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EU-Kommission stoppt Rechtsbrüche

 
     
 
Zwei Tage vor Weihnachten hatten die Bundesregierung und mit ihr eine Reihe von Politikern in Mitteldeutschland eine Bescherung besonderer Art: Das von Landespolitikern-Ost als "größte Eigentumsverschiebung deutscher Geschichte" schon gefeierte "Flächenerwerbsprogramm" zur Vergabe von rund einer Million Hektar Agrarland und rund 800 Hektar Wald findet nicht so statt, wie sich dies die Interessenten zurechtgelegt hatten.

Die Europäische Kommission hat in einem detaillierten Entscheid von 70 Seiten festgestellt: Das Erwerbsprogramm, mit dem die rechtmäßigen Eigentümer ("Alteigentümer") endgültig zugunsten ortsansässiger sogenannter "Neueinrichter" und vor allem der LPG-Nachfolgeunternehmen ausgeschaltet werden sollten, verstößt eindeutig gegen europäisches Recht. Gleich drei schwerwiegende Bereiche des Rechtsbruchs werden der BRD vorgehalten: 1. Begünstigung Unberechtigter, 2. Diskriminierung und 3. Verletzung der Freiheit der Niederlassung für EU-Bürger. Hinzu kommt dann noch, daß die deutsche Seite die Landverteilung verbotswidrig in Gang setzte und die Öffentlichkeit auch noch täuschte.

Der Abschluß des im März 1998 von der Kommission eingeleiteten sogenannten "Hauptprüfungs-verfahrens" kam für die Regisseure
der Drei-Milliarden-Subvention unerwartet früh. Angedacht war diese größte aller Beihilfen vor allem für die Ex-LPGen und ihre Leitungskader, als Schlußstein der abgewandelt fortgeführten SBZ/DDR-Agrar- und Enteignungspolitik zu einer gesellschaftlichen "Neuordnung" mit einer aus 2100 Personen bestehenden "Elite". Diese besteht im wesentlichen aus ehemaligen Funktionsträgern und Systemstützen der SED-Diktatur.

Während die alte – und wohl auch die neue – Bundesregierung gegen dieses Treiben nur wenig unternehmen wollte oder konnte, hat die EU nun klargemacht: Beihilfen sind nur zulässig, wenn sie den Enteignungsopfern beim Erwerb eigenen Landes oder beim Kauf von Ausgleichsflächen gelten. Weiterhin hat die deutsche Seite die Rückforderung der rechtswidrig geleisteten Beihilfen in die Wege zu leiten und der Kommission über die Einhaltung der Vorschriften Bericht zu erstatten.

Die Folgen dieser Entscheidung, die sich die deutsche Seite mit ihren wiederholten, wirkungslosen, zum Teil wohl auch peinlichen Vorstößen in Brüssel, ohne tragfähige rechtliche Begründung, selbst zuzuschreiben hat, reichen weit.

Die Bundesregierung kann nun entweder innerhalb von 2 Monaten den Europäischen Gerichtshof anrufen. Oder aber sie rafft sich auf, das dem "Flächenerwerbsprogramm" zugrunde liegende sogenannte "Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG)" so zu ändern, daß es dem Gemeinschaftsrecht entspricht. Eines aber ist ganz klar: Das Programm in seiner jetzt praktizierten Form ist geplatzt. Geschlossene Verträge sind rückabzuwickeln, verteilte Wohltaten sind wieder einzusammeln. Es steht zu erwarten, daß Bonn – und vor allem der kleine, aber einflußreiche Interessentenkreis in den neuen Ländern mit "seinen" Politikern vor Ort schon aus Gründen des Zeitgewinns (ca. 1-2 Jahre!) zum Europäischen Gerichtshof gehen möchte. Dies auch, weil eine Änderung des EALG im rechtlich einwandfreien Sinne mit den Vertretern der neuen Länder – auch wegen der politischen Besetzung im Bundesrat – kaum zu erreichen ist. Im übrigen läuft bereits aufgrund der Bestimmungen zur gezielten Benachteiligung der zweifach von Enteignung und Diskriminierung betroffenen "Alteigentümer" eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe, die 1999 zur Entscheidung ansteht.

Für die privaten Landwirte in Mitteldeutschland, die als Wiedereinrichter von Betrieben ebenso wie die Einteignungsopfer der verbrecherischen Landwegnahme und politischen Verfolgung von 1945 und danach auf gerechte und rechtsstaatlich vertretbare Lösungen und Beihilfen gehofft hatten, kommt dieses erste wichtige Zeichen einer Wende zum Besseren wie ein Hoffnungsstrahl zum neuen Jahr. Schon hat die Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum (ARE) – wie die FAZ berichtet – als einer der Wortführer gegen die Rechtsverstöße Bonn und die Verantwortlichen vor weiteren Unrechtsmaßnahmen gewarnt und die schnelle und korrekte Umsetzung der EU-Entscheidung gefordert. Und die Bodenverwertungs- und -verwaltungsgesellschaft (BVVG) erklärte kleinlaut: Die Agrarlandverkäufe mit Beihilfen für Nichtbe- rechtigte seien "vorläufig ausgesetzt". UL/n

 
     
     
 
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