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Des Kriegsendes vor 60 Jahren wird in vielen Teilen Deutschlands unterschiedlich gedacht. So wird in Berlin das "War Requiem" von Benjamin Britten aufgeführt, geschrieben 1962 zur Einweihung des Neubaus der Kathedrale von Canterbury, die im Zweiten Weltkrieg ein Opfer der Bomben wurde. Britten hatte für dieses Werk unter anderem Gedichte von Wilfred Owens vertont, in denen dieser die Schrecken des Ersten Weltkrieg s beschrieb. Dem Komponisten ging es mit diesem Werk vor allem darum, die zerstrittenen Völker zu versöhnen. So wurde das "War Requiem" eigens für den englischen Tenor Peter Pears, den deutschen Bariton Dietrich Fischer-Dieskau und die russische Sopranistin Galina Wischnewskaja geschrieben. Kritiker sprechen noch heute von einem der großen Bekenntniswerke des 20. Jahrhunderts.
Von der "sofort zugänglichen, gleichwohl niemals beliebigen Tonsprache" Brittens kann man sich nun am 8. Mai, 20 Uhr, im Großen Saal der Berliner Philharmonie überzeugen. In Kooperation mit der Chorale Saint-Michel Luxemburg wird der Karl-Forster-Chor Berlin das Werk Brittens interpretieren. Als Solisten treten Romelia Lichtenstein, Thomas Mohr und Philipp Sheffield auf. Weiter wirken mit: Knaben des Berliner Staats- und Domchores, das Ensemble Vocal Cantica Luxemburg, Michael Maier als Organist, ein Kammerorchester von Stipendiaten der Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker und das Arthur Rubinstein Philharmonic Orchestra Lodz. Es sind Künstler aus allen Teilen der Welt, aus Australien, Bulgarien, Deutschland, England, Frankreich, Israel, Japan, Luxemburg, Polen, Tschechien und Ungarn, die, auf der Bühne vereint, der Idee des Komponisten folgen und über alle staatlichen Grenzen hinweg Brücken zum Miteinander bauen.
Die Leitung des Konzerts, das auch in Luxemburg aufgeführt wird, haben Barbara Rucha, Berlin, und Gerry Welter, Luxemburg, gemeinsam übernommen. Die junge Dirigentin wurde 1972 in München geboren. - Ihre Eltern Hanna Renate und Herbert Rucha stammen übrigens aus Ostdeutschland (Guttstadt und Wiranden, Kreis Allenstein). - Von 1991 bis 1994 studierte sie an den Universitäten in London und Paris Musikwissenschaft und Orchesterleitung, ging dann nach St. Petersburg, wo sie zwei Jahre lang am Rimsky-Korsakoff-Konservatorium die Dirigierklasse von Professor Musin besuchte und 1996 ihr Dirigierdiplom mit Auszeichnung ablegte. In Cambridge erhielt sie ein Jahr später den "Master of Philosophy" im Fach Musikethnologie. 1999 absolvierte sie schließlich das Konzertexamen für Orchesterleitung an der Hochschule für Musik in Dresden und ihre Promotion in Musikethnologie schloß sie 2002 an der Freien Universität Berlin ab.
Bereits während ihres Studiums sammelte Barbara Rucha praktische Erfahrung mit verschiedenen Chören, auch dirigierte sie Orchester wie das Rimsky-Korsakoff-Orchester und war 1996 bis 1997 Assistentin des Karelischen Staatsymphonieorchesters. 1996 gewann sie den Preis für Dirigieren vom Bayerischen Musikfonds. Zwei Jahre später wählten die Mitglieder des Karl-Forster-Chores Berlin sie zur künstlerischen Leiterin. Mit diesem Klangkörper konzertiert sie nun regelmäßig in den großen Konzertsälen der Hauptstadt und geht auf Konzertreisen, die sie schon bis nach Griechenland, in die Schweiz und nach Posen führten.
Das Repertoire des 1998 von ehemaligen Sängerinnen und Sängern des Chores der St. Hedwigs-Kathedrale gegründeten Karl-Forster-Chores ist umfangreich. Die über 70 Sängerinnen und Sänger absolvieren mehr als 40 Auftritte in verschiedenen Formationen mit Chormusik aus sechs Jahrhunderten. Werke von Bach und Beethoven, von Bruckner und Dvorak, von Haydn, Mozart, Verdi und Rossini sowie auch solche zeitgenössischer Komponisten stehen auf dem Programm. Die vorrangige Aufgabe aber sieht man in der Aufführung sakraler Musik, sie "nicht nur in Kirchen, sondern auch in Konzertsälen auf hohem Niveau zu gestalten". So bringt der Karl-Forster-Chor geistliche Musik auch außerhalb der Liturgie in regelmäßigen A-cappella-Konzerten den Musikfreunden nahe. Und nicht nur in Berlin ist der Chor ein gern gesehenes und natürlich gern gehörtes Ensemble. Gastspiele führten den Chor zum Choriner Musiksommer, zu dem Festival der Kammeroper Schloß Rheinsberg, zur Potsdamer Schlössernacht sowie zu einem Konzert in der Basilika Vierzehnheiligen nach Franken.
Wer keine Gelegenheit hat, die Aufführung des "War Requiems" in der Philharmonie zu besuchen und eher geistliche Musik bevorzugt, der kann den Karl-Forster-Chor am Sonntag, 15. Mai, 10.30 Uhr, in St. Ansgar, Klopstockstraße 31, Berlin-Tiergarten, am Sonntag, 5. Juni, 10.15 Uhr, in St. Bonifatius, Yorkstraße 88, Berlin-Kreuzberg, oder am Sonntag, 12. Juni, 11 Uhr, in St. Matthias, Winterfeldplatz, Berlin-Schöneberg, hören.
Dirigentin voller Elan: Barbara Rucha leitet den Karl-Forster-Chor. |
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