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Kein Programm für gepflegte Langeweile

 
     
 
Einen größeren Gegensatz kann man sich kaum vorstellen: Seit nunmehr 86 Jahren führt die erfolgreichste und dauerhafteste Publikation des Hauses, die Fachzeitschrift Der fortschrittliche Landwirt, den Zusatztitel Die Grüne, zugleich aber ist das gesamte Verlagsprogramm das exakte Gegenteil dessen, was die Grünen sich auf ihre Parteifahnen geschrieben haben. Die Rede ist vom Leopold Stocker Verlag in Graz, heute einem der letzten im besten Sinne wertkonservativen Verlage im deutschen Sprachraum.

Verlagsgründer Leopold Stocker, geboren 1886, entstammte einer niederösterreichischen Bauernfamilie. Gefördert von seinen Eltern und vom örtlichen Pfarrer, hatte er schon früh erkannt, daß der moderne Landwirt eine breite Basis an solider Allgemeinbildung sowie ein fundiertes Fachwissen benötigt. So studierte er nach dem Besuch eines humanistischen
Gymnasiums an den landwirtschaftlichen Hochschulen von Leipzig und Jena und erwarb den Titel eines Diplomlandwirts und Agrikulturchemikers.

Doch ließ er auch die Praxis nicht zu kurz kommen. So arbeitete er auf den Fürst Lobkowitzschen Gütern in Böhmen und bei den Thomas-Phosphatwerken in Berlin, um sich schließlich als wissenschaftlicher Berater in Graz niederzulassen. Noch während des Ersten Weltkriegs, im April 1917, gründete Leopold Stocker dort eine Verlagsbuchhandlung und konzipierte - unterstützt von dem Dichter Peter Rosegger - die Zeitschrift Der fortschrittliche Landwirt, die bis heute in Fachkreisen höchstes Ansehen genießt.

In den 20er Jahren engagierte Stocker sich auch politisch, gehörte der verfassungsgebenden Nationalversammlung, dem Nationalrat und dem Bundesrat an. Dann konzentrierte er sich aber voll auf den Aufbau seines Verlages. Neben weiteren landwirtschaftlichen Zeitschriften und Fachbüchern baute er auch ein belletristisches Repertoire auf.

In den politischen und wirtschaftlichen Wirren der ersten Nachkriegsjahre konnte Leopold Stocker in einem schwierigen Umfeld und trotz gezielter verleumderischer Verdächtigungen den endgültigen Zusammenbruch des Unternehmens verhindern. Als er Ende 1950 im Alter von nur 64 Jahren starb, kam sein Lebenswerk in die Hand seiner Tochter Ilse. Jahrzehntelang führte Prof. Dr. Ilse Dvorak-Stocker den Verlag, stabilisierte die Position als führende Adresse im Bereich landwirtschaftlicher Fachpublikationen (dies übrigens nicht nur in Österreich und im deutschen Sprachraum, sondern zunehmend auch auf europäischer Ebene), bis Mitte der 90er Jahre Mag. Wolfgang Dvorak-Stocker in dritter Generation die Geschicke des Familienunternehmes in seine Hand nahm. Auch er blieb den bewährten Traditionen treu, pflegte den soliden Bestand an Fachpublikationen, erschloß aber auch neue Felder der Literatur und Publizistik. So wissen Feinschmecker inzwischen die Veröffentlichungen zum Thema "Essen und Trinken" zu schätzen.

Aus dem wohlverstandenen Geist des Verlagsgründers und in der verlegerischen Tradition der Seniorchefin, die immerhin 45 Jahre lang an der Spitze des Hauses gestanden hatte, ist Mag. Wolfgang Dvorak-Stocker besonders daran gelegen, konstruktive Beiträge zur jüngeren Geschichte Zentraleuropas zu leisten. Aus seiner christlich-abendländischen Grundhaltung heraus läßt er sich nicht vor irgendwelche politisch korrekten Karren spannen, geht seinen eigenen Weg, den er selber so beschreibt: "Wenn das Spektrum der ,erlaubten , moralisch nicht als verächtlich geltenden Meinungen hinsichtlich Vergangenheit und Gegenwart immer enger wird, ist Gefahr für Demokratie und Freiheit im Verzug." Hier durch sachliche und fundierte Veröffentlichungen für ein Offenhalten des geistigen Klimas und damit zum Erhalt der Meinungs- und Informationsfreiheit beizutragen, sieht er als seine herausragende verlegerische Aufgabe.

Dies ist natürlich nicht immer der bequemste Weg. So sieht sich der Stocker-Verlag oft mit gehässigen Attacken aus dem sogenannten antifaschistischen Spektrum konfrontiert. In Deutschland hatten die Grazer vor allem zu Zeiten der EU-Sanktionen gegen Österreich wegen der Regierungsbeteiligung der Haider-FPÖ einiges einzustecken. Mag. Wolfgang Dvorak-Stocker aber blieb sich selbst und seinen Überzeugungen immer treu.

Eine im heutigen Verlagswesen leider immer seltener anzutreffende Eigenschaft des Grazer Verlegers ist besonders hervorzuheben: Er ist dafür bekannt, seine Autoren gut und mit Respekt vor deren literarischer Leistung zu behandeln. Wer bei Stocker ein Buch herausgeben läßt, kann sicher sein, dort nicht "über den Tisch gezogen" zu werden - dies ist, wie Autoren dieser Zeitung immer wieder bestätigen, heutzutage keineswegs selbstverständlich.

Gegen den Strom - diese Formulierung kennzeichnet nicht nur das Verlagsprogramm, sondern auch die Unternehmenspolitik. Denn in einer Zeit, da viele Verlage ihre Aktivitäten auf einem immer härter umkämpften Buchmarkt reduzieren, geht Stocker den umgekehrten Weg und expandiert. Zur Konzeption des neugegründeten ARES-Verlages erklärt Dvorak-Stocker: "Was den inhaltlichen Anspruch betrifft, haben wir die Latte hochgelegt. Die Themen sind in jedem Falle spannend und kontrovers. Ein Programm für gepflegte Langeweile wollen wir nicht machen - und auch nicht eines, in dem die immer gleichen Meinungen des medialen Mahlstroms wortreich wiedergekaut werden. Die Bücher des ARES-Verlages sollen nicht nur wesentliche Informationen, Analysen und harte Fakten liefern, sondern auch Stellung nehmen und damit den Leser herausfordern."

Ein hoher Anspruch. Aber wer Mag. Wolfgang Dvorak-Stocker kennt, ist sicher, daß er diesem Anspruch auch gerecht werden kann. Der Grazer Verleger sei noch einmal zitiert: "Arnulf Baring hat einmal gesagt ,Das Hauptproblem in Deutschland ist, daß außer der Sexualität kein Thema tabufrei diskutiert werden kann . Das ist zwar überspitzt, aber nicht ganz falsch. Tabubrecher sind also gefragt. Und da die großen Verlagskonzerne diesbezüglich vorsichtiger geworden sind, wollen wir versuchen, immer wieder auch solche ,heißen Themen aufzugreifen wie mit ,Multikulturalismus und die Politik der Schuld von Paul Edward Gottfried, übrigens Sohn österreichisch-jüdischer Emigranten."

Stockers Verlagsprogramm, von dem einiges jetzt auch auf der Leipziger Buchmesse zu sehen ist, stimmt hoffnungsvoll.

 Foto: Verleger: Wolfgang Dvorak-Stocker

Verlagssitz in Graz: Seit 1992 trägt der Leopold Stocker Verlag das Steirische Landeswappen
 
     
     
 
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