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Litauen: Halbe Wahrheiten

 
     
 
Wieder einmal waren aus dem Baltikum Erfolgsmeldungen zu hören, als das litauische Amt für Statistik am 29. März die Wirtschaftsdaten des Landes für 2001 bekanntgab.

Demnach wuchs das Bruttosozialprodukt um 5,9 Prozent statt der vorhergesagten 5,7 Prozent, und das Haushaltsdefizit schrumpfte im Vergleich zum Vorjahr um 405 Millionen auf 2,29 Milliarden
Litas (etwa 650 Millionen Euro). Das entspricht 4,8 Prozent des Bruttosozialprodukts statt zuvor 6 Prozent.

Des weiteren ließ sich ein Anstieg der ausländischen Direktinvestitionen um 14,2 Prozent feststellen, wobei die größten Anteile auf Dänemark (18,6 Prozent), Schweden (16,1 Prozent), Estland (10 Prozent) und Deutschland (9,2 Prozent) entfielen.

Alle diese Daten klingen gut und werden ihre propagandistische Wirkung in Brüssel nicht verfehlen. Dennoch zeigen sie nur eine Seite der Entwicklung in der südlichsten Baltenrepublik.

Zur Vervollständigung des Bildes müssen andere Zahlen ergänzt werden, die man aber gern verschweigt, weil sie Litauen in einem schlechteren Licht erscheinen lassen.

Ungeschminkt findet man sie in den neusten Mitteilungen der "Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte" (IGFM). Das mittlere Einkommen einer litauischen Familie erreichte demnach in diesem März 409 Litas, das sind 116 Euro. Die Durchschnittsrente lag bei 230 Litas (66,60 Euro) - eine lächerliche Summe angesichts der stark gestiegenen Lebenshaltungskosten.

Auch die Arbeitslosenzahlen sind wenig erfreulich: Im März beliefen sie sich in der Hauptstadt Wilna (Vilnius) zwar auf "nur" 8,5 Prozent, auf dem Lande jedoch auf bis zu 26 Prozent. Über ein Viertel der

Litauer - vor allem Dorfbewohner und Rentner - stuft sich selbst als arm ein. Ihr Hoffnung auf Verbesserungen schwindet zusehends.

Viele Menschen sind verzweifelt, manche sehen überhaupt keine Zukunft mehr. Seit der Erringung der Unabhängigkeit gab es ungefähr 17 000 Selbstmorde, im letzten Jahr allein 1533. Bei einer Einwohnerzahl von 3,5 Millionen bedeutet das eine Quote von 43 Suizidfällen auf 100 000 Personen (1990 waren es noch 26).

In der EU liegt der Schnitt bei 20, und weltweit gibt es nur wenige Länder, die in dieser Statistik noch schlechter abschneiden als Litauen. (LvV)
 
     
     
 
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