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Schon vor 575 Jahren hat ein Zoller in Preußen gewirkt. Es war der Graf Friedrich, ein Schwabe, der 1386 Ordensritter in der Komturei Brandenburg war. Die Schlacht von Tannenberg hat er als Komtur von Balga überlebt und wurde 1412 vom Hochmeister Heinrich von Plauen als Großkomtur berufen. Wahrscheinlich war er es, der 1414 seinem entfernten Vetter Friedrich von Nürnberg die berühmte "Faule Grete" lieh, ein großes Geschütz, mit dem der Nürnberger den Widerstand des brandenburgischen Adels brach. In den Sturz Heinrichs von Plauen wurde er auf nicht erkennbare Weise verwickelt und nach der Engelsburg abgeschoben, wo er 1416 gestorben ist. Außer ihm hat kein Zoller dem Deutschen Orden angehört, bis auf den letzten Hochmeister Albrecht.
Wohl sind aber viel später noch drei andere süddeutsche Hohenzollern aus der katholischen Hechinger Linie in unserer Heimat tätig gewesen. Johann Karl Ludwig (17321803) war Bischof von Kulm, Abt zu Pelplin und Oliva und wurde 1795 Fürstbischof von Ermland, wo er sich des Vertrauens Friedrichs des Großen erfreute. Im Olivaer Schloß hielt er Hof wie ein Fürst; der Karlsberg, an dem er seinen Park anlegte, ist nach ihm benannt. Er zog seine beiden Neffen nach Preußen, nachdem diese die berühmte Karlsschule bei Stuttgart, später als Schiller, besucht hatten. Der eine, Hermann Friedrich (17771827), wurde preußischer Offizier und brachte es bis zum General. Er liegt im Dom von Frauenburg begraben. Der andere, Josef Wilhelm (17761836), wurde Kanonikus in Frauenburg und Bischof von Ermland als Nachfolger seines Onkels. Auch er lebte in Oliva. Während sein Oheim dem Zeitalter der Aufklärung angehörte, war er der Romantik verbunden und mit Eichendorff befreundet. Die beiden Hohenzollern waren die letzten Fürstbischöfe des Ermlandes. Beide sind in Oliva begraben.
Erst rund hundert Jahre nach dem Tode des Großkomturs Friedrich von Zollern ist wieder ein Angehöriger dieses Geschlechts in den Dienst des Ordens getreten und nach Preußen gekommen, als der in Ansbach geborene Markgraf Albrecht im Alter von 21 Jahren den weißen Mantel mit dem schwarzen Kreuz annahm und 1511 als Hochmeister nach Königsberg übersiedelte. Was dieser letzte Hochmeister und erste Herzog in Preußen für sein Land geleistet hat, ist zu bekannt und auch zu vielfältig, als daß es hier dargestellt werden könnte. Er war ähnlich wie sein älterer Zeitgenosse Kaiser Maximilian ein Renaissancefürst, dem alten Rittertum ebenso romantisch zugewandt wie der neuen Zeit des Humanismus und der weltlichen Künste, und ebenso in ständiger Geldverlegenheit wie der Kaiser. Was ihn aber von diesem unterschied, das war sein aufrechter Protestantismus. Mit wirklicher Herzensfrömmigkeit bekannte er sich zu Luthers Lehre. Als Gründer der ersten evangelischen Landeskirche, als Schöpfer der nach ihm Albertina benannten evangelischen Universität Königsberg ist er in das Gedächtnis der Nachwelt eingegangen und so auch in dem Denkmal von Friedrich Reusch, das 1891 vor dem Schloß aufgestellt wurde, wiedergegeben.
Was verheißungsvoll begonnen hatte, endete mit der Tragödie der Entmachtung des alten Herzogs durch seine ständigen Widersacher, und sein geisteskranker Sohn Albrecht Friedrich war nur dem Namen nach Herzog. Es war ein Segen für das Land, daß sein Vetter, der tatkräftige Georg Friedrich, Markgraf von Ansbach und Herzog von Jägerndorf (in Schlesien), für ihn die Regentschaft führte. Was er für den Landesausbau auf allen Gebieten getan hat, verdiente bekannter zu sein, als es ist. Sein Denkmal hat er sich im Königsberger Schloß selbst gesetzt. Während Albrecht den Ostflügel neu hatte erbauen lassen, gab Georg Friedrich dem Schloß unter Abbruch des alten Konventshauses den wuchtigen Schwerpunkt des Westflügels mit der Kirche, die zur preußischen Krönungskirche wurde.
Daß die Erbfolge in Preußen nach dem Tode Georg Friedrichs durch Mitbelehnung, nach Albrecht Friedrichs Hinscheiden 1618 endgültig auf die brandenburgischen Hohenzollern überging, war ein Ereignis, das sich in ferner Zukunft segensreich auswirken sollte, damals aber keineswegs als ein Glück empfunden wurde. Die preußischen Stände mochten den neuen Landesherrn aus Berlin nicht, und die lutherische Geistlichkeit eiferte gegen die reformierten Kurfürsten und ihre Partei. Die ersten Kurfürsten haben allerdings wenig getan, um sich dem Lande durch ihre Leistungen zu empfehlen, auch Georg Wilhelm, der letzte Hohenzoller, der in der Gruft des Königsberger Domes beigesetzt wurde. Die Preußen waren in der Ehe mit Brandenburg finanziell und politisch im Nachteil.
Widerwillig wußten sie die überragenden staatsmännischen Fähigkeiten des Großen Kurfürsten anerkennen und ihm am 18. Oktober 1663 auf dem Königsberger Schloßhofe als ihrem Souverän huldigen. Den Zugang zum Herzen der Preußen gewann der Kurfürst erst durch den winterlichen Blitzsieg über die Schweden. Es hat aber schon seinen Sinn, daß das Denkmal dieses Herrschers in Berlin stand und nicht in Königsberg. Nur in der als Festung und Hafen gegründeten Stadt Pillau wurde ihm später ein Denkmal gesetzt.
Zeitgenössisch war zwar das Standbild Friedrichs I. von Schlüter, aber es landete erst nach manchen Irrfahrten in Königsberg, als Friedrich Wilhelm III. es der Provinz zur Jahrhundertfeier der Krönung schenkte. Der Glanz der Königskrone, die eine neue Epoche der preußischen Geschichte am 18. Januar 1701 eingeleitet hatte, überstrahlte in der Erinnerung die Katastrophe der Pest und die Schäden einer schwachen Regierung und liederlichen Geldwirtschaft.
Daß diese Schäden überwunden wurden, war das Verdienst Friedrich Wilhelms I., der auf den Fundamenten, die sein Großvater gelegt hatte, das dauerhafte Gebäude eines Staates aufrichtete, der in Tugenden und Untugenden spezifisch preußisch war. Was die Provinz diesem Könige zu verdanken hat, ist bekannt. Allerdings brauchte man zeitlichen Abstand, um das zu erkennen und zu würdigen. Als der Königsberger Magistrat dem Könige ein Denkmal zu setzen beschloß, geschah das nicht aus Dankbarkeit für die Vereinigung der drei alten Städte zu einer Gesamtstadt, sondern um "die aufgeschwollenen Wogen des königlichen Zorns zur Ruhe zu bringen". Dieses Standbild des Königs am Schloß ist das einzige, das in Ostdeutschland einem lebenden Hohenzollern gesetzt worden ist. Mit mehr Recht stand sein Denkmal vor dem Regierungsgebäude in Gumbinnen, denn der Wiederaufbau des durch die Pest verwüsteten nördlichen Ostdeutschland durch die Gumbinner Kriegs- und Domänenkammer war sein persönlichstes Werk.
Daß Friedrich dem Großen eine solche Ehrung auch nicht nachträglich widerfuhr, lag daran, daß dieser König zu Ostdeutschland kein rechtes Verhältnis finden konnte. Friedrich war ebenso groß in seinen Einsichten wie in seinen Irrtümern, und zu diesen gehörte eine nicht korrigierbare Abneigung gegen die Ostdeutschland, die dadurch, daß sie der Zarin notgedrungen im Siebenjährigen Kriege huldigten, nicht hervorgerufen, aber verstärkt wurde. Die Königsberger Klassik der zweiten Hälfte des Jahrhunderts war zum großen Teile Geist von seinem Geist, aber der König weigerte sich, davon Kenntnis zu nehmen. Von 1753 bis zu seinem Lebensende, also 33 Jahre lang, hat er Ostdeutschland nicht mehr besucht. Sein Pflichtbewußtsein war zwar so groß, daß er die Provinz nicht vernachlässigte, und auch die Ostdeutschland haben es an Leistungen für den Staat nicht fehlen lassen, aber die Temperatur blieb doch kühl.
Friedrich Wilhelm II. hinterließ mit seiner Person und seinen Regierungstaten keinen bleibenden Eindruck in Ostdeutschland; dagegen gewannen Friedrich Wilhelm III. und noch mehr die Königin Luise die Herzen ihrer Untertanen, besonders in der Zeit des unglücklichen Krieges und der Schwäche und Wiedergeburt des Staates. Man wußte es wohl einzuschätzen, daß der Anteil des Königs im Schlechten wie im Guten gering war, aber er war das Symbol der Monarchie, und die Verbundenheit zwischen dem Monarchen und dem Volk wurde in Notzeiten nicht schwächer, sondern stärker. So hat es seine historische Berechtigung, daß ihm ein heroisierendes Denkmal in Königsberg gesetzt wurde und daß seinem ältesten Sohne, der als König an der Enthüllung teilnahm, eine solche Ehrung nicht widerfuhr, sondern erst dem jüngeren.
Der geistvolle Friedrich Wilhelm IV. glänzte, wo er auftrat, aber der historische Erfolg fiel dank Bismarck dem schlichten, geradlinigen Wilhelm I. zu. Die Ostdeutschland hatten ihn in den Unglücksjahren 18071809 als jungen Prinzen kennengelernt, bei der Krönung 1861 als würdigen, aber politisch umstrittenen Repräsentanten der Monarchie. Nach Sedan und Versailles galt ihre Liebe und Verehrung dem "greisen Heldenkaiser", der den Kyffhäusertraum von des Reiches Macht und Herrlichkeit verwirklicht hatte. Die Ostdeutschland dankten ihm, indem sie ihm wenige Jahre nach seinem Tode in Königsberg ein Denkmal setzten, das ihn in dieser Kaiserherrlichkeit romantisch überhöht darstellte.
Sein Enkel Wilhelm II. war Ostdeutschland durch seine Teilnahme an Manövern, die Jagd in Rominten und durch manche Besuche, die infolge der Neigung des Kaisers zu forschem Auftreten und Reden nicht immer glücklich verliefen, verbunden. An Verehrung seines Volkes hat es ihm ebensowenig gefehlt wie einst dem ihm in manchen Zügen verwandten Friedrich Wilhelm IV., aber es mangelte auch nicht an Sorgen über die Verfinsterung des politischen Horizonts. Zur Jahrhundertfeier des Königsberger Landtages im Februar 1913 war der Kaiser zum letztenmal in Königsberg. Während des Ersten Weltkrieges besichtigten er und seine Gemahlin, Auguste Viktoria, durch den russischen Einfall verheerte Gebiete unserer Heimatprovinz und unterstützten Maßnahmen zum schnellen Wiederaufbau. Wenige Jahre später ging die preußische Hohenzollernmonarchie im blutigen Schein dieses Krieges unter in einer Weise, die ihrer geschichtlichen Leistung nicht würdig war.
*Das 22. Juli 1961
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