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Tabus und Trümmerhaufen

 
     
 
In keinem anderen europäischen Land sind seit dem 11. September so viele Moscheen in Brand gesteckt worden wie - in Deutschland, in Frankreich? - nein, man möchte es kaum für möglich halten: wie in den Niederlanden!

Das Land zwischen den Deichen und Grachten feierte sich selbst jahrzehntelang als Musterbeispiel einer gelungenen „multikulturellen Gesellschaft“ und ließ den daraus erwachsenen Stolz seine Nachbarn durchaus spüren. Vor allem die Deutschen: Als zu Beginn der 90er Jahre
auch holländische Medien voll waren von grellen Berichten über ausländerfeindliche Übergriffe beim östlichen Nachbarn, schritten niederländischen Schüler wacker zur Feder. „Ich bin wütend“ stand auf Tausenden Postkarten, mit denen sie die Poststelle des deutschen Bundeskanzlers überschwemmten.

Damit hatte man sie den „Moffen“ (rassistisches, in diesem Falle gleichwohl erlaubtes Schimpfwort für Deutsche) mal wieder gezeigt, die eigene moralische Überlegenheit. Abermals durften sich Holländer um so wonniger im Lichte kämpferischer niederländischer Toleranz aalen. Jetzt brennen die Moscheen im eigenen Land. Hinter den qualmenden muslimischen Gotteshäusern kommt eine Wahrheit zum Vorschein, die das deutsche Vorurteil gegenüber den Niederländern auf das heftigste zu bestätigen scheint. Hierzulande wird seit langem vermutet, daß das Volk an der Rheinmündung von Selbstgerechtigkeit und Doppelmoral sehr viel mehr versteht als von echter Toleranz.

Die Brände sind nur der furcht-erregende Auswurf einer im ganzen fehlgeleiteten Entwicklung, glaubt man einer Analyse der „Frankfurter Rundschau“ (FR) in Berufung auf ausschließlich nie-derländische Quellen.

Ein „starke antifaschistische Moral“ habe jede offene Debatte über die Probleme mit Einwanderern, die gut 18 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen, verhindert. Man kennt es so ähnlich aus Deutschland: Erhöhte Kriminalität wird ausschließlich auf soziale Verwerfungen zurückgeführt. Kulturelle Differenzen sind als Ursache tabu. Das habe in einen „alltäglichen molekularen Bürgerkrieg“ geführt, wird ein holländisches Blatt zitiert. Studien etwa, wonach höhere Kriminalitätsraten unter Einwanderern auch kulturell bedingt seien, würden von Wissenschaftlern zurückgehalten aus Angst vor dem Rassismusvorwurf.

Interessant der Hinweis in der linksgerichteten FR, daß in Ländern mit starken Rechtsparteien wie Belgien oder Frankreich die Probleme zwischen Muslimen und Einheimischen auch nach dem 11. September weit geringer seien. So hätten nur 22 Prozent der Franzosen jetzt Angst vor dem Islam, in den Niederlanden seien dies drei Viertel der Bevölkerung. In Holland wiederum äußerte fast die Hälfte aller Muslime Verständnis für die Anschläge in New York, in Frankreich hingegen hätten sich nur vier Prozent der Moslems nicht von den Attentaten distanziert.

Die Ereignisse müßten auch in Deutschland jene zum Schweigen bringen, welche fortgesetzt mahnen, die Ausländerproblematik „nicht zum Wahlkampfthema“ etc. zu machen. Es zeigt sich: Die offene und kontroverse Diskussion ist noch die beste Medizin gegen Rassismus und Gewalt. „Politisch korrekte“ Unterdrückung kritischer Meinungen und unbequemer Fakten führt hingegen irgendwann ins Feuer.

 
     
     
 
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