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Heusingers Hoffnung auf einen vierten Anfang

 
     
 
Ein „vierter Anfang“ sollte nach den Worten des ersten Generalinspekteurs der Bundeswehr Adolf Heusinger mit der Bundeswehrführungsakademie gewagt werden. Diese Formulierung, die der damals höchste militärische Repräsentant und ranghöchste Soldat der Bundeswehr aus Anlaß des Beginns des ersten Generalstabsausbildungslehrganges wählte, setzt voraus, daß es vor dem 1. Januar 1957, dem Gründungsdatum der Akademie, bereits drei Anfänge gegeben hat, in deren Tradition die Bundeswehreinrichtung stehen sollte.

Der erste Anfang wird hierbei in der Zeit der preußischen Heeresreform nach der Niederlage gegen Napoleon
Bonaparte verortet, als mit dem Militär auch dessen Ausbildung einer grundlegenden Reform unterzogen wurde. Der 1809 Friedrich Wilhelm III. vorgelegte Plan für „die wissenschaftliche sowohl als polizeiliche und ökonomische Organisation der zu errichtenden militärischen Lehranstalten“ beruhte erklärtermaßen auf dem Grundsatz, daß „in Hinsicht … der Einrichtung des Unterrichts in einem solchen Institute … mehr die allgemeine Bildung des Kopfes, als eine bestimmte Masse von Kenntnissen, am wenigsten die große Menge derselben, das Augenmerk … sein müsse. Es ist keineswegs möglich, einen Zögling aus irgend einer Lehranstalt so zu entlassen, daß seiner Seele nunmehr alle diejenigen Begriffe und Tatsachen eingeprägt wären, welche er einst in seiner ganzen Laufbahn brauchen wird. Der junge Mann also, den man gewöhnt hat, in schwierigen Fällen sich selbst zu helfen und durch eigene, das ganze Leben hindurch fortzusetzende Anstrengungen seine Kenntnisse zu vermehren, ist bei weitem besser vorbereitet als ein anderer, der eine, wenn auch weit größere Anzahl von positiven Kenntnissen bloß in das Gedächtnis gefaßt hat.“ Im Geiste dieses Planes wurde 1810 und damit im selben Jahre wie die Universität eine „Höhere Kriegsschule für Offiziere“ in der Landeshauptstadt gegründet. Nach den Freiheitskriegen nahm diese, zur „Allgemeinen Kriegsschule“ erweitert, 1815 ihre Arbeit wieder auf.

Nach einer sowohl von Frieden als auch Restauration geprägten Generation kam Eduard von Peuker im Revolutionsjahr 1848 zu einem erschreckenden Urteil über das preußische Offizierscorps und dessen Bildung. Sechs Jahre später, 1854, wurde der scharfe Kritiker zum Inspekteur des Militär-, Erziehungs- und Bildungswesens berufen. Im Rahmen der Reorganisation des gesamten militärischen Bildungssystems wurde in seiner Amtszeit auch die Allgemeine Kriegsschule reformiert. Auf sein Betreiben heißt es in der Kabinettsordre des Prinzregenten Wilhelm vom 19. August 1858: „Auf den Mir gehaltenen Vortrag erkläre Ich Mich einverstanden, daß nach dem von dem General-Inspekteur des Militär-, Erziehungs- und Bildungs-Wesens General-Leutnant von Peucker … an Stelle der gegenwärtig bestehenden neun Divisions-Schulen, zum Zweck der Kriegswissenschaftlichen Ausbildung der Offizier-Aspiranten drei Kriegs-Schulen, jede für drei Armee-Korps, errichtet werden. … Sobald die Kriegs-Schulen errichtet sein werden, soll die jetzige Allgemeine Kriegs-Schule zur Unterscheidung von jenen die Bezeichnung ,Kriegs-Akademie‘ erhalten.“ In der Umbenennung der „Schule“ in „Akademie“ wird die von Peucker angestrebte Hebung des Niveaus und Akademisierung in der Ausbildung der höheren Offiziere signifikant.

Nach den Einigungskriegen, aus denen der Generalstabschef Helmuth Graf von Moltke als strahlender Sieger hervorging, wurde diesem die Kriegs-Akademie in wissenschaftlicher Hinsicht unterstellt. Unter ihm fand eine Schwerpunktverlagerung in der Ausbildung vom „Universalen“ zum „Fachlichen“ statt, die auch nach seiner Entbindung von der Leitung des Generalstabs beibehalten wurde. Der preußische Kriegsminister Albrecht Graf von Roon sprach in diesem Zusammenhang von der Einseitigkeit, die schneidig für den Zweck mache.

Ob sich diese eher fachliche Ausbildung im großen Ernstfall des Ersten Weltkrieges bewährt habe, war in der nachfolgenden Reichswehr umstritten und damit auch die Frage, inwieweit in diesem Punkte an die Traditionen aus der Kaiserzeit angeknüpft werden solle. Militärs, die derlei Fragen negativ beantworteten, wie der letzte preußische Kriegsminister Walther Reinhardt, standen Generäle wie Hans von Seeckt gegenüber, der sich als Chef der Heeresleitung im Grundsatz durchsetzte. Kurz vor seinem Tod im Jahre 1930 konnte Reinhardt sein Ideal einer umfassenden und akademischen Ausbildung wenigstens noch in einem beschränkten Rahmen mit den sogenannten Reinhardt-Kursen für die Generalstabsoffizierselite verwirklichen, die er ab 1927 leitete.

Diesen Traditionen der drei Reformer Scharnhorst, Peucker und Reinhardt sollte die erstmals für die Stabsoffiziersausbildung aller Teilstreitkräfte bestimmte Führungsakademie nach dem Willen des Generalinspekteurs und vormaligen Dozenten an den Reinhard-Kursen Adolf Heusinger verpflichtet sein.

 
     
     
 
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