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Seine Bilder faszinierten mich, als ich sie auf einer Ausstellung in München sah. Bei dieser Gelegenheit erzählte Dietmar Damerau von einem großen Deckengemälde, das er in einem Privathaus in Lafkos auf der Halbinsel Pelion gemalt hatte und erweckte somit meine Neugier. Geboren 1935 in Pr. Holland wanderte
Damerau nach einer fundierten Ausbildung als Schriftsetzer und Graphiker nach Kreta aus. Er blieb dort jahrelang, baute ein Haus, heiratete eine Münchnerin und wurde Vater eines Sohnes. Die Ehe hatte keinen Bestand. Die griechischen Obristen verwiesen ihn des Landes, und er betrat erst wieder kretischen Boden, als Griechenland frei wurde. Der Massentourismus im freien Griechenland schreckte ihn dann jedoch ab, auf Kreta wieder Fuß zu fassen. Er entdeckte den Pelion, der sich etwa 70 Kilometer südlich von Volos zwischen Ägäis und Pegasistischem Golf erstreckt, dort lebt der Ostpreuße nun seit gut 20 Jahren in Lafkos, einem kleinen Bergdorf unweit von Volos.
Der Pelion mit seinen kleinen Berg- und Hafendörfern und ein Besuch des Künstler-Hauses lohnen sich allemal. Die Vegetation ist üppiger als sonst in Griechenland, weil es im Herbst und Winter viel regnet. Auch in Dameraus kleinen Vorgärten wachsen Feigen-, Maulbeer-, Lorbeerbäume und Wein. Sein Haus ist im traditionellen Pelionstil aus graubraunen Natursteinen gebaut, steht in einer kleinen Gasse und lehnt sich eng an die anderen Häuser des Dorfes, dadurch geschützt vor der sommerlichen Hitze und winterlichen Kälte.
Das Haus des Künstlers hebt sich durch einen Zaun hervor, der durchbrochen ist von schmiedeeisernen Fabelwesen, natürlich vom Künstler selbst geschaffen. Die Vorgärten schmücken kleine bunte Skulpturen aus Treibholz und Metallschrott. Die in Griechenland üblichen großen Olivenölkanister als Pflanzbottiche für Blume n, die den Weg und Terrasse einsäumen, hat er ebenfalls bemalt. Das ganze Haus trägt überhaupt den Stempel seines künstlerischen Schaffens: der Wandteppich von einheimischen Frauen nach seinem Entwurf gewebt, der Entwurf für die Bodenfliesen, die selbstbemalten Vorhänge, die bemalte Verbindungstür zur Ferienwohnung, ein bemalter Fußabstreifer, bemalte Deckenbeleuchtung in der Gästetoilette, so daß man meint, man säße unter einem Märchenhimmel. Ja, Dietmar Damerau hat es nicht versäumt, selbst das Zeichen von "Männlein" und "Weiblein" an der Toilettentür zu fertigen.
Wer nun aber denkt, der Künstler malt die typisch griechischen Motive - Meer, Boote und weiße Häuser - irrt sich gewaltig. Einzig die griechische Mythologie hat Eingang in seine Kunst gefunden. Zentauren, die der griechischen Mythologie zur Folge aus dem Pelion stammen sollen, liebt er besonders, vielleicht aber geistern auch manche prußische Götter durch seine Bilder. Gefragt welcher Gruppe oder Richtung, welchem "Ismus" er sich zurechne, sagt Dietmar Damerau: "Keinem ... meine Themen sind die große Welt, die gesamte Natur. Wenn ich teilweise auf alte Formen zurück-greife, so geschieht dies, weil meine Inhalte so alt sind wie die Welt. Träume und Märchen kann man nicht modernisieren. Sie sind stärker und tiefer als jede Meinung, Ideologie oder Vernunft."
Natürlich hängen in jedem Raum Bilder von Damerau; Bilder manchmal voll hintersinnigem Humor und einer primitiven Naivität, ohne je süßlich oder kitschig zu sein. In seinem geräumigen Atelier ist ein großes Wandgemälde zu bestaunen, ein weiteres ist in Arbeit. Zu diesem Raum gehört ein Balkon, von dem man einen schönen Blick auf Lafkos hat, dort genießt der Künstler oft seinen Morgenkaffee mit einer griechischen Zigarette und am Abend, wenn er noch nicht nach griechischer Art das Kafeneion auf der Platia aufgesucht hat, seinen Wein. Fernseher, Auto oder Telefon hat Damerau nicht, dafür aber eine umfangreiche Bibliothek. Eine schwarze Katze leistet ihm das Jahr über Gesellschaft und ab und zu seine Lebensgefährtin aus Dänemark, wo er oft seine Winter verbrachte.
Dietmar Damerau spricht mittlerweile auch griechisch, deshalb ist sein Kontakt zu den Einheimischen gut und er ist voll in das Dorfleben integriert. Auch pflegt er Kontakt zu Deutschen, die in Lafkos ein Haus besitzen. Ein Ehepaar aus Düsseldorf, das am Rande des Dorfes ein modernes Haus gebaut hat, gestattete ihm, ein 10 x 10 Meter großes Deckengemälde für ihren Wohn-Schlafraum zu malen. Er brauchte drei Jahre dazu. Entstanden ist ein sehr buntes Werk, das Tiere, Menschen, Fabelwesen und Gegenstände zeigt. Damerau sagt
von sich: "Kunst ist so etwas für mich wie Aus-sich-selbst-Schöpfen, ist oft schwierig und wird transportiert ins Hintersinnige, Skurrile." Skurril und surrealistisch ist dieses Deckengemälde. Zur Einweihung wurde das ganze Dorf geladen, es kam auch der Kultusminister aus Athen und das Fernsehen. Eine gute Reklame für den Künstler, der eine nächste Ausstellung mit anderen deutschen in Griechenland lebenden Künstlern in Volos plant. Auch in München ist wieder eine Ausstellung vorgesehen. Man darf also gespannt sein.
Ein Ostpreuße in Griechenland: Dietmar Damerau und sein Atelier in Lafkos Fotos (2): Young
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