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Für die Ewigkeit bewahren

 
     
 
Ferdinand von Quast, der Begründer der modernen Denkmalpflege, galt als strenger Konservator. Änderungen an zu restaurierenden historischen Gebäuden lehnte er strikt ab, wenngleich er sich etwaigen königlichen Vorgaben zu Umbauten beugen mußte.

Er hatte allerdings keine Möglichkeit, gegen die Auswechslung der auffällig
en und sechs Tonnen schweren Atlas-Figur aus Blei gegen ein Duplikat aus vergoldetem Kupfer zu protestieren, die das Kuppeldach des Alten Rathauses zu Potsdam abschloß. Als der Titan 1776 unter seinem Gewicht und jenem der von ihm getragenen Erdkugel zusammenbrach und vom Rathaus stürzte, war der erste Konservator Preußens und damit der Begründer der gewissenhaften Denkmalpflege noch gar nicht geboren. Doch nun blickt der goldene, wenn auch nicht ganz originalgetreue Titan hoch oben vom Kuppeldach des Alten Rathauses in die Ausstellungsräume, in denen der Historische Verein für Ermland e.V. das Lebenswerk und die Arbeitsphilosophie Ferdinand von Quasts unter dem Titel "Ermländische Ansichten - Ferdinand von Quast und die Anfänge der Denkmalpflege in Preußen und Ermland" präsentiert.

Der 1807 auf Gut Radensleben bei Neuruppin geborene Gutsbesitzersohn von Quast war finanziell gut abgesichert und konnte sich seine kunsthistorischen Studienjahre im Ausland und die daraus resultierenden Publikationen zur Architekturgeschichte leisten. Christofer Herrmann, Kunsthistoriker an der Universität Allenstein, ist Experte in Sachen Ordensarchitektur im Ermland und hebt den preußischen Konservator vor allem als "Kunsthistoriker und Bauforscher" hervor. "Selbst aus fahrenden Postkutschen heraus hatte er manche schnelle Skizze einer vorbeiziehenden Dorfkirche angefertigt", so Herrmann. Ferdinand von Quast habe so ein gewaltiges Privatarchiv von über 7000 Skizzen und Zeichnungen angelegt, das leider 1945 zu 80 Prozent verbrannt sei.

Als von Quast 1836/37 für den Generalintendanten der königlichen Museen, Graf von Brühl, eine erste Denkschrift "in bezug auf die Erhaltung der Altertümer in den Königlichen Landen" erarbeitete und darin eine staatlich organisierte Denkmalpflege forderte, blieb er noch ungehört.

Mit Friedrich Wilhelm IV. bestieg allerdings ein kunstinteressierter Monarch den preußischen Thron. Von Quast erhielt Ende 1842 die Gelegenheit, dem Minister für geistliche Angelegenheiten (heute Kultusminister), Eichhorn, die Denkschrift zu überreichen. Im Folgejahr berief ihn Friedrich Wilhelm IV. zum ersten verbeamteten Denkmalpfleger in Preußen. Damit brach die von Quast so ersehnte Zeit der staatlichen Denkmalpflege an.

Als eine erste konservatorische Hauptaufgabe sah von Quast die Inventarisierung der Altertümer an. Zur Bewältigung dieser Aufgabe entwarf von Quast einen 99 Positionen umfassenden Fragebogen, der in ganz Preußen bis in die letzte Ortschaft versandt werden sollte, um Preußens Denkmäler zu erfassen. Der Konservator erhoffte sich, daß Laien auf diesem Gebiet, zumeist Pfarrer und Lehrer, die Fragen zu Ortsgeschichte, Ortsgrundriß, Aussehen der Kirchen (samt Ausstattung), Befestigungsanlagen, Burgen, Schlösser und Herrensitze, Klöstern und Hospitälern sowie öffentliche und privaten Profanbauten erfassen. Eine Illusion, wie sich schnell herausstellte. Der Fragebogen war für Laien zu anspruchsvoll. Zudem lehnte Minister Eichhorn das Vorgehen aus Kostengründen ab. Doch auch zwei genehmigte Versuchsprojekte in den Regierungsbezirken Münster und Königsberg mittels eines nur noch 64 Positionen umfassenden Fragenkataloges scheiterte. Ein erstes Kunstdenkmälerinventar erschien erst 1870 für den Regierungsbezirk Kassel. Obwohl von Quast hier gescheitert war, hatte er doch mit Weitsicht die Meßlatte für künftige Projekte gut angesetzt.

Erstmals denkmalpflegerisch tätig wurde von Quast 1842 bei der Wiederherstellung der Berliner Franziskanerkirche. Ihm zuwider mußte Quast an der vom König genehmigten Errichtung neuer Bauelemente an dem Objekt mitwirken. "Keine Zerstörung ist im Stande, den ursprünglichen Charakter eines Denkmals so zu ändern, wie manche Restauration", kommentierte von Quast derartige Überrestaurierungen.

1844 studierte er die laufenden Restaurierungsarbeiten an der Marienburg, nicht ohne auch hier den Einbau neuer Stilelemente zu kritisieren. Um der Entwicklung entgegenzuwirken, setzte von Quast auf Inventarisierung und - modern gesprochen - auf Öffentlichkeitsarbeit. Er beabsichtigte, die "wenig verbreitete Anhänglichkeit des Volkes an seine Altertümer" durch romantisch verklärende Farb-Lithographien der Denkmäler zu überwinden.

In der Potsdamer Ausstellung werden 24 Lithographien und die dazugehörenden Vorstudien und Entwürfe Ferdinand von Quasts zu seiner Schriftenreihe "Denkmale der Baukunst in Preußen" gezeigt. Das Ermland war in dieser Reihe Pilotregion und ist nun Gegenstand der von Prof. Christofer Herrmann in Kooperation mit Andrzej Rzempoluch vom Museum Ermland und Masuren konzipierten Präsentation "Ermländische Ansichten".

Die Bände der Schriftenreihe wurden zwischen 1852 und 1864 aufgelegt und veröffentlicht. Aufgrund der langfristigen Erarbeitung der Studien zum Ermland erklärt sich auch, weshalb über das Ermland hinaus keine weiteren preußischen Regionen in der Schriftenreihe erschienen sind. Andererseits war von Quast als Konservator weitestgehend auf sich selber angewiesen und verfügte nicht über ausreichend Personal und Finanzmittel, um auch andere preußische Provinzen in gleicher Weise zu betreuen.

Die gelungene Ausstellung, die neben weiteren Institutionen auch die Stiftung Ostdeutschland mit einem nicht unerheblichen Betrag mitfinanziert hat, zeigt romantische Beschaulichkeit und wissenschaftliche Sachlichkeit. Ein erfreuliches Exponat ist eine originale Kupferplatte zu einer Quastschen Lithographie. Dem Betrachter erschließen sich das Leben des Konservators und durch die Studien eindrucksvolle Details zu den Kirchen und Burgen des Ordens zwischen Frauenburg, Heilsberg, Rößel und Allenstein.

Der Buchhandel bietet einen gleichermaßen gelungenen Katalog zur Ausstellung an, der alle Skizzen und Lithographien sowie wertvolle Hintergrundinformationen zu Ferdinand von Quast und seiner Ermland-Dokumentation wiedergibt. Ausstellung und Katalog sind im auslaufenden Deutsch-Polnischen Jahr konsequent in deutscher und polnischer Sprache gehalten.

"Ermländische Ansichten - Ferdinand von Quast und die Anfänge der Denkmalpflege in Preußen und Ermland", bis 2. Juli 2006, Altes Rathaus, Am Alten Markt 9, Potsdam, Öffnungszeiten: Di. bis So. 10 bis 18 Uhr, Allenstein, 6. September bis 31. Oktober 2006, in Allensteiner Ordensburg, Katalog, 208 Seiten, brosch. (DIN A4), 29,95 Euro 5506

Sammlung von Ferdinand von Quast: Der erste preußische Denkmalpfleger ließ Bilder von schützenswerten Objekten anfertigen; hier die Kirche von Kiwitten und der Frauenburger Dom. Foto: Ausstellungskatalog

Ferdinand von Quast
 
     
     
 
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