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Auf den ersten Blick wirken die rumänischen Dörfer romantisch, besonders in Siebenbürgen, im Banat und in der Moldau. Doch die Lebensumstände der bäuerliche Bevölkerung sind nach deutschen Maßstäben in der Regel extrem ärmlich Modernisierungen bilden die Ausnahme, was einem Staat, dessen Bevölkerung zu eine Drittel in der Landwirtschaft arbeitet, keine großen Zukunftsperspektiven eröffnet.
Die EU-Beitrittswünsche Bukarests sind vor diesem Hintergrund und eingedenk de Erfahrungen mit den polnischen Bauern vollends unrealistisch.
Letzteres wissen auch die rumänischen Politiker. Die Mehrheit von ihnen will jetz ernst machen mit der großangelegten Rückgabe enteigneten Bauernlandes, um so
für Bewegung und neue Initiativen im Agrarbereich zu sorgen. Nachdem die Abgeordnetenkammer bereits vor Monaten einen entsprechenden Beschluß faßte, hat a Dienstag letzter Woche auch der Senat das Restitutionsgesetz gebilligt. Als letzte formal Barriere müssen beide Kammern nun noch gemeinsam abstimmen.
Betroffen sind etwa eine Million Bauern, deren Land von den Kommunisten verstaatlich wurde. Jeder von ihnen soll maximal 50 Hektar seines alten Besitzes a landwirtschaftlicher Nutzfläche zurückerhalten. Für Wälder liegt die Obergrenze nac Meinung des Senats bei zehn Hektar, nach Aufassung der Abgeordnetenkammer jedoch bei 3 Hektar. Sollte eine Rückerstattung aus übergeordneten Gesichtspunkten nicht möglic sein, werden Entschädigungen geleistet. Das Restitutionsgesetz hat bereits eine länger Geschichte. Im Wahlkampf vom Herbst 1996 von der heuti- gen bürgerliche Regierungskoalition aus der Bauernpartei (PNTCD), der Alternative Rumäniens (PAR), de Liberalen (PNL) und dem Ungarnverband (RMDSZ) als eine zentrale Aufgabe proklamiert folgten zähe Debatten, die sich über drei Jahre hinzogen.
Dabei gab es Widerstände nicht nur aus den Reihen der Sozialisten, sondern auc seitens der linksliberalen Demokratischen Partei (PD). Während insbesondere die Bauernpartei auf eine vollständige Wiederherstellung der rechtmäßigen frühere Verhältnisse abzielte, wollte die PD so wenig Land wie möglich zurückgeben.
Ehemalige Eigentümer bzw. deren Erben konnten ihre Wünsche auf Bodenrückgabe bi spätestens 31. Dezember 1998 anmelden. Jetzt hoffen sie, daß dank des Drucks der E sowie durch ausländische Investoren eine endgültige Regelung greifbar ist.
Auch für das Ortsbild der Bauerndörfer, sprich den Erhaltungszustand der Wohnhäuser und Kirchen, wäre eine großangelegte Restitution und dami die Stärkung der oft nur auf kleinen Flächen wirtschaftenden privaten Landwirte ein große Chance. Mehr Land, mehr Eigenverantwortung, mehr Geld für die Kommunen au diese Formel lassen sich die Hoffnungen der Gesetzesbefürworter bringen.
Insbesondere im Banat und in Siebenbürgen sind nach dem Exodus der angestammte deutschen Bevölkerung zahlreiche Dörfer einem stetigen Verfall ausgesetzt. Auch an de stolzen Kirchenburgen nagt der Zahn der Zeit. Für nicht wenige von ihnen ist es bereit fünf vor zwölf. Angesichts der chronisch leeren rumänischen Staatskasse müßte scho ein großes Wunder geschehen, um das Gros der weltweit einmaligen Gotteshäuser retten zu können. Oder es müßten sich mehrere kleine Wun-dertäter zusam-mentun. Solch Leute wie Prinz Charles zum Beispiel. Der architekturbesessene britische Thronfolger gil als Liebhaber der trutzigen Kirchenburgen. Seitdem er durch eine 1997 verfaßte Broschür seines Landsmanns William Blacker auf die letzten noch heimatverbliebenen Sachsen und die von diesen verzweifelt umsorgten Gotteshäuser aufmerksam wurde, ließ ihn das Thema nich mehr los.
Blacker sammelte mit beachtlichem Erfolg Spenden, und ein englischer Verein für die Unterstützung der siebenbürgischen kirchenburgen entstand. Prinz Charles erkundigte sic im Frühjahr 1998 über den britischen Botschafter bei der Hermannstädter Präfektur nac dem Zustand der sächsischen Kirchenburgen. Anfang November reiste der studierte Architek dann selbst für drei Tage nach Rumänien. In Siebenbürgen bestaunte er das von Gotik un Barock geprägte Hermannstadt und die von ihm selbst als Ziel ausgewählte Kirchenburg vo Meschen.
Als Resultat seiner Eindrücke stellte der Thronfolger eine umfassende Förderung de Restaurierung der Kulturdenkmäler durch diverse Stiftungsgelder in Aussicht, sobal dafür die gesetzliche Grundlage geschaffen sei.
Sofern Prinz Charles an seinem 51. Geburtstag am letzten Sonntag überhaupt Zeit zu Besinnung hatte, erinnerte er sich vielleicht an seine Siebenbürgenreise vor einem Jahr Transsilvanische Träume gegen Tory-Tristesse gewissermaßen. Eine mentale Kur vo Dauerlächeln Tony Blairs und den Arbeiten am monströsen "Millennium Dome" in London, jener zeltartigen Veranstaltungshalle, die den blaublütigen Architekte wiederholt zu bissigen Kommentaren veranlaßte.
Erst zu Beginn dieses Monats hatte Prinz Charles einen englische Fremdenverkehrsexperten nach Hermannstadt entsandt und damit sein fortdauerndes Interess an der Entwicklung Siebenbürgens unterstrichen. Im Oktober initiierte er in London ein öffentlichkeitswirksame Spendensammlung für die überfälligen Sanierungsaufgaben.
Jetzt ist vor allem die rumänische Regierung gefordert. Neben dem Restitutionsgeset muß so schnell wie möglich auch ein allgemeines Gesetz über den Kultur- un Denkmalschutz unter Dach und Fach gebracht werden.
Von den einst etwa 300 Kirchenburgen gibt es nur noch ungefähr 200. Ih Erhaltungszustand ist sehr unterschiedlich. Nur die wenigen mit ausländischen Geldern in großem Stil restaurierten Kirchenburgen wie in Tartlau oder Birthälm sind außer Gefahr Jedes weitere Zögern wäre unverantwortlich
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