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Er habe sich selbst gern als "Eckensteher" bezeichnet, sagte sein Freund und Verleger Fritz Deppert einmal über Wolfgang Weyrauch, "aber er war keiner, der nur beobachtend, notierend und mitteilend in der Ecke stehen geblieben wäre - es war für ihn ein Prinzip, sich aus der
Ecke zu lösen und sich einzumischen". Das Licht der Welt erblickte Weyrauch am 15. Oktober vor 100 Jahren in Königsberg, "zufällig", wie er sagte, denn sein Vater war als Landvermesser tätig. In Frankfurt/M. wuchs er auf und besuchte nach dem Abitur 1924 dort die Schauspielschule. Engagement s führten ihn zunächst an verschiedene deutsche Bühnen. Dann jedoch studierte er in Frankfurt/M. und in Berlin von 1927-1929 Germanistik, Geschichte und Romanistik. Bereits während des Studiums war Weyrauch schriftstellerisch tätig; von 1929-1933 arbeitete er als freier Mitarbeiter für die Frankfurter Zeitung. In diese Zeit fallen auch erste Sendungen für den Südwestdeutschen Rundfunk. Erste Hörspielproduktionen sind ab 1931 zu verzeichnen.
Als freier Mitarbeiter arbeitete Weyrauch für das Berliner Tageblatt (1932-1938) und für die Vossische Zeitung (1933-1934). 1933 zog er nach Berlin, wo er eine Anstellung als Redakteur am Berliner Tageblatt und im "Deutschen Verlag" (Roman-Abteilung) fand. Erste Buchveröffentlichungen (Erzählungen und Romane) folgten ab 1934, auch wurden seine Texte in verschiedenen Tages- und Wochenzeitungen veröffentlicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Weyrauch zunächst als literarischer Redakteur an der satirischen Zeitschrift Ulenspiegel in Berlin.
Seit 1950 lebte der Schriftsteller in Worpswede, zog aber 1952 nach Hamburg, wo er als Lektor im Rowohlt Verlag wirkte und sich dort vor allem der Förderung des Nachwuchses widmete. 1959 zog Weyrauch nach Gauting bei München, 1967 dann nach Darmstadt. Dort rief er 1968 den Leonce-und-Lena-Preis für neue Lyrik ins Leben. Neben seinem eigenen schriftstellerischen Schaffen fand er immer noch die Zeit, sich für die Belange der deutschen Literatur einzusetzen. So war er Mitglied der Jury für den "Alfred-Kerr-Preis" des Börsenblatts für den Deutschen Buchhandel, Mitglied des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland (1957), der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt (1967; Vizepräsident 1972-1975; bis 1978 Präsidiumsmitglied), Vorstandsmitglied im Verband deutscher Schriftsteller (VS).
Für seine schriftstellerischen Arbeiten wurde Weyrauch mehrfach ausgezeichnet, so bereits 1929 mit einer ehrenden Erwähnung im Kleistpreis für seine erste Erzählung "Die Ehe", 1962 mit dem Hörspielpreis der Kriegsblinden, 1973 mit dem Andreas-Gryphius-Preis der Künstlergilde, 1979 mit der Ehrengabe des Kulturkreises im Bundesverband der deutschen Industrie, um nur einige Ehrungen zu nennen. Weyrauch veröffentlichte an die 50 Bücher einschließlich der von ihm zusammengestellten Anthologien sowie etwa 20 Hörspiele, unmöglich an dieser Stelle alle Titel aufzuzählen.
"Wozu", schrieb er einmal, "wären die Schriftsteller sonst da, als die Summe des Bösen zu verhindern und die Summe des Guten zu vermehren? Und wenn es auch nur um ein Quentchen wäre?" Karl Krolow nannte seinen Kollegen Wolfgang Weyrauch einen "unablässigen und unerschrockenen Frager". "Die Entmenschlichung des Menschen durch den Menschen war ihm keine literarische Phrase. Er lebte mit dem Zweifel an der Verwirklichung dessen, was er sich erhoffte. Er war unterwegs und wußte: ,Es kommt auf den Menschen an . Er hatte gesehen, wie Menschen sich liebten und sich töteten. Er wollte fassungslos bleiben." - Wolfgang Weyrauch starb am 7. November 1980 in Darmstadt.
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