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Das Buch „Spionageziel Schweiz?“ eines Schweizer Richters über die DDR-Spionage gegen sein Land ist aufgrund seines Dokumententeils mit Stasi-Unterlagen und einem Interview mit dem einstigen Leiter der militärischen Spionage von allgemeinem Interesse.
Weshalb, so wird sich der Leser fragen, bestand bei den DDR-Spionagestellen ein solches Interesse an der Schweizer Rüstungsindustrie? Ein Mitglied der DDR-Botschaft in Bern schrieb in einem Bericht an seine Führung, daß er als verkleideter Wanderer 85 Prozent der eidgenössischen Militärflugplätze ausspioniert habe.
Leider geht der Autor nicht in die erforderliche Tiefe. Manches ist auch noch immer ungeklärt wie etwa der Mord am Fluchthelfer Lenzinger in Zürich oder die Hintergründe des Auslandsschweizers Kälin (mit dessen Identität der Spionage-Resident Wolf in die Schweiz eingeschleust wurde, während der echte Namensträger angeblich in Bautzen verschwand).
Seltsam wirkt das Verständnis des Autors für die DDR-Spionageführer, „welche ohne ihr Zutun in eine ganz andere Ideologie hineingesetzt worden waren, in uns fremden Verhältnissen aufgewachsen und demzufolge unsere eigenen (westlichen) Werturteile nicht kannten“. Er habe nach seinen Gesprächen mit ihnen „persönlichen Respekt“ vor „Menschen unserer Zeit, welche an ihre Ideale und an ihr Land geglaubt haben … und ihm loyal gedient haben“. Darum aber geht es nicht, sondern ganz einfach um Menschenrechte , die in der DDR systematisch mit Füßen getreten wurden! Und jene Gesprächspartner des Verfassers haben nicht – wie viele mutige Menschen dort – gegen das Regime aufbegehrt, sondern haben der SED-Diktatur an herausragender Stelle bis zur letzten Minute bewußt gedient. Als die DDR-Bevölkerung im Herbst 1989 das verhaßte System stürzte, war dies in ihren Augen eine „Konterrevolution“ – in ihrem Eid beim Eintritt in die Stasi hatten sie feierlich geschworen, „den Sozialismus bis zum letzten Atemzuge zu verteidigen“, doch dazu fehlte dann wohl der Mut …
Friedrich-Wilhelm Schlomann, Peter Veleff: „Spionageziel Schweiz?“, Orell Füssli-Verlag, Zürich 2006, 228 Seiten, 32,80 Euro 5632 |
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