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Die Talfahrt der Kommunistischen Partei Frankreichs (KPF) geht weiter. Vom 26. bis zum 28. Oktober wird es einen Sonderparteitag geben, bei dem eine Umwandlung der KPF in eine "Partei neuen Typs" erwartet wird. Zugleich soll sie in "Nouveau Parti Communiste" (Neue Kommunistische Partei) umbenannt werden. Die Pariser Presse widmet diesem Ereignis keine aufschlußreichen Artikel, obwohl in der französischen Hauptstadt etwas spöttisch bemerkt wird, daß der zukünftige neue Name der KPF nicht viel bedeutet und nur wie ein neuer Produktname klingt, während die Packung beibehalten wird.
Nach Ansicht von Ani-cet Le Pors, einem ehemaligen Minister Francois Mitterrands und zugleich ehemaligem Mitglied der KPF, der dem "Figaro" ein kurzes Interview gewährte, kann man den Absturz der KPF dadurch erklären, daß diese Partei "keinen sozialen Nutzen" mehr stiften könne. "Geschichtlich gesehen", so der Politiker, sei "die KPF schon lange tot". Auch die Umstrukturierung werde nichts daran ändern, meinen nahezu übereinstimmend alle Beobachter in Paris.
Prof. Dr. Stephane Courtois (Mitverfasser des "Schwarzbuchs des Kommunismus"), der jetzt auch als Herausgeber der Fachzeitschrift "Communismes" fungiert, führte zu diesem Komplex gegenüber dem einige Zahlen an: 1982, am Beginn der Ära Mitterrand, betrug die Auflage des Organs der KPF, "LHumanité", 120 000 Exemplare. Im März 1999 war diese Auflage auf 52 000 gesunken und soll gegenwärtig bei 40 000 liegen. Das erkläre auch, warum derzeit Gespräche zwischen der Leitung der KPF und dem Industriebaron Lagardère, der in der Presse und in der Flugzeugindustrie tätig ist, geführt würden. Es gehe um Geld, das in die Kasse der Parteizeitung einfließen solle. Ob diese finanzielle Hilfe ausreichen werde, könne man bezweifeln, da eine Tageszeitung stets enorme Beträge benötige. Übrigens vermutet Prof. Courtois, daß die KPF bei der Präsidentschaftswahl 2002 von den Trotzkisten überholt werden könne. Nach seiner Meinung sei es nicht auszuschließen, daß bei dieser Wahl die Trotzkistin Arlette Laguiller ("Lutte Ouvrière") mehr Stimmen als der Nationalsekretär der KPF, Robert Hue, verbuchen könnte.
Die jetzige Krise der KPF ist auch für Lionel Jospin wegweisend und bedeutungsvoll. Der Regierungschef gab unlängst fünfzehn Regionalzeitungen ein Interview, in dem er zögernd im Hinblick auf seine etwaige Bewerbung zu der anstehenden Elysée-Wahl einging. Bemerkenswert ist es in der Tat, daß bei den letzten Kommunalwahlen ein bedeutsamer Stimmenanteil der Trotzkisten bei den Stichwahlen nicht zu den offiziellen Kandidaten der Regierungsmehrheit ging. Für Jospin bedeutet diese Tatsache, daß, wenn er zum Staatspräsidenten gewählt werden wollte, der Regierungskurs weiter nach links rutschen müßte. Ob Jospin das zu veranlassen vermag, bleibt angesichts der europäischen Verpflichtungen des Landes naturgemäß fraglich. Insofern könnten die fortwährende Krise der KPF und der Ausstieg einer Linken links der KPF die Sozialisten dazu bringen, die Zentristen zu wahltaktischen Manövern zu verführen, um das konservative französische Wahlvolk zu beruhigen.
An der Seine wird außerdem derzeit gemunkelt, daß die Sozialistische Partei Jospins gegenwärtig die KPF massiv mit Geldmitteln unterstützt. Das Debakel der KPF bei den Kommunalwahlen vor wenigen Wochen hat nämlich zur Folge gehabt, daß die Kommunisten nicht mehr über ihr gewohntes Reservoir von erfahrenen Parteifunktionären verfügen können. Der Beschluß der Parteispitze, die Grundzellen der Partei künftig abzuschaffen, könnte so finanzielle und organisatorische Gründe haben. Für die KPF ist daher der Eingang namhafter Geldbeträge eine unabdingbare Voraussetzung, damit sie politisch weiter ihren Einfluß im Sinne der Sozialisten ausüben kann.
Vor den Präsidentschaftswahlen und den Wahlen zur Nationalversammlung, die folgen werden, stellt sich gegenwärtig die Linke in Frankreich völlig zersplittert dar. Die Krise der KPF und das gute Abschneiden der Grünen und der Trotzkisten bei den letzten Wahlen lassen vermuten, daß die für 2002 geplanten Wahlen noch offen sind, wobei die Rechten ebenso zersplittert sind wie die Linken. Francisco Lozaga
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