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Staatsdienst im Wandel

 
     
 
Zunehmend negativ ist, was man über den Staatsdienst hören und lesen muß. Nur ein Beispiel ist der Artikel über die Frühpensionierungen von Lehrern unlängst im "Spiegel". Natürlich verschleißen die Produkte der antiautoritären Erziehung Pädagogen stärker als Kinder früherer Generationen, doch damit allein ist es weder zu erklären noch zu rechtfertigen, daß beispielsweise im Schuljahr 1997/98 von 11 853 pensionierten Lehrern nur 7151 bis zum reguläre
n Ruhestandsalter von 65 Jahren gearbeitet hatten.

Die Misere beschränkt sich jedoch nicht auf die Lehrkräfte. So ist das jüngste Schwarzbuch der öffentlichen Verschwendung des Bundes der Steuerzahler wieder voller eklatanter Beispiele für unnötige Staatsausgaben. Das Erschreckende ist dabei, daß die Verletzung des Sparsamkeitsgebotes nicht nur auf Unfähigkeit und Fahrlässigkeit, sondern zunehmend auch auf böse Absicht, kriminelle Handlungen zurückzuführen ist.

Ernüchternd wirkt da die unlängst von der "Transparency International" veröffentlichte aktuelle Rangliste bezüglich der Freiheit von Korruption. Vom ohnehin nicht glänzenden 14. Platz ist die Bundesrepublik um noch drei weitere Plätze auf den 17. abgerutscht. Führend ist Skandinavien, was auch zu einem Großteil erklärt, warum die Skandinavier der Europäischen Union mit deren stark französisch geprägter Bürokratie so besonders kritisch bis ablehnend gegenüberstehen.

Dieses gute Abschneiden der nördlichen Nachbarn der Bundesrepublik ist zumindest für die Kenner der Szene nicht verblüffend, doch auch der alte Antipode Preußens in Deutschland, Österreich, der das Durchwursteln erfunden hat und von dessen Bewohnern Angehörige dieses Volksstammes selber meinen, sie wären der mißglückte Versuch, aus Deutschen Italiener zu machen, steht in der Rangliste besser da als die BRD, die mit Preußen doch immerhin die Hauptstadt gemein hat.

Welcher Abgrund droht sich da zwischen der Bundesrepublik und Preußen beziehungsweise zwischen deren Staatsapparaten aufzutun. In Preußen stand von jeher – im Gegensatz zu den Staaten des Westens und offenkundig zunehmend auch der Bundesrepublik – der Staat über dem Mammon, und so war es die höchste Ehre, dem Staate in Uniform als Soldat oder in Zivil als Beamter zu dienen und ihn dabei mehr oder weniger auch zu repräsentieren. Strebte in anderen Staaten – insbesondere des Westens – die Intelligenz in das Berufsfeld des Kaufmanns, Industriellen oder Rechtsanwalts, so in Preußen in den Staatsdienst. Es ist denn auch kein Zufall, daß die französische Revolution von 1789 vom Großbürgertum getragen wurde, während sich Karl Reichsfreiherr vom und zum Stein und sein Nachfolger Karl August Fürst von Hardenberg bei ihren preußischen Reformen auf den Staatsapparat stützten. Das Renommee des Beamten in der Gesellschaft war derart groß, daß er dafür auch mit einem relativ geringen Einkommen vorliebnahm. Der Staat verpflichtete sich ihm gegenüber zu einer besonderen Fürsorgepflicht, doch konnte er dafür auch dessen soldatische Hingabe erwarten. Da zum Selbst- und Fremdverständnis des Staatsdieners die Überparteilichkeit gehörte, konnte ihm eine unbefristete Stellung gegeben werden, da der Staat, dem er allein zur Loyalität verpflichtet war, blieb, während die Regierungen kamen und gingen.

Wie anders sind die Verhältnisse in der Bundesrepublik. Die Lobby der gar nicht mehr schlecht bezahlten Beamten verweist zwar immer noch gerne auf die staatliche Fürsorgepflicht, doch die dem gegenüberstehende außerordentliche Bereitschaft zum Dienen steht in keinem Verhältnis mehr zu den Privilegien. Besonders deutlich wird dieses bei der Ministerialbürokratie, die eigentlich in jeder Hinsicht die Elite bilden sollte. Sie drohte sogar mit der Verweigerung des Umzugs von Bonn nach Berlin, bis ihr dieser vergoldet wurde.

Neben der Effizienz waren es die Unbestechlichkeit und die Sparsamkeit, die den Staatsapparat neben dem Militär zu einem der leistungsfähigsten Teile der preußischen Gesellschaft machten. Auf beiden Gebieten ist die Bundesrepublik, wie bereits gesehen, nur noch Mittelmaß. Auch die Trennung zwischen dem Staat und den Parteien als gesellschaftlichen (Partikular-)Interessenvertretungen gehört der Vergangenheit an. Finanziell lukrativere und politisch bedeutendere Positionen im Staatsapparat werden nach Parteibuch vergeben, und Staatsbedienstete wiederum sitzen für die Parteien in den Parlamenten, wo sie stark überrepräsentiert sind und in den für die Kontrolle der Staatsverwaltung zuständigen Innenausschüssen sogar regelmäßig die Mehrheit stellen, sich also selber kontrollieren. Wie formulierte es Otto Graf Lambsdorff einmal so schön: "Die Parlamente sind mal voller und mal leerer, aber immer voller Lehrer."

Die Bundesrepublik ist zwar reicher als das an natürlichen Schätzen arme und deshalb zur Sparsamkeit gezwungene Preußen, und insofern kann sie sich
 
     
     
 
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