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Als hätten wir s geahnt: Kaum ist unsere stolze Marine kurz aus dem Hause, um sich im nahöstlichen Schlamassel ein paar Flecken abzuholen, da fallen die polnischen Nachbarn über unsere Butterschiffe her. Glücklicherweise konnte der Überfall abgewehrt werden. Der deutsche Kapitän hatte nämlich schon Erfahrungen gemacht mit der polnischen Küstenpiraterie und wußte, worauf sie es abgesehen hatten. Zweimal schon nahmen ihm Strandräuber, die sich an Bord geschmuggelt hatten, Schnaps und Zigaretten ab, das letzte Mal erst Anfang Oktober.
Diesmal waren es drei Herren, die sich an Bord bedeckt hielten, bis die "Adler Dania" gefährliche Gewässer erreicht hatte, um dann in einer unverständlichen Sprache zu behaupten, sie seien der polnische Zoll. Als der geistesgegenwärtige Schiffsführer daraufhin die Flucht in bundesdeutsches Hoheitsgebiet antrat, wurde er beschossen.
Berlin war bemüht, den Übergriff kleinzureden. Die Beziehungen zu Warschau seien nach wie vor ausgezeichnet. Das ist gelogen (fragen Sie Kaczynski), als diplomatische Floskel derzeit aber sehr vernünftig, wo unsere Marine ja gerade woanders gebunden ist.
Außerdem: In welcher Zeit leben wir denn? Haben wir aus der Geschichte nichts gelernt? "Butter statt Kanonen" war einst die Parole der Pazifisten, also: "Butterschiffe statt Kanonenboote". Dennoch: irgendetwas muß getan werden, aber was? Kriege führen wir keine mehr. Weil wir den Krieg ablehnen, nennen wir ihn heute "Friedensmission". Geschossen wird dabei natürlich wie eh und je, nur netter, immer zum humanitären Nutzen der Bombardierten. Dieser Logik entsprechend sollten wir, statt Kriegsschiffe zu schicken zum Schutz unserer Küstenfähren, vielleicht die Butterschiffe mit Geschütztürmen versehen.
Auch nicht so gut: Das würde die Reisenden irritieren und kostet überdies Verkaufsfläche, was wir uns in Zeiten der Globalisierung nicht mehr leisten können. Eine Uno-Friedenstruppe für die Krisenregion Pommersche Bucht, "Unfopom", wäre eine andere zeitgemäße Alternative - allerdings auch nur theoretisch, denn praktische Erfahrungen mit manchen Uno-Korps lassen befürchten, daß es mit der Räuberei dann erst richtig losginge.
Ja, ja, man hört sie förmlich stöhnen, die übrige Welt: Was für ein Gewese, typisch "altes Europa": Da ist ein Problem, doch statt es zu lösen, werden endlos Bedenken durch den Raum getragen, und am Ende kommt nichts heraus. Polen ist "neues Europa", die sind da viel sportlicher. Am Büro eines polnischen EU-Parlamentariers in Brüssel hängen bereits beschwörende Bilder von einem richtig kernigen Waffengang, der vor 67 Jahren eine Bucht weiter eskaliert war. Deutsche Bomber sind da zu sehen und zerstörte Städte samt minderjähriger "Kollateralgeschädigter", wie man das heute zu nennen pflegt. Damit will der Abgeordnete seine Kollegen vermutlich dazu ermuntern, Deutschland einer friedensmissionarischen Behandlung zu unterziehen, weil die Teutonen nicht einmal mehr Schnaps oder Zigaretten rausrücken und unterschichtsbedingt nur noch in schäbigen Gebrauchtwagen über die Grenze kommen, für die man selbst in Moldawien keine Verwendung mehr hat.
Für Polens potentielle Verbündete im Westen sind das indes keine ausreichenden Kriegs-, Verzeihung, Friedenserhaltungsgründe. Die besitzen selber Autos, trinken lieber Wein und haben das Rauchen fast überall verboten.
Da ist unsere europäische Solidarität als Deutsche gefragt, wobei die Aufforderung an alle Schichten der Bevölkerung geht, Gründe zu finden, warum Deutschland eine Bedrohung für alle ist. Der Modefabrikant "Esprit" preschte bereits vor und zieh sich selbst der Verbreitung braunen Ungeists - in einem aufopferungsvollen Akt der Selbstkritik, der sogar Stalin beeindruckt hätte. "Esprit" ließ 200000 Kataloge einstampfen, weil da ein Mantel mit Hakenkreuzknöpfchen abgedruckt war.
Wie bitte? Das Parteiabzeichen der NSDAP als Mantelknopf? Nein, nicht ganz. Die Köpfe kennt jeder seit Jahrzehnten. Es handelt sich um diese kugeligen Lederknöpfe, deren Nähte ein Kreuzchen bilden. Harmlos, heuchelten wir uns und den anderen lange Zeit vor. Doch nun kam es heraus: Wenn Sie sich vor dem Mantelträger auf den Rücken legen, das rechte Auge zukneifen und ein Lichtstrahl mittlerer Stärke von schräg links unten in einem Winkel von etwa 42,5 Grad gegen den Knopf fällt, erscheint ein Symbol, das Sie als aufmerksamen Betrachter eingedenk unserer dunklen Vergangenheit an ein Hakenkreuz erinnern könnte.
"Das hat uns getroffen wie ein Schock und ist sehr ärgerlich", sagte der Vorstandsvorsitzende der "Esprit"-Gruppe zur "dpa", und versprach untertänigst: "Wir werden künftig noch stärker den Aspekt der Polical Correctness prüfen." Nachdem er sich den Schweiß von der Stirn gewischt hatte, versuchte er aber dennoch, sich aus der braunen Affäre zu mogeln: Der Katalog sei in London unter englischer künstlerischer Leitung entstanden (aha!). Mitarbeiter aus mehreren Ländern hätten ihn überprüft und nichts Anstößiges gefunden. Tja - wir schon!
Einmal wachgerüttelt überprüften in den Tagen nach dem Skandal Millionen Deutsche ihre Umgebung nach verdächtigen Mustern - und wurden fündig, wieder an einer vordergründig unverdächtigen Stelle: auf der DVD des Loriot-Kinoerfolgs "Pappa ante portas".
Dort sitzt der Komiker von einem monströsen Sessel verschluckt in der Mitte und blickt beklemmt zur Seite. Es ist die Szene, als Herr Lohse (Loriot) rausgeworfen wird, weil er ersparnishalber Papier und Radiergummis für die kommenden 80 Jahre auf einmal geordert hatte. Der Betrachter amüsiert sich über die lächerliche Haltung des Hauptdarstellers und merkt nicht, daß neben diesem das Grauen wohnt. Der Sessel steht auf einem Teppich, dessen Mäandermuster linkerhand eindeutig ein Hakenkreuz bildet. Wir fordern, daß Loriot-Filme an Jugendliche unter 18 Jahren, pommersche Prekarier (NPD-anfällig!) und sämtliche Angestellten von Teppichfabriken nicht mehr ausgeliehen werden dürfen. Für alle anderen ist dem Streifen ein Aufklärungsbeitrag vorzuschalten, der nicht überspult werden kann, etwa: "Guido Knopp: Hitlers Teppiche" oder "Vicco von Bülow: Ich saß dabei!"
A propos "Prekarier", die sie einst Unterschicht nannten: Christa Müller, der Ehefrau des Linkspartei-Fraktionschefs Oskar Lafontaine, hängt das ganze Sozialgeseiere zum Hals raus. Frau Müller, die dem Landesvorstand der Saar-Linken angehört, will das Problem an der Wurzel packen. Es gelte, durch staatliche Familienberatung die "Reproduktion des asozialen Milieus" zu begrenzen. Eine bayerische Fürstin hätte es charmanter ausgedrückt: "Die Proleten schnackseln halt zuviel", oder so ähnlich. Mit anderen Worten: Mittellosen Frauen, die bereits fünf Kinder von vier Vätern in die Welt gesetzt haben, sollte staatlicherseits abgeraten werden, mit dem fünften Kerl das sechste zu "produzieren". Weil Untersuchungen erwiesen haben, daß ihre Kinder - rein statistisch gesehen - die Lehre häufiger schmeißen werden als Abkömmlinge aus weniger pluralistischen Familienverhältnissen.
Frau Müllers Einlassungen haben auf Seiten der Linken für eine gewisse Erregung gesorgt, die die Politikerin nicht versteht: "Wir neigen in Deutschland dazu, nur das zu sagen, was politisch korrekt ist." Deshalb legte Christa Müller gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" gleich noch einmal nach: "Mit Reproduktion sei das Fortbestehen der asozialen Milieus im Fall fehlender Eingriffe gemeint", konkretisiert das Blatt ihre Ausführungen.
Oha! Wer im Zusammenhang von Fortpflanzung "Eingriffe" fordert, der weiß, wovon er spricht. Prekariermänner, seit auf der Hut! Nun blüht euch die blutige Rache fürs NPD-Wählen! |
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