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Beträchtliche Aufregung herrscht über eine von Österreichs Innenministerin Liese Prokop (ÖVP) in Auftrag gegebene Studie. Genau genommen nicht über die Studie selbst, sondern über Aussagen, die sie dazu in einem Zeitungsinterview gemacht hatte, sowie darüber, daß Tage danach nur eine Zusammenfassung der Studie vorgestellt wurde, während der Volltext unter Verschluß bleibt.
Schon der Titel "Perspektiven und Herausforderung en in der Integration muslimischer Mitbür-gerInnen in Österreich" legt nahe, daß man eigentlich eine Verharmlosung vorhatte. Denn warum sonst würde man politisch korrekt "MitbürgerInnen" sagen (noch dazu mit Binnen-I)? Und warum sagt man "Herausforderungen" statt Probleme? Weil es eben streng nach amerikanischer Diktion nur "challenges" und keine "problems" geben darf. Aber anscheinend lief dann doch nicht alles nach Plan. Und als Anfang Mai der Wiener Akademi-kerbund (ÖVP) mit einer äußerst islamkritischen Verlautbarung vorpreschte, sah sich Prokop veranlaßt nachzulegen, denn zumindest vor den Wahlen kann die Regierung die Themen Nichtintegration, Überfremdung und Islamismus nicht allein der FPÖ überlassen. Konkret sagte Prokop, daß laut Studie 45 Prozent der in Österreich lebenden Muslime "integrationsunwillig" seien. Auch das Wort "Zeitbombe" wurde zitiert. Und Prokop ergänzte: "Wer sich nicht integriert, hat bei uns nichts zu suchen." Dem würden unter vier Augen wohl die meisten Österreicher zustimmen, dennoch sahen sich SPÖ-Politiker und Grüne zu heftiger Kritik veranlaßt. Sogar von Schmähung des Islam war die Rede.
Selbstverständlich bezeichneten auch die Vertreter der islamischen Gemeinde die Studie als "nicht nachvollziehbar". Ebenso der Wiener "Integrationsbeauftragte", der SPÖ-Gemeinderat Omar Al-Rawi, der eine "verstärkte Islamfeindlichkeit" ortete. Und natürlich auch jene "Intelligentia", die - noch aus Zeiten der SPÖ-Vorherrschaft - alle irgendwie mit "sozio-" zusammenhängenden Institute und Fakultäten fest im Griff hat. Der Wiener "Jugendarbeiter" Bülent Ötztoplu, warnte davor, daß es "zu Gewaltausbrüchen wie in Paris oder Berlin" kommen könne, wenn die Politik das Thema Integration emotionalisiere. Und der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau sekundierte, daß Österreich und Europa "ohne Migration" nicht zu denken seien. Daß die Studie nur in Auszügen vorgestellt wurde, erlaubt aller-dings auch sachliche Kritik, denn so bleiben Methoden und Ergeb-nisse wissenschaftlicher Überprüfung verschlossen. Dies wird zwangsläufig von den einen so ausgelegt, daß Prokop Angst habe, durch den Volltext "blamiert" zu werden, von den anderen aber, daß allzu beängstigende Ergebnisse vertuscht werden sollen. Tatsächlich kommt das Wort "integrationsunwillig" in der Studie nicht vor. Die Innenministerin bezieht es auf die 45 Prozent der als "traditionell-konservativ" oder "religiös-konservativ" Eingestuften. Der Studienleiter, der Erlanger Islam-Experte Mathias Rohe, spricht noch vorsichtiger von "großer Distanz", die die Gruppe zur Mehrheit habe.
Daß laut Studie 23 Prozent der Österreicher dem Islam positiv und 40 Prozent negativ gegenüber stehen sollen, paßt nicht zu einer anderen Umfrage: Unter dem, was Österreicher "sympa-thisch" finden, kommen an vor-derster Stelle Sicherheit, Heimat und Ordnung mit je 71, 66 und 65 Prozent, während bei "unsympathisch" der Islamismus mit 54 Prozent nur noch von der Kernenergie übertroffen wird.
Unbestreitbar ist, daß sich die Zahl der legal im Lande lebenden Muslime seit 1971 von 23000 auf 400000 erhöht hat. Mit fünf Prozent der Gesamtbevölkerung liegt Österreich heute hinter Frankreich und den Niederlanden an dritter Stelle in Europa.
Einem SPÖ-Stadtrat entschlüpfte die Bemerkung, daß in den erst seit Jahresanfang auch für Nicht-EU-Bürger zugänglichen Wiener Gemeindebauten bisher schon ein Drittel "Neo-Österreicher" wohnten! Während aber Neubürger aus den Nachbarländern integrationswillig sind, trifft dies auf Türken - selbst in zweiter und dritter Generation - selten zu.
Damit wird ziemlich klar, daß das Islam-Problem zumindest in Österreich primär ein Türken-Problem ist, also ein Volkstumskonflikt. Denn die "Jungtürken" fallen nicht durch Religiosität auf, sondern durch asoziales Verhalten, Gewaltbereitschaft, Bildungsmangel. Aber ein Volkstumskonflikt - noch dazu wenn er durch die strategisch gesteuerte Terror-Angst ins Religiöse verschoben wird - darf eben nicht als solcher erkannt werden und ist mit der Rassismus-Keule niederzuhalten.
Türken in Österreich: Nicht immer ein friedliches Bild |
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