Zukunft statt der bisherigen 97 000 Wehrpflichtigen, die eingezogen werden, die Bundeswehr nach ihrer Reduzierung nur noch 60 000 benötigt. Das ist nur noch ein Drittel eines Jahrganges, so daß zahlreiche junge Männer übrigbleiben, die dem Wehrdienst entgehen. Es ist wahrscheinlich, daß von den Eingezogenen der eine oder andere vors Bundesverfassungsgericht geht, weil die Wehrgerechtigkeit nicht mehr gewährt wird. Und dann dürfte die Wehrpflicht fallen.

Damit aber gibt es keine Reservisten mehr, die in den vergangenen Jahren bei einer viel größeren Bundeswehr nach ihrer Ausbildung in den Zivilberuf entlassen wurden und bereit standen, um im Ernstfall die Bundeswehr aufzufüllen. Es fehlt dann auch das wichtige Scharnier zwischen Bundeswehr und Zivilgesellschaft, das von den Reservisten gebildet wurde.

Aber könnte man überhaupt eine Berufsarmee mit ausreichend qualifizierten Freiwilligen besetzen? Schon jetzt titelte die Zeitschrift des Reservistenverbandes, "Loyal": "Elite kehrt der Bundeswehr den Rücken". Längst reichen die Meldungen zum Zeitsoldaten und zum Berufssoldat nicht mehr aus, um beispielsweise beim Heer die Sollstellen bei den Reserve-Offizier-Anwärtern zu besetzen. "Zwar melden sich auch im Heer bei den Fallschirmjägern, Fernspähern, Panzeraufklärern und bei der elektronischen Kampfführung genügend Bewerber, aber 19 der 23 Truppengattungen verfehlen ihre Richtwerte", so "Loyal".

Und weitere Nachteile sind zu erwarten, wenn man einen Blick auf Nachbarländer wirft, die die Wehrpflicht abgeschafft haben. Die belgische (Berufs-)Armee ist im Durchschnitt um zehn Jahre älter als die bisherige Bundeswehr. Die britische Armee rekrutiert bereits Strafgefangene, wenn sie nicht länger als zwei Jahre Gefängnis zu verbüßen haben, weil sie nicht genügend viele Bewerber für den Soldatenberuf hat. Spanien mußte die untere Grenze des Intelligenzquotienten für Berufssoldaten auf 70 senken, das bedeutet Debilität. Und von dem Intelligenzniveau in den US-Streitkräften kann mancher deutsche Soldat, der sie kennenlernte, ein Lied singen.

Es ist leicht zu fordern, die Bundeswehr müsse sich nach den außenpolitischen Gegebenheiten richten, wenn die Bundesrepublik nicht über das dafür notwendige Geld verfügt, und das nicht zuletzt, weil die verschiedenen Regierungen dem Ausland gegenüber hohe Zahlungsverpflichtungen eingegangen sind – von den überdimensionierten Netto-Zahlungen an
 
     
     
 
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