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Dunkle Schatten aus Potsdam

 
     
 
Nach einem Dutzend Amtsjahren als oberster Ankläger der Nation sollten Verdienste genug übrig sein für eine freundliche Verabschiedung. Kay Nehm aber hat seinen Abgang als Generalbundesanwalt selbst verdunkelt. Am 31. Mai gab er, gerade erst 65jährig geworden, sein Amt an Monika Harms ab.

Nehm, ein Paradejurist aus einer schleswig-holsteinischen Juristenfamilie und seit 1980 Bundesanwalt in Karlsruhe, hatte beste Voraussetzungen für diese Aufgabe. Der damalige Amtschef Kurt Rebmann (Generalbundesanwalt von 1977 bis 1990) hatte ihm und allen anderen Bundesanwälten vorgel
ebt, wie ein Chefankläger sich Herausforderungen stellt. Rebmann war nach der Ermordung seines Vorgängers Siegfried Buback durch die Rote Armee Fraktion (RAF) an die Spitze der Karlsruher Ermittlungsbehörde berufen worden.

Die RAF-Morde an Jürgen Ponto (Chef der Deutschen Bank) und Hanns-Martin Schleyer (Präsident der Arbeitgeberverbände) beirrten Rebmann nicht, einem Attentat der linksextremen Terroristen entging er mit viel Glück. Die Schleyer-Entführung steigerte seine Entschlossenheit noch: "Wenn ich in die Hände der Feinde falle, unternehmt nichts zu meinem Schutz." Ein legendärer Befehl Friedrichs des Großen an seine Truppen, der, das schärfte Rebmann seinen Mitarbeiter ein, auch für ihn gelte.

Mit Präzision und dem Einsatz modernster Polizeimethoden ließ der Terroristenjäger die Ermittlungsverfahren gegen die linksextremen Gewalttäter führen, bis er seinen Schwur "Wir kriegen sie alle!" annähernd einlösen konnte. Was Rebmann niemand abnehmen konnte, war das Leben in der Gefahrenzone: 15 Jahre unter permanentem Personenschutz, rund um die Uhr.

Ein Garant das standhaften Staates, so das Urteil über Rebmanns Lebenswerk zu seinem Tod im Jahr 2005.

Nehms Bilanz im Kampf gegen den weltweiten islamistischen Terror fällt knapp aus: mehr als 100 Ermittlungen in Deutschland, aber keine nennenswerte Verurteilung bisher. Nicht einmal der Terroranschlag vom April 2002, der 14 deutsche und sieben weitere Touristen auf Djerba das Leben kostete, ist in Deutschland strafrechtlich aufgearbeitet worden. Trotz deutlicher Spuren der Al-Quaida nach Duisburg.

Nehm hatte sich von seiner Dienstherrin, der streitbaren SPD-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin, an die kurze Leine nehmen lassen, wie Spötter sagten. Öffentliche Auftritte wurden selten. Aufsehen erregte er als Generalbundesanwalt meist nur noch, wenn er im gesellschaftlichen Gleichklang die Bedrohung des Staats durch rechtsextremistische Kreise oder bei fremdenfeindlichen Übergriffen ortete. Damit konnte er hervortreten, die Ermittlungen an sich ziehen und der Zustimmung aus der rot-grünen Regierung sicher sein.

Seine Schlußaffäre ist von dieser Art. Man mag rätseln, warum Nehm die Vorfälle um den Deutsch-Äthiopier Ermyas M. am Ostersonntag in Potsdam zur Staatsangelegenheit machte. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm hatte nach einem Blick auf die Aktenlage von Anfang an mehr Augenmaß bewiesen, Nehm hingegen blamierte die Bundesanwaltschaft bis auf die Knochen. Nun kann er gehen.
 
     
     
 
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