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Gedanken für Intellektuelle

 
     
 
Kofi Annan hat die Lösung: Eine Uno-Truppe soll in den Libanon entsandt werden, die den Flügel des Weltfriedens über die Kriegsregion breitet, und alles wird vielleicht nicht gleich gut, aber doch viel besser. Von der Uno in der ganzen Welt zusammengemietete Soldaten standen auch schon 1982 im Südlibanon, als die Israelis in das Land einmarschierten, um Arafat und seine Leute aus Beirut rauszuschmeißen. Die Blauhelme winkten den israelischen Truppen damals freundlich zu, als die die „Uno-Sicherheitszone“ durchstießen. Der Vormarsch nach Beirut ging rasend schnell. Vielleicht haben ja ein paar ortskundige Blauhelme den Israelis den kürzesten Weg erklärt, um wenigstens irgendwas zu tun zu haben.

Im Wege waren sie jedenfalls niemandem und haben auch keinen spürbaren Schaden angerichtet. Deshalb spricht nichts dagegen, wieder welche hinzuschicken. Immerhin würde uns, der mißtrauischen Menschheit, einmal mehr die Unverzichtbarkeit der Weltorganisation vor Augen geführt. Zudem: Viele Länder, die trotz Entwicklungshilfe
schon Schwierigkeiten haben, die Gehälter ihrer Regierenden und die Ansprüche von deren Freunden und Verwandten zu begleichen, beschaffen sich per Soldatenvermietung an die Uno das nötige Geld, um ihrem Präsidenten zum 42. Geburtstag den 42. Mercedes-Benz zu schenken.

Angela Merkel ist schon über 42, will keinen neuen Wagen und bekäme auch gar keinen: Deutschland zählt zu den Zahlerländern, welche die Leasinggebühren zu berappen haben. Das war aber nicht der einzige Grund, warum die Kanzlerin verschreckt auf Tauchstation ging, als Kofi Annan Ausschau hielt nach möglichen Lieferländern für frische Blauhelme.

Die Kanzlerin weiß genau, wie es rumort unterm deutschen Stahlhelm. Der Name ihres Wehrministers Franz Josef Jung hätte alle Chancen, zum „Unwort des Jahres 2006“ gekürt zu werden, wenn man diesmal ausnahmsweise nur die Soldaten abstimmen ließe. Besonders stinkt’s im Kongo, und zwar im Sinne des Wortes: Es gibt viel zu wenig mobile Toiletten, die obendrein nur alle zwei Tage geleert werden. Folge ist, daß den Uniformierten das dort Hinterlegte buchstäblich über die Stiefel läuft. Unter tropischer Sonne, bei schwülheißen 40 Grad verbreitet sich ein atemberaubendes Aroma, das die benachbarten Kongolesen hoffentlich nicht für den Duft der Demokratie halten, sonst wär’s geschehen um die „Vorbildfunktion“.

Obendrein haben die Franzosen, die unser Kontigent bislang beköstigten, über Nacht die Ausgabe von warmem Essen eingestellt, was weiter auf die Stimmung drückt. Allerdings scheint es sich hier weniger um Schikane oder Schlamperei zu handeln als um eine dringende Sicherheitsmaßnahme. Die Soldaten Hartkekse müffeln zu lassen statt sie mit französischen Menüs zu mästen, vermindert die Explosionsgefahr im Latrinenbereich, die beträchtlich sein dürfte.

In Afghanistan sollen die Bundeswehrangehörigen nun in gepanzerten „Dingos“ durchs Land brettern und sich ansonsten in ihrer Garnison verschanzen. Die hätten lieber bessere Waffen und behaupten, daß beim politisch erwünschten „Dialog mit der Bevölkerung“ keine echte Nähe entstehe, wenn er durch Panzerwände hindurch und über Sandsackstellungen hinweg geführt werden müsse.

Am Horizont dämmert mittlerweile allen eine finstere Aussicht: Es könnte übel in die Hose gehen, Opfer sind nicht auszuschließen, und der politische Erfolg ist mehr als ungewiß. Bei „Opfern“ meinen wir natürlich die wirklichen tragischen, also beispielsweise den Sturz eines Ministers.

Ist der Kongo das wert? Niemals! Um solche Risiken auszuschließen, sollten wir uns für künftige Auslandseinsätze etwas einfallen lassen. Für den Kongoeinsatz sind ja bereits Lehren gezogen worden: Die Truppen bleiben in der Kaserne, die Kongolesen sollen von ihnen so wenig wie möglich mitbekommen, am besten gar nichts. Doch wenn das so ist, stellt sich die Frage, warum man den Kongoeinsatz und andere Expeditionen dieser Art nicht gleich in Deutschland durchführt? Wenn die Einheimischen nicht merken, daß wir da sind, werden ihnen auch nichts auffallen, wenn wir nicht mehr da sind!

Gut, deutsche Zuschauer könnten mißtrauisch werden, wenn sie beim TV-Interview mit dem deutschen Kommandanten live aus dem afrikanischen Busch den Eindruck gewinnen, daß die Gegend im Hintergrund irgendwie nach Lüneburger Heide aussieht. Wenn die Simulation jedoch professionell ist, kann gar nichts schiefgehen. Schließlich glauben Millionen Deutsche auch, daß ein Ort names „Trinwillershagen“ tatsächlich existiert und daß es sich bei dem ulkigen Zottel, der Bush vom Flugzeug zum Hubschrauber begleitete, um einen echten Ministerpräsidenten gehandelt hat!

Daß „Trinwillershagen“ eine Attrappe war, haben allein die Amis herausbekommen. Als ein US-Fernsehteam überraschend einen Tag vor dem hohen Besuch am Drehort eintraf, konnte es den „Bürgermeister“ des Kulissendorfs ausquetschen, der laut „Spiegel“ treuherzig ausplauderte, daß die Schafe für den Hintergrund des Grillfests „vom Bundespresseamt bestellt“ worden seien, ebenso wie die Pferde, an deren Koppel zu dem Zeitpunkt noch eifrig gezimmert wurde.

Und wo in Deutschland simulieren wir künftige „Auslandseinsätze“? Die afghanische Ebene ließe sich vorzüglich im vertrockneten Brandenburg nachbauen. Den Kongo befrieden wir im „Tropical Island“, dem palmenbestückten Spaßbad südlich von Berlin, wo einst moderne Riesenzeppeline gebaut werden sollten.

Aber gäbe es nicht Probleme mit den schwarzhäutigen Statisten, welche die Kongolesen mimen? Der Chefredakteur des SPD-Blatts „Vorwärts“, Heye, hatte in seiner Eigenschaft als Schirmherr der Stiftung „Gesicht zeigen“ die Region ja zur No-go-area für Dunkelhäutige erklärt. Na ja, zur WM haben sich allerlei Südländer dort umgetan und festgestellt, daß nicht mal das Wetter ausländerfeindlich ist – heiß wie am Mittelmeer. Daraufhin mußte No-go-Heye gehen und fand einen würdigen Nachfolger: Ab sofort wird uns Ex-Kanzler Schröder die ungefärbte Wahrheit über den Rassismus in Deutschland präsentieren. Das wird netter als mit Heye, hat Schröder doch von seinem Freund und Geschäftspartner Putin nicht nur viel über Demokratie und Menschenrechte gelernt, sondern auch, daß man nicht immer alles so genau nehmen soll.

Das trifft den Nerv der Deutschen, die den Unterschied kennen zwischen Ordnung und Pedanterie, weshalb sie unter den Völkern der G8-Staaten das zweitglücklichste sind nach den Italienern, wie eine britische Studie ergab. Erst nach dem Deutschen folgen die Japaner, dann die Briten, die Kanadier, die Franzosen und hiernach die US-Amerikaner. Am unglücklichsten sind die Russen.

Allerdings sind nicht alle Deutschen glücklich. Es gibt neben den wirklich vom Pech Geschlagenen noch den Typus des notorischen Griesgrams, dessen einzige Freude darin besteht, den Fröhlichen die Stimmung zu versauen.

Davon haben wir einige und man macht sich kaum eine Vorstellung von dem Leid, das diesen Menschen während der WM widerfuhr. Noch immer sitzen sie stumm, ja wie betäubt da und verdauen ihr Trauma.

Nur Claudia Roth, die nie stumm ist, versucht die Erfahrung im Gehirn zu korrigieren und deutet den schwarz-rot-goldenen Schock zum herrlichen „Multi-Kulti-Fest“ um, das mit Patriotismus gar nichts zu tun habe. Pfeifen im Walde? Schlimmer: Roth erscheint wie jemand, der innerlich über dem brodelnden Abgrund balanciert und sich, um nicht verrückt zu werden, immerfort einredet: „Es ist nichts los, alles wie gehabt, mir geht es gut, lallalalllah, es wird nichts passieren und die Lava da unten ist auch gar nicht so heiß, wie immer behauptet wird … oder? Hmpf … oooh!“
 
     
     
 
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