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Eine Lehre von Weimar

 
     
 
Die beiden einzigen Präsidenten der Weimarer Republik unterschieden sich wesentlich in ihrer Legitimation. Friedrich Ebert war 1919 von der Nationalversammlung gewählt und 1922 vom Reichstag in seinem Amt bestätigt worden. Paul v. Hindenburg
hingegen ist entsprechend der Weimarer Verfassung am 26. April 1925 vom Volk gewählt und 1932 vom Volk in seinem Amt bestätigt worden. So wie Eberts Präsidentschaft als Glücksfall, gilt gemäß der herrschenden Lehre Hindenburgs als Unglück für die erste deutsche Republik.

Hieraus zogen die Mütter und Väter des Grundgesetzes - ganz im Sinne der US-amerikanischen Besatzungsmacht - die Konsequenz, bei der Bestimmung des Staatsoberhauptes der zu gründenden Bundesrepublik das Volk lieber außen vor zu halten und die Wahl des Staatsoberhauptes statt dessen wie im Falle Eberts Parlamentariern zu überlassen. Entsprechend der starken Betonung des Föderalismus im Grundgesetz sollte der Präsident nicht allein vom Bundestag gewählt werden. Die CDU hatte eine Wahl durch Bundestag und Bundesrat vorgeschlagen. Das lehnte der Freidemokrat Theodor Heuss als einen "Schönheitsfehler im staatsrechtlichen Sinne" ab, denn das neue Staatsoberhaupt sollte ein Präsident des Bundes und der Länder und nicht des Bundes und der Länderregierungen werden. So setzte sich ein Vorschlag des Sozialdemokraten Georg August Zinn durch, den Präsidenten durch eine Bundesversammlung wählen zu lassen, die "aus den Mitgliedern des Bundestages und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden", besteht. Gerne wird als plebiszitärdemokratisches Feigenblatt darauf verwiesen, daß die Landtage in die Bundesversammlung auch Wahlmänner entsenden können, die keine Abgeordneten sind. Dieses führt tatsächlich in der Praxis dazu, daß die Parteien beziehungsweise deren Landtagsfraktionen neben einem Gros von Politkern auch den einen oder anderen Star in die Bundesversammlung wählen. Ein Schelm, wer sich dabei an Katharina Witt und Heike Drechsler in Honeckers Volkskammer erinnert fühlt.

Neben der weitgehenden Ausschaltung des Risikofaktors Volk bot diese Form der Staatsoberhauptsbestimmung in den Augen der Mütter und Väter des Grundgesetzes noch einen weiteren wichtigen Vorteil. Sie schwächte das Staatsoberhaupt gegenüber dem Parlament, denn während der Reichspräsident wie der Reichstag aus demokratischen Wahlen hervorging und insofern ebenbürtig war, verdankt der Bundespräsident seine Autorität zur Hälfte dem Bundestag und im Gegensatz zu diesem bestenfalls indirekt dem Volk. Die Idee, die dahintersteht, ist, daß, wenn schon trotz veränderten Wahlverfahrens ein Mann wie Hindenburg Präsident wird, er wenigstens autoritätsloser als das Parlament sein soll.

Insoweit läßt sich bis zu einem gewissen Grade die These vertreten, daß wir unsere Präsidenten wie auch deren Autorität (auch) der Wahl vor 80 Jahren zu verdanken haben. D. Beutler
 
     
     
 
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