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Es ist der Auftritt des im vergangenen Herbst geschaßten Brigadegenerals Reinhard Günzel. Er und der fraktionslose CDU-Abgeordnete Martin Hohmann meldeten sich am vergangenen Wochenende beim 7. Berliner Kolleg des Instituts für Staatspolitik zu Wort. "Meinungsfreiheit und Tabu" lautete das Motto der Veranstalt ung.
Die Zahl der Teilnehmer übertraf alle Erwartungen. Zu den 400 angemeldeten gesellten sich 200 weitere Interessenten, die sich im Logenhaus in Berlin-Wilmersdorf einfanden. Auch die Medien wollten den Auftritt des KSK-Generals nicht versäumen. So erschienen nach Angaben des Veranstalters auch Vertreter der Welt, der Berliner Morgenpost, des Tagesspiegels und des Spiegels.
"Wenn mir irgend jemand vor acht, neun Monaten gesagt hätte, daß man seine Meinung in Deutschland nicht mehr frei sagen könne, dann hätte ich milde gelächelt", sagt Günzel eingangs über seine Entlassung. Er vergleicht die Politische Korrektheit, die er als Krebsgeschwür bezeichnet, in Deutschland mit der Lage der Bürgerrechte in Ländern wie Kuba, Rußland und Libyen. "Selbst in übelsten Diktaturen wird einem Soldaten die Verabschiedung nicht verwehrt", beklagt er seine unehrenhafte Entlassung. Er fühlt sich als deutscher General mit einem Terroristen gleichgesetzt.
Über Martin Hohmann und den Antisemitismus-Vorwurf sagt Günzel: "Die intelligenteren Hohmann-Jäger haben ja stets von einer unerträglichen Rede gesprochen, statt von einer antisemitischen." Antisemitisch sei die Rede schließlich nicht gewesen. Und weiter führt er aus: "Wenn jeder wegen einer unerträglichen Rede aus der Partei flöge, dann würden die Parlamentsstenographen bald nur noch Schiffe versenken spielen." Der völlig überfüllte Saal spendet gehörig Beifall.
"Deserteure werden in Deutschland glorifiziert, während Denkmäler für Soldaten geschleift werden", bemängelt Günzel. Einige seiner Freunde hätten hingegen über seine Entlassung gesagt: "In dieser Form entlassen zu werden ist geradezu eine Auszeichnung." Er spricht weiter über seine Enttäuschung durch das Offizierskorps, das sich seiner sozialen Ausgrenzung nicht einmal ansatzweise widersetzt habe. Trotzdem ist Günzel zuversichtlich: "Noch ein paar Vorfälle à la Hohmann, und die Mauer der Tabus zerbricht."
Der frühere ZDF-Journalist Fritz Schenk verliest zu Beginn seiner Rede den Paragraphen 5 des Grund- gesetzes (Artikel über Meinungs-freiheit). Er hat unlängst ein Buch herausgegeben, das "Den Fall Hohmann" beleuchtet. Seine Initiative "Kritische Solidarität mit Martin Hohmann" hat einiges Aufsehen verursacht. Seine Frau kommentiere die Tatsache, daß die CDU-Führung auf seine Briefe nicht einmal antwortet, mit den Worten: "Und feige sind die auch noch", berichtet Schenk. Er sagt: "Es steht um die Pressefreiheit nicht gut in Deutschland."
Als Martin Hohmann verspätet eintrifft, bekommt er tosenden Beifall. Minutenlang. Er beginnt seine Rede mit einer Erinnerung an Papst Johannes XXIII., der gesagt habe: "Nimm dich nicht so wichtig", und spricht über den Stand seines Ausschlußverfahrens aus der CDU. Er wolle in der CDU bleiben. Sollten ihm das die innerparteilichen Schiedsgerichte verweigern, wolle er dafür weiterkämpfen und klagen - "bis hin zum Bundesverfassungsgericht", so Hohmann. Hohmann erinnert an die katastrophale demographische Entwicklung als ein Kernproblem Deutschlands. "Das sind alles die Früchte der 68er", mutmaßt er.
Das Institut für Staatspolitik (IfS) wurde vor vier Jahren von dem Historiker Karlheinz Weissmann und Götz Kubitschek ins Leben gerufen. Es entstand zu einer Zeit, als etwa das Institut des Hamburger Multimillionärs Jan-Philipp Reemtsma das Meinungsklima mit einer nur schlecht als wissenschaftlich getarnten Propaganda-Ausstellung vergiftete - und versteht sich nicht zuletzt als seriöse Antwort auf derlei Umtriebe.
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