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Glückskinder

 
     
 
Was ich im Laufe meiner Recherchen erfahren habe, hat mich teils gerührt, teils aufgewühlt, oft entsetzt, und dennoch wurde mir klar, daß ich mich, was die Befragung meiner Interviewpartner betraf, gewissermaßen auf der ,sunny side of the road befand, denn alle Zeitzeugen, mit denen ich gesprochen habe und die zweifelsohne unendlich viel Schweres durchgemacht haben, sind ,Glückskinder , da sie überlebt haben!" Elf dieser "Glückskinder" aus ihrer näheren Umgebung hat Christiane Schnurbein für ihr Buch ",Alles von Frischen - Flüchtlingsschicksale im Kreis Augsburg" befragt.

Schon im Vorwort der Autorin wir offenbar, daß ihr das Thema Flucht und Vertreibung
immer mehr zu einem Herzensanliegen geworden ist. Für sie ist vor allem die Behandlung dieser Menschen in der Gesellschaft unhaltbar. "Nach meiner festen Überzeugung handelt es sich bei der völkerwanderungsartigen Massenflucht quer durch Mittel- und Südosteuropa am Ende des letzten Weltkrieges um eine der größten Katastrophen des 20. Jahrhunderts. Und dennoch ist diese Katastrophe kaum in unser Bewußtsein eingedrungen, werden Flüchtlinge und insbesondere ihre Organisationen bis heute gerne als revanchistisch belächelt." Dabei hätten doch gerade diese Menschen ein Recht dazu, in der Öffentlichkeit gehört zu werden. Viele von ihnen seien traumatisiert und hätten zu allem Überfluß auch noch erleben müssen, daß die Gesellschaft kein Interesse an ihrem Schicksal habe.

Die von der engagierten Autorin befragten Personen stammen aus verschieden Vertreibungsgebieten, obwohl die Verfasserin schon am Anfang darauf hinweist, daß sie keineswegs den Ehrgeiz hatte, aus jedem Vertreibungsgebiet jemanden zu Wort kommen zu lassen, da ihr Buchprojekt aufgrund der Vielzahl der Regionen ausgeufert wäre. Trotzdem sind die wichtigsten Gebiete vertreten, so daß die Aussagen und Erlebnisse der Befragten einen gewissen Überblick verschaffen. Wobei keineswegs nur Flüchtlinge aus der direkten Nachkriegszeit vertreten sind. Auch ein später DDR-Flüchtling kommt zu Wort.

Zu Beginn der jeweiligen Kapitel stellt die Autorin ihren Interviewpartner stets kurz vor, erzählt, wie sie auf die Person gekommen ist, und häufig auch, was sie heute macht und wie sie auf sie wirkt. Danach läßt sie die Personen selbst zu Wort kommen. Besonders ergreifend ist hier die Geschichte von Josef Krumpholz, dessen Frau auf der Flucht aus Ostdeutschland eines der gemeinsamen Kinder verloren hat. Auch er mußte, als er aus dem Krieg kam, erst mühsam seine Frau und die Tochter Marianne ausfindig machen. Doch die 1941 geborene Inge war nicht auf immer verloren. Nach langer Suche fand die Familie 1948 die Kleine bei einer jungen Pflegefamilie in Stuttgart.

Christiane Schurbein gibt mit "Alles von Frischen" dem Thema Flucht und Vertreibung ein Gesicht. Fritz Hegelmann

Christiane Schurbein: ",Alles von Frischen - Flüchtlingsschicksale im Kreis Augsburg", Special Edition, Zusmarshausen 2005, geb., 352 Seiten, 24,80 Euro
 
     
     
 
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