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Der 200. Todestag jährt sich zwar erst im kommenden Jahr (7. Februar), das Berliner Kupferstichkabinett im Kulturforum am Matthäikirchplatz präsentiert jedoch schon jetzt eine Ausstellung zu Ehren des Zeichners und Radierers Daniel Nikolaus Chodowiecki aus Danzig (dienstags bis freitags 10 bis 18 Uhr, am Wochenende 11 bis 18 Uhr; Katalog Gebr. Mann Verlag, 40 DM, im Museum 30 DM; bis 29. Oktober). Geradezu als Vorgeschmack auf das Preußenjahr 2001 (die Krönung Friedrichs I. in Königsberg jährt sich am 18. Januar zum 300. Mal) gibt die Berliner Ausstellung einen Einblick in das bürgerliche Leben des 18. Jahrhunderts. Auf den rund 225 Zeichnungen und 25 Radierungen aus den eigenen Beständen des Kupferstichkabinetts sind Szenen aus dem Familienleben ebenso zu entdecken wie Porträts prominenter Zeitgenossen sowie Illustrationen, durch die Chodowiecki berühmt wurde. So berühmt, daß er 1792 an Anton Graff schreiben konnte: "Ein paar Liebhaber fangen jetzt an, meine Zeichnungen sammelnswerth zu finden."
Zu den Liebhabern gehörte auch Goethe, dessen "Leiden des jungen Werther" Chodowiecki sogar für Illustrationen auf Fächern "vermarktete". Der Geheimrat forderte Anna Luise Karsch, die Berliner Dichterin, gar in einem Brief vom 11. September 1776 auf: "... Und gehen Sie doch einmal zu Chodowiecki, und räumen Sie bei ihm auf, was so von allen Abdrucken seiner Sachen herumfährt. Schicken Sie mirs, und stehlen ihm etwa eine Zeichnung. Es wird mir wohl, wenn ich ihn nennen höre, oder ein Schnitzel Papier finde, worauf er das Zeichen seines lebhaften Daseins gestempelt hat ..." In seiner Biographie hielt der Danziger Chodowiecki Wissenswertes über seine Arbeitsweise fest: "Ich zeichnete nebenher ... war ich in Gesellschaft, so setzte ich mich so, daß ich die Gesellschaft oder eine Gruppe derselben oder auch nur eine einzige Figur übersehen konnte, und zeichnete so geschwind, oder auch mit so vielem Fleiß, als es die Zeit oder die Stätigkeit der Personen erlaubte. Bat niemals um Erlaubnis, sondern suchte es so verstohlen wie möglich zu machen ... Was hatte ich dabei zuweilen für herrliche Gruppen mit Licht und Schatten, mit allen den Vorzügen, die die Natur, wenn sie sich selbst überlassen ist, vor allen den so gerühmten Idealen hat, in mein Taschenbuch eingetragen! Auch des Abends bei Licht habe ich das oft gethan ... Ich habe stehend, gehend, reitend gezeichnet; ich habe nach Gemälden wenig, nach Gips etwas, viel mehr nach der Natur gezeichnet. Bei ihr fand ich die meiste Befriedigung, den meisten Nutzen; sie ist meine einzige Lehrerin, meine einzige Führerin, meine Wohltäterin ..." Chodowiecki ist zu sehr auch Pädagoge, als daß er mit seinen Blättern nicht auch erzieherisch wirken will. Und so sieht man neben Szenen aus dem Alltag des Bürgers auch solche, die der "Verbesserung der Sitten" dienen sollen. Nicht zu vergessen seine Darstellungen zu Themen der preußischen Geschichte. Chodowiecki war es schließlich, der das Bild von Friedrich dem Großen erst populär machte. Überhaupt trug er mit seinen Illustrationen dazu bei, literarische, historische und wissenschaftliche Inhalte einem breiten bürgerlichen Publikum zu vermitteln. Viele der Zeichnungen dienten später als Vorlagen für die oft kleinformatigen Radierungen für Kalender und Almanache. Abgerundet wird die Ausstellung durch Leihgaben aus anderen Berliner Museen und Bibliotheken wie etwa Beispiele seiner Miniatur- und Emailmalerei, mit der Chodowiecki zunächst den Lebensunterhalt seiner Familie verdiente. Später konnte er sich vor Aufträgen kaum retten. "... wie ich gelebt habe?" schrieb er 1775 an einen Freund. "Wie ein Galeerensklave! Aber wie ein solcher, der sein Ruder mit Lust bewegt. Ich muß fast Tag und Nacht arbeiten, um einen jeden zu befriedigen. Und ich tu es gern."
Peter van Lohuizen
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