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Universitätssammlungen sind in vielen Bereichen nicht nur ein unverzichtbare Instrument der Forschung und Lehre, sie verwahren auch Dokumente der Geschichte der Erd und des Lebens. Ein derartiges Kulturgut von internationalem Rang bewahrt das Instititu und Museum für Geologie und Paläontologie der Universität Göttingen auf, nämlich die im Krieg geretteten Teile der ehemaligen Königsberger Bernsteinsammlung (Da berichtete). Einst war diese die größte und bedeutendste ihrer Art in der Welt. 11 000 Bernstein-Fossilien wurden katalog isiert.
Seit der Aufnahme der Königsberger Bernsteinsammlung in die geowissenschaftlich Sammlung der Universität Göttingen sind die Fossilieneinschlüsse (Inklusen) konservier worden, um sie wieder für Untersuchungen zugänglich zu machen, denn viel Bernsteinstücke mit Fossileinschlüssen zeigten oberflächlich Risse. Eine systematisch Zuordnung und Erst-Erfassung wurde vorgenommen.
Im Mai 1999 hat Dr. Gudrun Hammer-Schiemann mit der EDV-Katalogisierung de Königsberger Bernsteinsammlung begonnen. Zu Beginn der Arbeit stand die Sichtung de gesamten vorhandenen Literatur und die Einarbeitung in die Anthropoden-Systematik, wobe das Hauptaugenmerk auf die Klasse der Arachniden (Spinnentiere) und Insekten fiel. Die jetzt eigens entwickelte Datenbank erlaubt es, auf der Grundlage eines bereits in Königsberg verwandten Nummernsystems, die systematische Zugehörigkeit, Ausleihen un Bearbeitungen jedes einzelnen Stückes sowie Erwähnungen in Publikationen zu erfasse oder gezielte Suchanfragen zu machen.
Die momentane Aufgabe ist es, diese enorme Datenmenge einzugeben. Zur Zeit sind scho etwas mehr als 4 000 Inklusen erfaßt, darunter alle, die als Originale vo Veröffentlichungen erkannt wurden sowie ein großer Teil der Arachniden. Neben der rei mechanischen Tätigkeit ist aber auch die fortlaufende Bewirtschaftung der Sammlung ei Hauptaspekt der Arbeit. Suchanfragen und Ausleihwünsche von Wissenschaftlern aus alle Welt werden bearbeitet und beantwortet. Ziel ist es, sämtliche Stücke in die Datenban aufzunehmen und dann in einem zweiten Schritt zu einem umfangreichen fotografisc dokumentierten Bernsteinkatalog zusammenzustellen.
Ein kleiner Teil der Königsberger Bernsteinsammlung hat den Krieg überstanden. E gelangte im Herbst 1944 auf Umwegen über den Kali-Schacht Volpriehausen (Kreis Northeim) das Kunstlager der englischen Besatzungsmacht in Goslar und Celle, schließlich 1958 in das Geologisch-Paläontologische Institut in Göttingen, wo er im Auftrag de "Stiftung Preußischer Kulturbesitz" wissenschaftlich betreut wird. Der mi Abstand größte Teil dieser Sammlung besteht aus etwa 11 000 Fossil-Einschlüssen.
Verglichen mit derartigen Dokumenten der Evolution sind die samländische Bernstein-Fossilien mit ihrem Alter von etwa 50 Millionen Jahren jung, aber sie sind s prachtvoll erhalten, daß man durch sie einen ungewöhnlich detaillierten Blick in die damalige Lebenswelt des Zeitabschnitts des Tertiärs werfen kann.
Bernstein ist fossiles Baumharz. Tatsächlich spiegelt die Häufigkeit, mit de einzelne systematische Gruppen des Tier- und Pflanzenreiches im ostdeutschen Bernstei vertreten sind, die Wahrscheinlichkeit wider, mit der diese unterschiedlichen Tier- un Pflanzengruppen an diesem Baumharz klebend überliefert sind. So sind beispielsweis Ameisen und bestimmte Insekten, die vielleicht angelockt durch den aromatischen Duft in Bernstein kleben blieben, häufige Fossilgruppen. Dagegen fand man bisher nur drei Flöhe die vielleicht zufällig abgestreift vom Fell eines vorübergehenden warmblütigen Tiere im Harz überliefert sind. Trotz dieser verzerrten Überlieferung ist es möglich, ei recht genaues Bild des Bernsteinwaldes im Bereich der heutigen nördlichen Ostsee zu rekonstruieren.
Der nach Göttingen gerettete Teil der ehemaligen Bernsteinsammlung der Universitä Königsberg enthält neben den zahlreichen Bernsteinfossilien auch einige neoliothisch und frühgeschichtliche Bernsteinschnitzereien, Bernsteinperlen, bronzezeitliche Fibel sowie kunsthandwerklich bedeutsame Arbeiten aus anderen Epochen. In Zusammenarbeit mit de Göttinger Ur- und Frühgeschichtlern sollen auch diese Bestände erstmals erfaßt dokumentiert und wissenschaftlich ausgewertet werden. Joachim Zielinski
Der Autor ist Mitarbeiter des "Mitteilungsblattes des Berufsverbandes Deutsche Geowissenschaftler" in Bonn, wo dieser Aufsatz erstmalig erschienen ist.
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