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Der öffentliche Streit um die Preußische Treuhand und das Zentrum gegen Vertreibungen hat dazu geführt, daß die unumstrittenen Anliegen der Heimatvertriebenen auf die Diskussion um eine Entschädigung für konfisziertes Eigentum reduziert wurden. Mit dazu beigetragen haben auch die den Interessen der Ost- und Sudetendeutschen entgegenstehenden Äußerungen des Bundespräsidenten und des Bundeskanzlers bei ihren Besuchen in Warschau.
Die Heilung der Vertreibungsverbrechen läßt sich nicht auf die Entschädigungsfrage reduzieren. Dies ist ein Aspekt des Forderungskatalogs nach Wiedergutmachung. Unsere anderen Anliegen dürfen nicht als unwesentlich abgetan werden. Vorrangig bleibt für uns:
•die Durchsetzung des Rechts auf die Heimat;
•die Bewahrung des kulturellen Erbes;
•die Einrichtung eines Zentrums gegen Vertreibungen in Berlin, um damit die Vertreibung als Mittel der Politik weltweit zu ächten;
•die Forderung an die Vertreiberstaaten, die Unrechtsgesetze der Vertreibung aufzuheben sowie die historische Wahrheit über die Geschichte der Heimatgebiete endlich anzunehmen;
•der enge Kontakt zu unseren Landsleuten in der Heimat.
Bei unserer Forderung nach Durchsetzung des Rechts auf die Heimat reden wir nicht von einem abstrakten Heimatrecht, sondern wir berufen uns auf die entsprechenden Uno-Resolutionen zum Recht auf die Heimat. Dort heißt es: "Right to return to their home and property". Das heißt, das Recht aller Vertriebenen, zur Heimstätte und zum Vermögen zurückzukehren. Auch erinnern wir in diesem Zusammenhang an die Forderung des Papstes: "Umsiedlung und Vertreibung können niemals die endgültige Antwort auf das Leid der davon betroffenen Menschen sein. Sie haben ein Recht darauf, zu ihren Wurzeln heimzukehren".
Das Recht auf die Heimat ist trotz aller Nachbarschafts- und Freundschaftsverträge mit den EU-Partnern im Osten bisher auch nicht ansatzweise realisiert worden. Die Bundesregierungen haben seit 1990 ihre Politik auf diesem Problemfeld den nationalistischen Forderungen Polens, Tschechiens und Rußlands unterworfen.
Wie sich aus der Uno-Resolution ergibt, bedeutet die Durchsetzung des Rechts auf die Heimat die Realisierung der Rückkehr und die Vermögensrückgabe. Die Rückkehr ist der wichtigere Aspekt, weil er alle Vertriebenen und ihre Nachkommen betrifft. Die Rückgabe oder die Entschädigung des Eigentums ist dagegen sekundär, weil bei weitem nicht alle Vertriebenen Grundeigentum oder Vermögen besaßen. Gleichwohl, Eigentums- oder auch Entschädigungsfragen der Heimatvertriebenen müssen für einen Rechtsstaat, der diese Republik nach ihrer Verfassung ist, immer gemäß der Rechtslage entschieden werden. Es handelt sich hier um eine Frage des Rechts und nicht um eine Frage der Politik, zu der sie der Bundeskanzler bei seiner Warschauer Äußerung gemacht hat.
Länger als ein Jahrzehnt haben die betroffenen Ostdeutschen auf eine Initiative der deutschen beziehungsweise der polnischen Regierung für die Regelung der offenen Vermögensfrage - Entschädigung oder Rückgabe des konfiszierten Eigentums - gewartet. Es hat sich nichts getan. Die Kohl-Regierung hatte 1990 versprochen, dieses Problem in absehbarer Zeit einer Lösung zuzuführen. Später ist sie, wie auch die amtierende Bundesregierung, davon abgerückt. Heute heißt es lapidar, man wolle das nachbarschaftliche Verhältnis nicht mit Fragen aus der Vergangenheit belasten.
Die Passivität der Regierungen bei der Regelung der offenen Vermögensfragen hat dazu geführt, daß die Preußische Treuhand als Selbsthilfeorganisation der Betroffenen gegründet wurde. Mit Klagen vor nationalen und internationalen Gerichten will man Eigentumsrechte geltend machen und eine wie auch immer geartete Entschädigung durchsetzen.
Im Rechtsstaat Deutschland und im Rechtsstaatgebilde EU ist dies legitimes Handeln. Die Heimatvertriebenen haben keinen Grund, zur Preußischen Treuhand auf besondere Distanz zu gehen. Es ist unstrittig: Die zumutbare Entschädigung für konfisziertes Eigentum war immer auch eine Forderung der Freundeskreisen und des BdV. Dies wird auch zukünftig so bleiben. Das BdV-Präsidium hat sich noch im Januar diesen Jahres dazu bekannt.
Das Hilfsmittel der Verbände zur Durchsetzung der Entschädigungsansprüche kann aber nicht die Preußische Treuhand sein. Der Apparat Preußische Treuhand würde die Verbände personell und finanziell völlig überfordern. Darüber hinaus läßt sich die Tätigkeit der Preußischen Treuhand nicht mit dem Gemeinnützigkeitscharakter der Verbände vereinbaren. Auch wird die Existenz der Treuhand sowie die bereits angekündigte Anrufung der Gerichte polarisierend wirken. Damit könnte das friedenstiftende und völkerverbindende Aufbauwerk der Heimatvertriebenen beschädigt werden.
Dies ist nicht im Interesse der Verbände. Deshalb haben der Bundesvorstand der Freundeskreis Ostdeutschland und auch das BdV- Präsidium deutlich gemacht, daß die Preußische Treuhand eine legitime Privatinitiative ist, gewissermaßen eine Bürgerinitiative. Wir wollen hier festhalten, daß im pluralistisch verfaßten Staat Deutschland Bürgerengagement wünschenswert ist.
Die Äußerungen einzelner Repräsentanten der Verbände zur Entschädigungsfrage sind deren private Meinung, soweit sie mit der Haltung der Verbände nicht deckungsgleich sind. Die in der Preußischen Treuhand engagierten Betroffenen sollten sich dadurch nicht verunsichern lassen.
Zu bemerken ist, daß die Diskussion um die Preußische Treuhand von seiten der Regierung auf niedrigstem Niveau geführt wird. Da läßt eine juristisch inkompetente Bundesregierung einen ahnungslosen Regierungssprecher erklären, daß eine Entschädigung für verlorengegangenes Vermögen der Heimatvertriebenen bereits durch den Lastenausgleich gezahlt worden sei. Schon ein flüchtiger Blick in das Lastenausgleichsgesetz beweist das Gegenteil.
Heute tritt offen zutage, daß das Ignorieren verschiedener Problembereiche beim Aushandeln der Nachbarschaftsverträge ein schwerer Fehler war. Ungelöste Probleme kann man eine gewisse Zeit verdrängen, aber mit "unter den Teppich kehren" nicht aus der Welt schaffen.
"Wir müssen den Mut haben, uns alles zu sagen" - so der große polnische Humanist Jan Josef Lipski, der leider schon verstorben ist. Sein Wort sollte die Leitlinie für die Politik sein. Dialog führen, Europa als Rechtsgemeinschaft gestalten, soll die Losung sein.
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