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Sie kamen von der Uni, die sie nur unregelmäßig besucht hatten, oder von Karl Marx, den sie nur flüchtig gelesen hatten, ebenso wie Freud oder Marcuse. Manche hatten nicht einmal die Schule abgeschlossen, sondern gingen gleich zu den K-Gruppen, bastelten Benzinbomben und verprügelten Polizisten - wie Joseph Fischer. Sie wollten die Macht. Nichts als die Macht. Die Bewegung der Schüler und Studenten war ihnen eigentlich egal. Fortan galten sie als die Erben der 68er. 1998 fiel den rot-grün en Parteien das Land, nur noch schwach verteidigt von einer verbrauchten Elite, zu wie eine Beute, auf Gedeih und Verderb.
Der Abbau aller Wertbegriffe hatte schon vorher begonnen. Was Helmut Schmidt noch einfordern konnte, auch wenn er dafür von Oskar Lafontaine verhöhnt wurde, die Sekundärtugenden, konnte Gerhard Schröder 2005, in der Krise des Landes, nicht mehr abrufen - niemand kennt sie mehr. Wofür Tugenden? Für Deutschland? Für viele 68er war es ohnehin nur "Scheißdeutschland". Jetzt haben sie es verwirklicht.
Was war positiv an 1968? Nichts. Die Reserven der Nachkriegsjahre wurden verbraucht, der Mittelstand zugrunde gerichtet, neue Entwicklungen wie die (saubere) Atomenergie und die Gentechnik verschlafen oder bewußt blockiert. Eliten gingen ins Ausland, Firmen wanderten ab. Die Arbeitslosigkeit wurde fast verdoppelt. Dafür die Einwanderung von Millionen Sozialhilfe-Empfängern ermöglicht.
Selbst die oft gepriesene Auseinandersetzung mit der Vergangenheit war nichts weiter als die Verkürzung des antitotalitären Konsenses auf "Antifa". Gegen Hitler mit Stalin. Mit Gysi gegen die NPD. Das Land ist vernachlässigt wie seine Städte und seine zersiedelten Dörfer. Der Beton der nach dem Krieg mit großem Elan wieder aufgebauten Häuser bröckelt, die Fassaden und Wände der einstmals vorbildlichen Schulen, Schwimmbäder und Bibliotheken werden rissig, die Farbe blättert ab. Mißmut, Desinteresse und Resignation breiteten sich aus in unserem Land.
Später wird es keiner mehr wahrhaben wollen, was für Politiker bei uns an der Spitze der Beliebtheits-Skala standen. Jahrelang immer Joseph Fischer, dann eine ganze Weile gar nichts, dann Schröder. Die großen, quasi staatlichen Fernseh-Sender zeigten sie täglich in staatsmännischer Pose. Besorgt der eine zu jeder Stunde, ob über Palästina oder Nordkorea oder die UNO. Die Stirne eine einzige Falte. Gequält. Ich bin sehr besorgt, wir sind sehr besorgt, daß...
Immer besorgt der eine. Immer grinsend der andere, selbst bei den größten Katastrophen noch immer dieses kleine, verlegene Grinsen, süffisant wäre schon zu edel gesagt. Wir werden natürlich... Selbstverständlich... Wir sorgen für Hilfe, zusammen mit den anderen Staaten der EU. Wir kriegen das hin. Auch die Wirtschaft. Die Finanzen. Auch das mit der Partei.
Sie kriegen gar nichts mehr hin.
Aber diese Lächerlichkeit. Dieses aufgeblasene Gehabe. Diese trotz Armani und Brioni schlechtsitzenden Anzüge. Dieses wichtigtuerische, schlechtsitzende Lachen. Was soll die beste PR-Agentur machen, auf einem Bierbauch sitzt nun einmal kein Anzug. Warum laufen Chirac, Blair, Zapatero, selbst Putin locker und schlank und vorwiegend elegant vor die Kameras, diese aber sehen aus wie ihre eigenen Bodyguards, plump und schulterklopfend vertraulich. Als wenn sie der Welt sagen wollen, Deutsche sind nun mal so.
Ungebildet, eindimensional, ohne Weltläufigkeit, auch bei der Einweihung neuer Kunsttempel, die abgelesenen oder gut aufgesagten Reden ihrer Referenten stehen in einem grotesken Gegensatz zu der Körpersprache der Bierbäuche. Ach, es sind keine Märtyrer von 68, die jetzt mit hohen Altersbezügen abtreten, sie waren überhaupt keine 68er, sie kannten Adorno, Horkheimer und Dutschke auch in ihrer wilden Zeit nur vom Hörensagen. Oder aus konkret und dasda. Sie waren keine Intellektuellen, und sie kannten keine Intellektuellen und wollten auch keine Intellektuellen kennenlernen, sie waren nicht sensibel und nicht belesen und hatten auch keine Visionen. Sie waren schon damals, 1976, Praktiker der Politik gewesen, beim Polizistenjagen und Molotowcocktail-Werfen der eine, der andere beim Kampf gegen Willy Brandt, den "Lakaien des Großkapitals", und bei der Ausbootung anderer Kandidaten für den Jusovorsitz.
Das Übel an der Wurzel packen - alle Großkonzerne knacken! Die Großkonzerne knackten sie nicht, aber abends ein Bierchen zischen, das mochten sie, und dabei konnte man schon damals am besten bequatschen, wie man den Gegner austrickst, wen man als nächsten abschießt, am nächsten Tag oder im nächsten Jahr. Von 1976 bis 2005. Sie eroberten die Macht vom Tresen aus, Gerhard Schröder bei den Jusos und Joseph Fischer bei den Ökos, wo die richtigen Grünen bald vom Fenster waren, als "Joschkas Putzgruppe" auf den Putz haute und die Macht übernahm.
Man reibt sich die Augen. Das war die Elite der Politik? Die Auslese aus einem Volk von mehr als 80 Millionen? Meine Güte, Adenauer war auch nicht gerade ein Intellektueller. Aber er und einige in seinem Kabinett waren wenigstens das, was man früher einen Herrn nannte. Eine Kennzeichnung, die man auch auf Willy Brandt und Helmut Schmidt anwenden konnte. Ein Wort, das übrigens Herbert Wehner im Bundestag als Schimpfwort benutzte: Mein - Herr! Das war noch schärfer als "Übelkrähe". "Der Herr badet gern lau." Damit erledigte er seinen großen Intimfeind Brandt.
Die nach ihm kamen, waren und blieben Prolls, wie der heutige Fachausdruck lautet. Wer das Wort nicht kennt, frage seine Enkelkinder.
Was wird bleiben von 1968? 40.000 festangestellte und nicht mehr kündbare Frauenbeauftragte (heute Genderbeauftragte genannt) in Ländern, Kommunen, Fabriken und Betrieben. Hunderttausende unkündbare und pensionsberechtigte Funktionäre vom Ministerium bis zum Ortsamt. Eine Unmenge Gesetzesschrott, der erst in Jahren mühsam abgebaut werden kann, vom unseligen Ausstieg aus der in aller Welt wachsenden (sauberen), Atomenergie bis zu Flaschenpfand und Krötenwanderweg und anderem Firlefanz, über den sich die übrige Welt lustig machte. Eine ganze Generation von Schülern, die auf unserem erbärmlichen Pisa-Niveau erzogen wurden und in der übrigen Welt vergeblich auf Jobsuche gehen würden, dazu die geduldete und sogar ermutigte illegale Einwanderung von noch weniger qualifizierten Ausländern - offiziell sechs, mit den Illegalen acht Millionen. Schröder und Fischer hätten gern noch vier Millionen Türken ins Land geholt, durch eine EU-Mitgliedschaft des nicht-europäischen Staates.
Was immer man über Adenauers und Erhards Regierungen sagen konnte - zumindest wurden sie geleitet von Fachleuten, und das Land war bis ins kleinste Dorf organisiert von gut motivierten Fachkräften. 68 forderte - und erhielt Dilettanten. Laienspieler, die sich den Anschein solider Arbeit gaben, aber es in der Regel eben nicht schafften.
Sie alle erhalten nach dem Regierungswechsel großzügige Pensionen, vom Staatssekretär im Außenministerium bis zum Krötenbeauftragten in Klanxbüll. Auf die neue Regierung hingegen wartet viel Arbeit. |
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