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Landkauf für Ausländer erst in 18 Jahren?

 
     
 
Während die Kriegsschäden auf dem Balkan noch keineswegs behoben sind, phantasieren die pazifistisch ausgerichteten Kräfte bereits den Traum vom ewigen Frieden weiter: Man müßte doch eigentlich die jetzt zerschossen am Boden liegenden Staaten in die Europäische Union aufnehmen. Geld? Kosten? Wer wird denn gleich so engherzig denken? Das findet sich.

Mitten in diese überhitzten Tagträumereien hinein platzt die Botschaft des künftig für die Osterweiterung
der Europäischen Union zuständigen EU-Kommissars Günter Verheugen, wonach die Neuaufnahme "sehr viel teurer als bisher angenommen" werde. So seien allein schon im Umweltbereich die von der EU errechneten Kosten in Höhe von 240 Milliarden Mark für die nächsten Jahre weit unterschätzt. Zu weiterführenden Analysen mochte er sich nicht verleiten lassen, sondern wechselte routiniert auf ein von ihm besonders geliebtes Nachbarfeld über: "Verständnis für die Probleme der ost- und mitteleuropäischen Staaten dürfen Sie bei mir immer erwarten, speziell, was die Tschechische Republik angeht, mit der ich besonders enge Beziehungen habe, auch was Polen angeht ..."

Aber ebenso leicht, wie er über die Kosten der EU-Erweiterung hinweghuschte, so sehr sparte er den an sich doch bedeutsamen Hinweis aus, daß Polen in Brüssel eine Übergangsfrist von sage und schreibe 18 Jahren für den Landkauf durch Ausländer beantragt hat. 18 Jahre? Man mag dabei zunächst an spleenige, verschrobene Zahlenmystik Warschaus denken, doch stellt man das Zahlenmuster mit bestimmten historischen Ereignissen in einen Zusammenhang, so erschließt sich der Sinn dieser Zahlenmystagogik auf sehr einleuchtende Weise, und der Nebel, der zunächst diese Zahl umhüllte, erweist geschichtlich und völkerrechtlich geschulten (Vatikan?) Sinn.

Als Polen mitten im Ersten
Weltkrieg unter den Klängen
deutscher Militärkapellen aus Wien und Berlin neu erstanden war, gelobte es ewige Treue und Dankbarkeit für diese befreiende Tat. Doch wie auch Ehen, die zumeist mit ewigen Treueschwüren beginnen, aber häufig vor dem Scheidungsrichter enden, so entschied sich Warschau nach dem Ende des Ersten Durchgangs anders. Es folgte den verlockenden Einflüsterungen der nunmehr siegreichen Entente und ließ sich von ihr auf das abschüssige Feld müheloser Gebietsübertragungen führen.

Selbstbestimmung hin, Selbstbestimmung her, diese Maxime der Sieger galt nur so lange, bis die Mittelmächte niedergerungen waren. Die Volksabstimmungen in Ostdeutschland gingen allesamt für uns eindeutig aus, doch nach dem Motto, was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, wurden Teile Westpreußens und Oberschlesiens dem polnischen Staat zugeführt, vermutlich mit der nicht unberechtigten Spekulation, daß sich bei solchen unrechtmäßigen Gebietsübertragungen auch das Verhältnis zwischen beiden Völkern verschlechtert, um es beliebig von außen zu eigenen Zwecken beeinflussen zu können, was bekanntlich auch 1939 hinreichend praktiziert wurde.

Davon abgesehen ist aber das schlechte Gewissen ein stetes Moment polnischer Verunsicherung geblieben, das davon ausging, daß die durch die Gewalt der Sieger zugefallenen ostdeutschen Gebiete entweder durch Einlenken bestimmter britischer Einflußgruppen oder auch durch das stets polenfeindliche nachbarliche Sowjetregime an Berlin zurückgegeben werden könnten. Wenn jetzt also bei der EU die ominösen 18 Jahre ins Spiel gebracht werden, so ist dies der Versuch, sich auch der nach dem Ende des Ersten Weltkrieges erlangten Gebiete völkerrechtlich zu versichern. Denn anders als Bonn und das Bundesverfassungsgericht (1973) geht Warschau, wie übrigens auch die Männer des 20. Juli, davon aus, daß die Grenzen des Deutschen Reiches nicht vom Jahr 1937 her zu ziehen sind, dies geschah nur Österreichs wegen, sondern vom Jahr 1914.

Also, die Republik Polen wurde 1918 gegründet. Nach einem kommunistischen Zwischenspiel, bei dem Warschau weitere deutsche Gebiete durch die schon von Versailles her unverändert sattsam bekannten Kreise bei gleichbleibender Zielstellung zufielen, und der seit 1990 bestehenden bürgerlichen Republik sind auf das zu Ende gehende Jahrhundert plus der geforderten 18 Jahre hin gerechnet 100 Jahre verstrichen. Nach europäischem Recht aber werden Gebiete, sofern sie nur verpachtet werden, nur 99 Jahre lang übertragen – im 100. Jahr ginge dies nicht mehr, dann würde aus Pacht Eigentum.

Polen spekuliert mit seinen 18 Jahren darauf, sich den frühen wie den späten Gebietserwerb durch Kumpanei mit den Siegern und mittels der gedanklichen Schwäche seiner westwärts liegenden Führungsschicht zu sichern.

Denkwürdig nur, wenn im zukünftigen Europa nationale Grenzen keine Rolle mehr spielen sollen, dann könnte man doch die hier in Rede stehenden Gebiete auch uns zurückgeben. Zunächst. Machte sich besser, atmosphärisch, völkerrechtlich.

 
     
     
 
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