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Wenn diese Große Koalition sich selbst keine Zukunft mehr gibt, und danach sieht es in diesen Tagen aus, dann werden jetzt die Themen gewechselt. Auf die Kernfrage nach einer erfolgreichen Regierungspolitik will in Berlin kaum jemand mit Ja antworten: Ist das die Formation, die bei den nächsten Wahlen erneut antreten soll?
Kanzlerin Angela Merkel hatte die Sanierung des Gesundheitswesens ganz zu ihrem Thema gemacht und sich in jedes Detail vertieft - aber Sachbearbeiter-Mentalitäten sind auf der Chefetage fehl am Platz, hier ist allein Entscheidungswille und Durchsetzungskraft gefragt; Richtlinienkompetenz heißt das im Regierungsdeutsch.
Soweit lassen es die beiden Koalitionspartner aber nicht mehr kommen. Das Unions-Machtdreieck München-Wiesbaden-
Hannover schränkt die Bewegungsfreiheit der "Angela Mutlos" (so hat sie der "Spiegel" getauft und sich damit wohl auf immer von ihr losgesagt) mehr und mehr ein, SPD-Fraktionschef Struck läßt alles von der Leine, was beißen kann. "Der Fisch stinkt immer vom Kopf her", mußte sich die Kanzlerin anhören, ohne daß wenigstens ein SPD-Oberer auf dem guten Umgangston bestand. Die Große Koalition kommt jetzt in die Phase mit Freundlichkeiten der "besonderen Art".
Offen ist in Berlin noch, ob nur die Personalfrage Merkel gelöst werden muß oder ob der Wind sich völlig drehen wird. Die nächste Wegmarke setzen die Landtagswahlen am 17. September in Berlin. Dort ist die PDS / Linkspartei von den Demoskopen mit 17 Prozent gesetzt, das macht das Koalitionsrechnen aus heutiger Sicht ziemlich kompliziert. Zu einer rot-gelb-grünen Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen könnte es reichen - ein Modell, das das grüne Alteisen Joschka Fischer auch für die Bundesebene wieder ins Spiel gebracht hat. Die Aufregung bei den Grünen verriet, daß er die vertrauliche Parteistrategie ausgeplaudert hatte.
Eine Verlockung für die SPD ist es allemal, nach kurzer Unterbrechung wieder den Kanzler zu stellen - Parteichef Beck hält sich so geschickt im Hintergrund, daß es eigentlich jeder merken muß. Grüne und FDP könnten, nach herben Wahlenttäuschungen, die Chance zur politischen Wiederbelebung nutzen - der Eigensinn der Parteien läßt den Großen Wechsel möglich erscheinen.
Für das Land wäre dies alles andere als eine akzeptable Lösung; schließlich hat sich eine sehr breite Mehrheit aus der Bevölkerung eine entschlußfähige Koalition des großen Kalibers gewünscht, gerade weil die Probleme überhand genommen haben. Die Kanzlerfrage ist da nachrangig. Jetzt drohen aber heiße Sommerwochen in Berlin mit hektischer Parteienpolitik. |
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