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Faszinierender Bernstein Odenwaldmuseum: Dauerausstellung für Jan Holschuh

 
     
 
Bernstein hat mich schon in den zwanziger Jahren als Wortbegriff angezogen und gefesselt", bekannte der Bildhauer Jan Holschuh einmal. "Beim ersten Kennenlernen bestimmte er schon meinen Weg. Einen Weg ins Unbekannte, voller Fremdheit und Überraschungen, wie der Werkstoff. Dieser alte – für mich so neue – Werkstoff zog mich in seinen Bann."

Es entstanden die vielfältigsten Arbeiten – Gebrauchsgegenstände, Schmuck, Kleinplastiken. Nach seiner Ausbildung an der Fachschule für Elfenbein in Erbach war der Odenwälder, Jahrgang 1909, nämlich nach Ostdeutschland gegangen, wo er an der Kunst- und Gewerkschule bei Threyne, Grün und Schoen seine Studien fortsetzte. Es folgte eine weitere Ausbildung an der Hochschule für Bildende Künste in Weimar
, bis Holschuh 1933 die künstlerische Leitung der Staatlichen Bernsteinmanufaktur in Königsberg übertragen wurde. Gleichzeitig hatte er an "seiner alten" Kunst- und Gewerkschule die Möglichkeit, als Lehrer zu wirken und seinen Schülern die Faszination des Werkstoffs Bernstein nahe zu bringen. – "Ich erlebte durch den Bernstein, wie Unruhe und Empfindsamkeit wuchsen, wie die Vielfältigkeit seiner Formen und Farben einen dauernden Reiz, zu immer neuen Formulierungen zu kommen, ausübten. Ich erlebte auch, was Behutsamkeit im Umgang mit dem kostbaren Werkstoff bedeutet."

Nach dem Krieg, dem die meisten Arbeiten Holschuhs zum Opfer fielen, widmete sich der Künstler, der nach Erbach zurückgekehrt war und dort von 1950 bis 1978 die Fachschule, seine erste Ausbildungsstätte, leitete, anderen Materialien, vor allem dem Elfenbein. So zeigt denn eine ständige Ausstellung im Erbacher Elfenbeinmuseum einen Querschnitt durch diesen Teil seines Schaffens.

Im Odenwaldmuseum Michelstadt aber sind seit Anfang Mai von Jan Holschuh 100 Kleinskulpturen und Arbeiten in alten und neuen Werkstoffen, vor allem aus Bernstein, in einer neuen ständigen Ausstellung zu sehen. Nach der Sanierung des 3. Obergeschosses im Speicherbau der Kellerei sind dort unter dem mächtigen Dachstuhl die kunstvollen kleinen Arbeiten zu bewundern (täglich außer montags 10 bis 12.30, 14 bis 17 Uhr).

Fast ein halbes Jahrhundert hatte es gedauert, bis Holschuh wieder zum Bernstein griff. "Wie unter Zwang kreisen die Themen um Flucht und Auflösung", sagte er damals. "Was ich für überwunden hielt, wird wieder lebendig, drängt sich immer wieder neu auf und vermischt sich mit Gegenwärtigem, mit dem Fragen um die Existenz des Menschen und den Zweifeln, die hintergründig unseren Alltag durchsetzen. ... Längst Vergangenes wird dabei wieder lebendig. Mit dieser neuen Kontaktaufnahme schrumpft die Zeit. Staunen und Neugier erfassen mich beim Anschauen und Hin- und Herwenden der Steine ..." Die kleinformatigen Kunstwerke lassen viel Spielraum für die Phantasie des Betrachters, doch gern folgt er dem Künstler auf seiner Entdeckungsreise durch die faszinierende Welt des Bernsteins. man

 

Im Zauberbann der Landschaft

Ernst Mollenhauer, Karl Eulenstein, Robert Hoffmann-Salpia

Haus Hermann Blode

liegt im Sonnenschein

Blauweiß die Giebel

und die Fensterläden ...

Bei solchem Wirte

ist man wohl geborgen.

O Freund, tritt ein,

Er nimmt dir alle Sorgen.

Die Welt wird licht

in seinem Zauberkreis!

So wie Fritz Kudnig, der diese Zeilen einst niederschrieb, so fühlten sich auch andere Dichter und Schriftsteller angezogen von dem Zauber des kleinen Fischerdorfs Nidden auf der Kurischen Nehrung und vom Reiz des alten Gasthofs Hermann Blode. Carl Zuckmayer war dort zu Gast und lange vor ihm auch Ludwig Passarge. Thomas Mann gar war so begeistert vom Ausblick, den der von der Blodeschen Terrasse hatte, daß er sich entschloß, ein Haus in Nidden zu bauen.

Vor allem aber waren es Maler, die es nach Nidden zog, angetan von der Weite des Landes, vom hohen Himmel, vom unvergleichlichen Licht. Im Gasthof Blode, vor 130 Jahren, am 22. August 1867 gegründet, fanden sie für einige Wochen oder gar Monate eine Unterkunft. Schon vor der Jahrhundertwende waren sie von nah und fern gekommen, um auf der Nehrung zu malen. Professoren von der Königsberger Kunstakademie brachten später ihre Schüler; Lovis Corinth, Oskar Moll und Max Pechstein bezogen für eine Weile das von Hermann Blode eingerichtete Atelier. Als dieser 1934 starb, übernahm der Maler Ernst Mollenhauer – er hatte 1920 Blodes Tochter Hedwig geheiratet – die Leitung des Gasthofes. Bereits zuvor hatte er angeregt, in einigen Räumen des Hauses Zimmer für wandernde Jugendliche einzurichten. So war die erste Jugendherberge in Nidden entstanden. Ernst Mollenhauer blieb bis zum bitteren Ende auf der Nehrung und mußte mit ansehen, welches Unheil dort angerichtet wurde. Seine Tochter, die Kunsthistorikerin Maja Ehlermann-Mollenhauer, ist heute bemüht, beim Wiederaufbau mitzuhelfen, so vor allem bei der kleinen Kirche in Nidden.

"Wer war nicht in den Bann dieses Zaubers geschlagen, der seinen Fuß auf dieses Eiland setzte?", schrieb der am 27. August 1892, also vor nunmehr 105 Jahren, in Tapiau geborene Mollenhauer über Nidden, das der Journalist und Autor Paul Fechter aus Elbing auch das "Barbizon der Nehrung" nannte. Nidden, so Mollenhauer, wurde "nicht nur für die neuere Kunst des deutschen Ostens bedeutsam, Nidden bewirkte noch wesentlich mehr. Es war eine Malerlandschaft mit Licht und Raum und Wasser und Sonne ..."

Mollenhauer hat auf seinen Bildern auch immer wieder Motive aus Nidden festgehalten. Viele dieser Bilder sind ein Opfer der Kriegsfurie geworden. Doch die "inneren Bilder" blieben dem Künstler bis zu seinem Tod am 3. April 1963 erhalten. Und so schuf er auch nach dem Krieg noch eindrucksvolle Werke, die ihn zu "den markantesten Vertretern der ostdeutschen Kunsttradition in Westdeutschland nach 1945" (Jörn Barfod) werden ließen.

Zu den Malern, die oft und gern Nidden besuchten, gehörte auch der am 25. August 1892 in Memel geborene Karl Eulenstein, von Freunden kurz "Euler" genannt. Nach seiner Ausbildung an der Königsberger Kunstakademie hatte sich Eulenstein 1926 in Berlin als freischaffender Maler niedergelassen. Immer wieder aber zog es ihn in seine Heimat Ostdeutschland, wo er nachhaltige Eindrücke sammelte, die sich später in seinem Werk niederschlugen. Zum Glück, denn auch Eulenstein verlor einen großen Teil seiner Bilder im Krieg. – "Meine Versuche vor der Natur zu malen, sind mir mißlungen", so Eulenstein einmal, "ich wurde erbarmungslos erdrückt, besonders von der Nehrung. Erst in stillen Stunden, wenn die Überfülle der Natur die beschränkten malerischen Ausdrucksmittel nicht mehr zu unfruchtbaren Experimenten verführen konnte, entstand etwas anderes, Selbständiges, nach seiner eigenen Gesetzlichkeit ... Ja, ich glaube, die Natur gibt nur das Stichwort ..."

Eulenstein, der am 23. Juni 1981 in Berlin starb, zählt zu den bedeutenden Repräsentanten des Expressionismus in Ostdeutschland. Manch einer fühlt sich bei seinen Bildern gar an Emil Nolde erinnert. Der Berliner Kunsthistoriker Günter Krüger schrieb über den Maler aus Memel: "Das Geheimnis der Unterscheidung des ostdeutschen Expressionis-mus, wie ihn Eulenstein in vollendeter Weise vertritt, liegt letzten Endes allein in der Natur, in der er lebte, in dem Erleben des Elementaren, aus dem er herauswuchs und das sein Wesen so stark prägte, daß er selbst fern der Heimat nur noch deren Bild in seinem Herzen trug und auf die Leinwand und Pappe bannte ..."

Aus einer ganz anderen Landschaft Ostdeutschlands kam ein Maler, der sich selbst zu den nüchternen Realisten zählte: Robert Hoffmann-Salpia, geboren vor 110 Jahren (26. August 1887) auf Gut Salpia, Kreis Sensburg. Auch er ein Schüler von Richard Pfeiffer und Arthur Degner in Königsberg, läßt er sich dennoch nicht in eine Schule oder Stilrichtung einordnen. Ein "bewußter Außenseiter" wollte er sein, die Herkunft aus dem Land im Osten nicht verleugnen. Kollegen wie Eduard Bischoff würdigten die Vitalität seiner Bilder, die sich durch eine starke Farbigkeit und einen vehementen Pinselstrich auszeichneten. Hoffmann-Salpia, der am 12. Juli 1983 in Ottobrunn bei München starb, sah seine Bilder als Ausdruck zeitgemäßer Romantik: "Sie bringen die Poesie des scheinbar Unscheinbaren ..." – Ostdeutschland war auch ein Land der Maler, das Künstler hervorbrachte, die waren wie die Landschaft – ernst, herb und vital.

 
     
     
 
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