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Die Bundesrepublik Deutschland hat jahrzehnteüber ihre Verhältnisse gelebt und sie tut es auch heute noch. Davon zeugen die Staatsschulden, die keineswegs nur notwendigen Investitionen galten oder gelten. Da wirkt es auf den ersten Blick wie ein Zeichen der Hoffnung, daß der neue Finanzminister Lafontaines Spendierhosen dem Müll überantwortet und seine Kabinettskollegen energisch zum Sparen anhält. 30 Milliarden und dazu einige Milliarden Neuverschuldung weniger. Klingt gut vor allem für die nachwachsende Generation, welche diesen Schuldenberg abtragen muß. Bei genauerem Hinsehen erweisen sich jedoch diese starken 30 Milliarden als schwache sieben. Die übrigen sind lediglich jene Gelder, die Hans Eichel nun nach Lafontaines leichtfertigem 99er Haushalt wieder einsammeln muß. Aber immerhin: Auch sieben Milliarden sind mehr als nichts. Fragt sich nur, wie sie sich zusammensetzen sollen. Der berühmte Rasenmäher als Kürzungsmaschine wurde abgelehnt nun aber wird er für alle Ressorts doch wieder aus dem Speicher geholt. Wenigstens gestattete Eichel den Ministerkollegen, in ihren Häusern nach eigenem Gusto umzuschichten und zu streichen. Das haben die Kabinettsneulinge Joseph Fischer und Michael Naumann denn auch mit sicherem Gespür für das Falsche getan nämlich brutal zu Lasten der auswärtigen Kulturpolitik.
Wenn es nach deren Vorstellungen geht,
wird die Deutsche Welle, die weltweit über Deutschland berichtet und für Deutschland wirbt, in vielen Ländern verstummen müssen;
wird der DAAD bei Streichung von 400 Stipendien als segensreiche Institution für den transatlantischen Austausch von Wissenschaftlern zur Bedeutungslosigkeit verkümmern;
werden deutsche Auslandsschulen, die nicht nur für Kinder deutscher Diplomaten und Unternehmensvertreter geöffnet sind, sondern auch für Einheimische aller Hautfarben, die dadurch zu Freunden Deutschlands gewonnen werden, ihre Tore schließen müssen;
wird das Goethe-Institut als große kulturelle Brücke zum Ausland ernsthaft vor der Wahl stehen, ob die begehrten Deutsch-Kurse eingestellt, die Bibliotheken geschlossen oder die Kulturprogramme der 135 Filialen in aller Welt eingestampft werden sollen.
Hilmar Hoffmann, der sozialdemokratische Präsident des Goethe-Instituts, hat schon deutlich zu verstehen gegeben, daß er "für solche Schließungsorgien nicht zur Verfügung stehe". Und er zitiert zielgenau auf Fischer den portugiesischen Staatspräsidenten, der den seinerzeit vom Fischer-Vorgänger Klaus Kinkel angeordneten Exitus des Instituts in Coimbra als "barbarischen Akt" bezeichnet hatte. In der Tat: Was sich in den Häusern Naumann und Fischer ankündigt, ist barbarisch und bodenlos dumm zugleich.
Die rotgrüne Regierung will sich daran messen lassen, wie sie die Arbeitslosigkeit bewältigt. Nun werden die von Naumann und Fischer geplanten Spar-Aktionen zwar nur wenige Arbeitsplätze gefährden kurzfristig vielleicht einige hundert. Langfristig jedoch setzen beide Herren mit ihrer Verabschiedung Deutschlands aus der auswärtigen Kulturpolitik Hunderttausende von Arbeitsplätzen aufs Spiel. Deutschland ist nämlich eine Exportnation und kann soziale Sicherheit und Wohlstand nur dann bewahren, wenn sie ihren Spitzenplatz im Welthandel behauptet. Der aber hängt nicht nur von hochwertigen Waren und wettbewerbsgerechten Preisen der Exportgüter ab, sondern sehr wohl auch von guten und freundschaftlichen Beziehungen zu möglichst vielen Ländern der Welt.
Zentrale Aufgabe der Kulturpolitik ist der Brückenbau zu gegenwärtigen und vor allem künftigen Führungskräften dieser Länder, die zu Tausenden und Abertausenden deutsche Auslandsschulen besuchen, in deutsche Bibliotheken gehen und vor allem die deutsche Sprache lernen. Ein Kahlschlag auf diesem Felde kann uns daher in einigen Jahren verdammt teuer zu stehen kommen.
Gerhard Schröder hat als Kanzlerkandidat versprochen, daß der Kampf ums Geld nicht zu Lasten der Kultur gehen dürfe. Und er sagte wörtlich: "Daran will ich auch erinnert werden." Das geschieht hiermit.
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