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Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung." So verkündet es unsere Verfassung in Artikel 6. Er setzt den staatlichen Institutionen und den politischen Akteuren den Maßstab für ihr gesellschaftsgestaltendes Handeln. Alle Bundesregierungen seit 1949 haben sich darum bemüht, dieser Forderung gerecht zu werden durch spezifisch familienorientierte Gesetze oder durch familienfreundliche Bestimmungen in der allgemeinen Gesetzgebung. Nicht immer waren diese Bemühungen befriedigend. Manchmal mußte sogar das Bundesverfassungsgericht nachhelfen, damit die grundgesetzliche Forderung von Regierung und Parlament gebührend beachtet wurde. Keine Bundesregierung aber zeigte der Familie die kalte Schulter.
Dies scheint jetzt unter der Kanzlerschaft Gerhard Schröders einzutreten, wenn man die Regierungserklärung, den Koalitionsvertrag sowie Ankündigungserklärungen verschiedener Kabinettsmitglieder ernst nehmen soll. Anhaltspunkte für einen solchen grundsätzlichen Kurswechsel sind jedenfalls nicht zu übersehen:
Da ist die bemerkenswerte Tatsache, daß zum Thema Ehe kein einziges Wort in der Regierungserklärung zu finden ist und Familie wie Kinder nur "unter ferner liefen" rangieren.
Da ist das Plädoyer der neuen Familienministerin Christine Bergmann für die rechtliche Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften mit der Ehe, was einer eindeutigen Abwertung der Familie gleichkommt. Die distanzierte Haltung Bergmanns zu Artikel 6 des Grundgesetzes ist mit Händen zu greifen.
Da ist die angekündigte Anhebung der Energiesteuer, die in besonderem Maße Familien mit Kindern trifft, weil diese nachweislich mehr Heizung und Strom verbrauchen als Kinderlose. Die propagandawirksame Aufstockung des Kindergeldes kann diese Mehrbelastung auch nicht entfernt ausgleichen.
Da ist die Entscheidung der Bundesregierung, das Schulgeld nicht mehr als Sonderausgabe steuerlich anzuerkennen. Dies kommt einer Strafmaßnahme gegen Eltern gleich, die ihren Kindern in anerkannten Privatschulen eine besonders qualifizierte Ausbildung ermöglichen.
Da ist Bergmanns Lobpreisung der Frauenarbeit in der untergegangenen DDR. Sie habe Gleichberechtigung von Mann und Frau bewirkt: "Es gab einen Gleichstellungsvorsprung, weil die Frauen voll arbeiten mußten." Danach strebt Bergmann allem Anschein nach für die ganze Republik, wenn sie in Aussicht stellt, daß künftig die Kosten für Kindererziehung durch Fremde von der Steuer abgezogen werden können. Diese Regelung soll wohl zuerst dem Ziel der Gleichberechtigung dienen, indem sie die Eingliederung der Frauen in den Produktionsprozeß fördert. Das Engagement für das eigene Kind zählt für sie weniger als die Frauenarbeit außer Haus.
Und da ist schließlich das Ehegatten-Splitting. Nach dem Koalitionsvertrag soll es drastisch herabgestuft werden. Diese steuerliche Regelung wurde 1957 nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eingeführt, damit Ehepaare mit unterschiedlichem Einkommen der Partner gegenüber solchen, bei denen beide in etwa gleich viel verdienen, nicht benachteiligt werden. Dieses Ehegatten-Splitting begünstigt nach dem Karlsruher Richterspruch Ehepaare, bei denen der Mann Hauptverdiener ist und die Frau sich wegen ihrer Betreuung der Kinder für eine Teilzeitbeschäftigung entschieden hat. Das Ehegatten-Splitting ist also eine steuerliche Regelung zur Förderung der Familie. Und: Sie bietet jungen Leuten einen steuerlichen Anreiz zur Eheschließung und damit zur Gründung einer festen Lebensgemeinschaft. Auch dies hat das Verfassungsgericht so gewollt.
Die rotgrüne Regierung will offenkundig die verfassungsrechtlich geschützte Sonderstellung von Ehe und Familie aushöhlen. Sie könnte mit einer solchen Politik in Karlsruhe scheitern. Kläger stehen schon für den Fall bereit, daß die Regierung während des Gesetzgebungsverfahrens ihren Kurs nicht korrigiert. Daß Schröder dazu fähig ist, hat er in den letzten Tagen bewiesen. Hier geht es um eine Grundsatzentscheidung deutscher Politik.
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