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Schröder gibt Vermögensrechte der Sudetendeutschen preis

 
     
 
Noch niemals hat ein deutscher Kanzler so leichtfertig die Rechte von Millionen deutscher Bürger der Abfallgrube der Geschichte überantwortet wie Gerhard Schröder am 8. März. Gewiß, auch Helmut Kohl hat sich nicht gerade mit größter Leidenschaft dafür eingesetzt, den Milliardenraub an sudetendeutschem Eigentum durch die tschechisch
en Behörden in den Vertreibungstagen nach dem Zweiten Weltkrieg in eine für alle Beteiligten erträgliche Problemlösung mit Prag einzubinden. Kohl wollte wohl die Hürden für den Beitritt der Tschechei zur Europäischen Union nicht zu hoch aufrichten.

Die Enttäuschung der Vertriebenen darüber war groß; und der 27. September geriet denn auch zum Zahltag. Aber Kohl hat diese Frage stets als ungelöst und offen nicht nur bezeichnet, sondern auch rechtlich offen gehalten. Mag sein, daß ihn dabei auch die Furcht bewog, ansonsten von den Vertriebenen in Regreß genommen zu werden. Völkerrechtlich barg jedoch dieses Offenhalten immerhin die Möglichkeit in sich, in einer entspannten gutnachbarschaftlichen Situation mit Prag gemeinsam eine Lösung anzustreben, die den vom Sowjetjoch befreiten Tschechenstaat nicht überfordern und die den Sudetendeutschen mehr als nur in einem symbolischen Sinne gerecht würde.

Mit seiner Verzichtserklärung gegenüber Zeman hat Schröder genau das getan, was er vermeiden wollte, daß nämlich die ungelöste Vermögensfrage auf lange Sicht als Dauerstreitfall zwischen Deutschen und Tschechen konserviert würde. Schröder hat die Erkenntnis aus seinem Bewußtsein gelöscht, daß nichts gelöst ist, was nicht gerecht gelöst ist. Schlußstrich-Beschlüsse zu Lasten eines Partners bleiben als Dauerbelastung einer Partnerschaft bestehen – mit unkalkulierbaren Folgen.

Letztlich hat Schröder Prag aus dem Bekenntnis der Europäischen Union zu einer gemeinsamen Werteordnung entlassen. Ein schlimmer Auftakt für einen gemeinsamen europäischen Neubeginn. Innenpolitisch ist die Schröder-Erklärung nichts weniger als eine eindeutige Verletzung der "Obhutspflicht der Bundesregierung gegenüber einem wesentlichen Teil des eigenen Volkes", wie die BdV-Präsidentin Erika Steinbach korrekt kommentiert. Diese Kehrtwendung in der deutschen Außenpolitik geht "zu Lasten von Millionen eigener Landsleute. Damit wird die Bundesregierung gegenüber Millionen von Vertriebenen regreßpflichtig." (Seite 4)

Dies sieht so auch der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Günther Verheugen (SPD). Er rechnet denn auch mit einer Klage der Sudetendeutschen Freundeskreis gegen die Bundesregierung. Sollte Schröder dies alles nicht bedacht haben? Angesichts der Großtaten an Dilettantismus seiner Regierung auf vielen Feldern der Politik mag man dies sogar für möglich halten. Oder sollte es schlaue Taktik sein, durch eine mündliche Schlußstrich-Erklärung auf einer Pressekonferenz die Tschechei freundlich zu stimmen, zugleich aber dadurch eine wasserdichte völkerrechtlich verbindliche Regierungserklärung in dieser Frage zu vermeiden? Etwa mit der trickreichen Überlegung, daß so doch eine Hintertür einen Spalt breit offen bliebe, auf den Bonn in Karlsruhe hinweisen könnte, falls die Sudetendeutschen zum Bundesverfassungsgericht gingen? Ein sauberes Spiel wäre dies nicht – nicht gegenüber den Vertriebenen, aber auch nicht gegenüber Prag.

Zemans gewundenen Bemerkungen darüber, daß einige tschechische Nachkriegsgesetze erloschen seien, wurde von Bonn waghalsig auf die Benes-Dekrete und das sogenannte Amnestiegesetz gemünzt, das Gewalttaten im Zuge der Vertreibung für nicht rechtswidrig bezeichnet. Verheugen hat diese Vermutung in dankenswerter Klarheit korrigiert: Die Benes-Dekrete seien dadurch keineswegs rückwirkend außer Kraft gesetzt worden. Recht hat er und hat damit die Zeman-Bemerkungen als das entlarvt, was sie sind – ein Propagandanebel und eine schlaue Irreführung der deutschen Öffentlichkeit. Auch von tschechischer Seite ein schlimmer Auftakt zu einem gemeinsamen europäischen Neubeginn. Nicht nur die Sudetendeutschen blicken in diesen Tagen auf die CSU und die Bayerische Staatsregierung, die sich als Sachwalter der Interessen der Sudetendeutschen verstehen.

 
     
     
 
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