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Vieles wird dieses Jahr teurer: Autofahren wegen Umweltschutz, Elektrogeräte wegen höherer Rohstoffpreise. Gleichgeblieben sind meist nur die Gehälter und das seit zirka zehn Jahren. Während sonst europaweit die Einkommen in dieser Zeit deutlich gestiegen sind, üben die Deutschen sich in Bescheidenheit, auch beim Konsum. "2007 sind die Arbeitnehmer dran", begründet der IG-Metall -Vorsitzende Jürgen Peters aktuelle Forderungen nach 6,5 Prozent mehr Lohn für 3,5 Millionen Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie.
Nicht nur Gewerkschafter meinen, daß nach Jahren der Enthaltsamkeit wieder mehr Lohn "in die Tüte" muß. Der Konsum soll angekurbelt werden und neue Arbeitsplätze entstehen. Arbeitgebervertreter halten dagegen: Die gerade gewonnene neue Wettbewerbsfähigkeit deutscher Arbeitsplätze in der globalen Wirtschaft werde gefährdet. Otto-Normalverbraucher beschäftigt dagegen weniger, wer volkswirtschaftlich recht hat, sondern wieviel verfügbares Einkommen jedem von uns monatlich jenseits aller festen Kosten zum Ausgeben bleibt.
Wer dieser Frage nachgehen will, findet sich schnell in einem Begriffsdickicht wieder: Konsum-Barometer, Inflation, Preisindex, repräsentativer Warenkorb. Die statistischen Werte geben bestenfalls ausschnitthaft wieder, wie unser Ausgabeverhalten sich entwickelt und warum.
Mit dem täglichen Leben haben sie wenig zu tun. Lohnvergleiche sind nicht inflationsbereinigt, ein Index selten aussagekräftig. Folgendes ist das schon eher: Spanien wird Deutschland 2008 beim Pro-Kopf-Einkommen überholen.
Der jährliche Lohnzuwachs fällt in der Bundesrepublik geringer aus als in den meisten EU-Staaten - kein Grund zur Zurückhaltung. Die Aussicht, an einem für alle wachsenden Wohlstand teilzuhaben, ist aufgrund bescheidener Lohnentwicklung, hoher Arbeitslosigkeit und für viele unsicherer beruflicher Lage anders als in den 70er bis 90er Jahren keine Selbstverständlichkeit. Die meisten Bürger fühlen, daß sie seit Beginn des neuen Jahrtausends, spätestens seit Einführung des "Teuro", weniger auszugeben haben. Von diesem gefühlten Verhältnis von zur Verfügung stehendem Einkommen zu Preisen hängt ab, ob wir lieber sparen oder uns etwas leisten.
Auch die "Gesellschaft für Konsumforschung" (GfK), Urheber des Konsumbarometers, weiß um diesen Zusammenhang: Die Einkommensstimmung sei nach wie vor verbesserungswürdig. Langjährige Durchschnittswerte würden unterboten - den Deutschen fehle Geld wie Zutrauen, auch wenn die Mehrwertsteuererhöhung nicht so schlimm sei wie erwartet. Die Sparquote liege immer noch zu hoch. 16 Milliarden Euro könnten für Konsum und Arbeitsplätze frei werden, würde die Sparquote von derzeit 10,5 Prozent nur um einen Prozentpunkt sinken.
Allein wegen besagter Mehrwertsteuererhöhung, höherer Versicherungssteuer, Kostenanstieg bei Renten- und Krankenversicherung sowie dem Wegfall der Pendlerpauschale hätten die Deutschen 24 Milliarden Euro weniger zur Verfügung. Das rechnet der Bundesverband der Verbraucherzentralen vor. Selbst wenn diese Zahl ein Schätzwert sein mag - viele Löhne wuchsen in den vergangenen Jahren langsamer als die vergleichsweise moderate Inflation.
Etwas genauere Auskunft darüber, was wofür ausgegeben werden muß, gibt der repräsentative Warenkorb. Er enthält 750 möglichst für die gesamte Lebenshaltung aller Verbraucher aussagekräftige Produkte. Der Index zeigt, daß die fixen Kosten deutlich gestiegen sind. So sind laut Statistischem Bundesamt die Ausgaben für Wohnung, Wasser, Strom, Gas und andere Brennstoffe beim Warenkorb von 27,5 auf 30,3 Prozent aller Ausgaben und für Telefon und Internet von 2,3 auf 2,5 Prozent gestiegen - jeweils im Vergleich 1995 zu 2005.
Diese Kosten lassen sich kaum umgehen. Und auch bei der Altersvorsorge haben die Deutschen laut Warenkorb-Erhebung mehr aufzuwenden.
Das tägliche Brot, also Lebensmittel, trägt dagegen immer weniger zu unseren Ausgaben bei. 1965 mußte der durchschnittliche Arbeitnehmer noch knapp eine Stunde schuften, um sich ein Pfund Butter leisten zu können. Im Jahr 2000 schaffte er das statistisch in 15 Minuten. Für ein Pfund Kaffee mußte er 1965 zirka eineinviertel Stunden arbeiten, im Jahr 2000 gerade etwas über fünf Minuten.
Ein Rückgang der Ausgaben für Essen und Trinken von 13,1 auf 10,3 Prozent (1995 zu 2005) vom Warenkorb ermittelten die Statistiker. Günstigere Lebensmittel fangen aber den allgemeinen Preisanstieg nicht auf. Auch deshalb scheint immer weniger im Portemonnaie zur Verfügung zu stehen.
Ein vergleichsweise preisgünstiges Auto, das seinerzeit wie heute durchschnittlich kaufkräftige Konsumenten ansprechen soll, wie der Honda Civic, kostete vor 30 Jahren in der einfachsten Ausstattung 9148 D-Mark (4677 Euro). Dafür mußte ein Angestellter mit damaligem Durchschnittsgehalt vier Bruttomonatsgehälter aufwenden. Das aktuelle Nachfolgemodell ist in der Basisausstattung laut Hersteller derzeit für 16557 Euro zu haben. Der vergleichbare heutige Angestellte arbeitet dafür im Schnitt einen halben Monat länger. Auch beim Lieblingsauto der Deutschen, dem Golf, sieht es kaum anders aus. 1987 kostete ein einfacher Golf laut ADAC 17390 D-Mark (8891,37 Euro).
Damals waren das zirka viereinhalb Monate Arbeit. Heute ist die Minimalausführung für 18350 Euro zu haben, legt ein Angestellter über fünf Monatsgehälter dafür hin. Ein Liter Normalbenzin kostete 1987 übrigens 94 Pfennig.
Natürlich ist ein Auto aus der Mitte der 70er Jahre im Vergleich zu jedem heutigen Modell "eine Blechdose, die zufällig auch fahren kann", so Peter Sobotta, Fahrzeugtechnikexperte des ADAC. Ein derartiger Vergleich bleibt somit immer schief - schon wegen Technik und Ausstattung.
Dennoch: Anschaffungen werden im Vergleich zu dem, was dafür "über" ist, wieder teurer.
Höherer Lohnzuwachs ist daher durchaus kein falscher Schritt, zumal beispielsweise in der Metallindustrie und im produzierenden Gewerbe der Anteil der Lohnkosten an den Betriebskosten meßbar abgenommen hat, wie Experten vorrechnen.
Foto: Mehr Geld ausgeben: Die De |
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