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Das heutige Rußland ist in mancherlei Hinsicht zu einer internationalen Gefahrenquell geworden. Der zweite Tschetschenienkrieg zeigt das ganze Ausmaß an Irrationalität Zynismus und wiedererstarkendem Großmachtstreben der Kreml-Mächtigen.
Wie auch immer man die aktuelle Lage im Nordkaukasus beurteilt, auf Dauer kann Rußlan den Kampf gegen die unbeugsamen Tschetschenen nicht gewinnen. Dazu fehlt es an Geld, a militärischer Stärke und vor allem an Motivation.
Über letzteres kann auch der vor den Parlamentswahlen vom 19. Dezember über Monat mit Erfolg geschürte Haß gegen die angeblichen "Banditen" nich hinwegtäuschen. Er beruht auf der verletzten Psyche einer Ex-Supermacht und wir schwächer werden, wenn sich die Gefechte länger hinziehen und die eigenen Verluste imme größere Ausmaße annehmen.
Rußland aber könnte infolge des teuren Kaukasuskrieges noch mehr destabilisier werden, als es schon jetzt der Fall ist. Dieser Aspekt sollte gerade von wohlmeinende Kommentatoren berücksichtigt werden, wenn in diesen Wochen über die angeblichen ode tatsächlichen Notwendigkeiten einer westlichen Zurückhaltung in der Tschetschenien-Frag diskutiert wird.
US-amerikanische und europäische Politiker und Militärexperten erinnern mit gute Gründen daran, daß man es bei den Russen mit der nach wie vor zweitstärksten Atommach zu tun hat. Weitere Demütigung en wie die im Kosovo könnten sich als unverantwortliche Spiel mit dem Feuer erweisen.
Schließlich ist der zu Beginn der 90er Jahre euphorisch vorangetriebene nuklear Abrüstungsprozeß längst ins Stocken geraten. Die Umsetzung der START II-Vereinbarunge (START = "Strategic Arms Reduction Talks") scheiterte bisher an der Ablehnun durch die russische Duma, und der US-Senat blockierte im Oktober dieses Jahres seinerseit die Ratifizierung eines vollständigen Atomteststoppvertrags.
Nach dem Untergang des Sowjetimperiums fanden Rußland und die USA in dem gemeinsame Bestreben zusammen, die gefährlichen Potentiale der anderen nuklearen Nachfolgestaate der UdSSR also der Ukraine, Weißrußlands und Kasachstans zu entschärfen Doch seitdem hat sich die Situation grundlegend geändert: Die Amerikaner bombardierte den Irak und Jugoslawien, und die Russen lieferten modernste Raketensysteme an den Ira und Nordkorea. In der russischen Öffentlichkeit werden immer mehr Rufe laut, die eigene Atomtests wieder aufzunehmen.
Doch trotz all dieser Zuspitzungen kann man die von dem Kolonialkrieg in Tschetschenie ausgehenden Gefahren auch von einer anderen Seite her beleuchten. Nämlich, indem man die Folgen einer Überspannung der Kräfte des müde gewordenen "russischen Bären" untersucht. Ein jahrelanger Guerillakrieg im Kaukasus, ähnlich dem in Afghanistan, würd zweifellos die Zersetzung der staatlichen Strukturen durch die Korruption und da organisierte Verbrechen weiter beschleunigen.
Damit würde sich zugleich eine andere atomare Gefahr verschärfen, die man nicht au der großen Bühne der Weltpolitik verfolgen kann, sondern die Europa und Amerika übe die schmutzigen Pfade der Schmuggler bedroht: der illegale Handel mit Uran aus de Russischen Föderation. Da entsprechende Vorfälle nur selten bekannt werden, ist da wirkliche Ausmaß schwer abzuschätzen. Im September 1999 nahmen georgische Zöllne beispielsweise vier Personen fest, die in Sarpi, dem Grenzort zur Türkei, versuch hatten, ein Kilogramm einer radioaktiven Substanz (wahrscheinlich Uran 235) außer Lande zu bringen.
Etwa zur gleichen Zeit ergriff die Polizei im westukrainischen Uschgorod einen Mann der zwei Behälter mit insgesamt 300 Gramm Strontium mit sich führte.
Einige ältere Fälle nennt Christoph Bluth in seinem Aufsatz "Rußland und die Weiterverbreitung von Kernwaffen" (in: "Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilag zur Wochenzeitung Das Parlament", 10.12.99). Demnach wurden Mitte 199 etwa 3,7 Pfund hoch angereichertes Uran von einem Angestellten der Wissenschaftliche Produktionsgesellschaft Luch in Podolsk gestohlen. Ein Jahr später entwendeten Diebe in Murmansk Reaktorbrennstoff aus Beständen der Marine.
Auch Deutschland ist nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) vom illegalen Geschäf mit radioaktivem Material direkt betroffen, und zwar stärker als alle anderen west- un mitteleuropäischen Staaten.
Spätestens seit dem "Plutonium-Skandal" ist dies auch einer größere Öffentlichkeit bewußt geworden. Am 10. Mai 1994 hatte die deutsche Polizei den Kaufman Adolf Jäckle verhaftet und kurze Zeit später in seiner Privatgarage einen einschlägige Bleibehälter entdeckt. Dieser enthielt 63 Gramm mit Antimon und Quecksilber versetzte Plutonium, davon acht Gramm zu einem Reinheitsgrad von 99 Prozent angereichert, als annähernd atomwaffenfähig.
Fachleute gehen davon aus, daß das brisante Material aus dem russische Kernforschungszentrum Ar-zamas-16 stammte.
Nur drei Monate später griff die Polizei in München drei Männer auf, die aus Moska eingeflogen waren und 300 Gramm kernwaffenfähiges Plutonium 239 bei sich führten. Zuvo war getarnten Ermittlern auf deren Nachfrage angeboten worden, ganze 4,5 Kil waffenfähiges Plutonium zum Preis von 250 Millionen US-Dollar zu besorgen.
Bis zu diesem in seiner Dimension neuartigen Vorfall hatte das BKA bereits 23 Fäll von Atomschmuggel aufgedeckt. Dabei wurden etwa 50 Kilogramm Uran aus de ostmitteleuropäischen Staaten und dem GUS-Bereich sichergestellt.
Mußte früher ein Land, das sich waffenfähiges Plutonium besorgen wollte, ei wissenschaftlich schwieriges, zudem teures und vor allem langwieriges Atomprogram starten, um das Plutonium selbst herzustellen, so gibt es heute einfachere Möglichkeiten Die weite Verbreitung der Kernkraft hat eine rapide Zunahme radioaktiver Abfälle zu Folge, die in das Visier der Atomschmuggler geraten. Ähnliches gilt für die abgebaute Atomwaffenpotentiale im Bereich der früheren Sowjetunion.
Jacques Attali wies in seinem Werk "Strahlende Geschäfte" (Wissenschaftlich Buchgesellschaft, Darmstadt 1997) darauf hin, daß nach Angaben der Internationale Atomenergie-Behörde bereits acht Kilogramm reinen Plutoniums ausreichen, eine Atomsprengkörper zu bauen.
Der Plutonium-Schmuggel sei so verführerisch wie nie zuvor, bilanzierte der im Auftra des UNO-Generalsekretärs mit dem Problem beschäftigte Wissenschaftler.
Auch Bluths Analyse weckt wenig Optimusmus, wenn er in bezug auf Rußland feststellt "Sicherheitsbeamte des Militärs sind von vielen Forschungszentren un Waffenproduktionsstätten abgezogen worden, die nun für ihre Sicherheit selbst sorge müssen. Die meisten Anlagen mit Kernmaterial verfügen noch nicht einmal übe angemessene Zäune und Sicherheitsschlösser."
Der Nuklearschmuggel ist allerdings nicht nur deshalb hoch problematisch, weil e unberechenbaren Staaten zu Atomwaffen verhelfen könnte. Das Isotop Plutonium 239 is überdies extrem giftig. Theoretisch eröffnet sich hier ein weites Feld terroristische Anwendungsmöglichkeiten, etwa indem Trinkwasser verseucht oder radioaktives Material in Ballungszentren freigesetzt wird.
Daß es rund um den Erdball gelingen könnte, illegale Abzweigungen gänzlich zu verhindern, wird wohl ein schöner Traum bleiben |
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