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In der Tageszeitung Die Welt war vor kurzem zu lesen, daß ein renommierter israelischer Wissenschaftler und enger Berater von Ex-Premier Netanjahu den Beitritt Israels in die Nato fordert. Mit einer Zusammenarbeit der Geheimdienste soll begonnen werden. Allerdings auf die Souveränität seiner Waffen - gemeint sind ja wohl die Atomwaffen - will man nicht verzichten. Es erscheint dies als ein neuerlicher Versuch, die Reaktion der Nato-Länder zu testen, nachdem das Verhältnis zwischen Palästinensern und Israel einen gewissen Grad der Entspannung erreicht hat. Da man sich der Zustimmung der USA sicher sein kann, kommt es nun auf die europäischen Nato-Partner an. Für sie kann allerdings eine derartige Perspektive kaum von Vorteil sein. Der Gründe gibt es genug. Allein das immer noch schwärende Geschwür der besetzten Gebiete von Palästina und Syrien (Golan-Höhen, Scheba Farmen) ist nur ein geringes Problem. Die Spannungen mit Syrien würden die Europäer in eine mögliche Konfliktsituation bringen, die kaum erwünscht sein kann. Viel belastender wäre die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über ein bisher offiziell nie zugegebenes Atomwaffenarsenal - man spricht von rund 200 Atomwaffen - und deren nur von Israel einzusetzenden und ausgewählten Zielen. Sie wären also jeglicher Kontrolle durch die Nato entzogen, diese damit aber eventuellen Vergeltungsschlägen ausgesetzt. Gerade die in jüngster Zeit wieder aufflammende Debatte über mögliche Präventivangriffe auf das iranische Atomprogramm wecken unangenehme Erinnerungen und Befürchtungen. Die Israelis bombardierten seinerzeit die irakischen Atommeiler von Osirak. Auch die Schläge gegen mutmaßliche Basen der Hamas in Syrien vor kurzem sind noch in Erinnerung. Hier würden gerade die europäischen Nato-Länder in einen Konflikt gezogen, der sich unkalkulierbar ausweiten kann. Die USA wären naturgemäß - schon wegen der räumlichen Distanz - nicht betroffen.
Sicher haben auch die im letzten April aufgenommenen Gespräche des Stellvertretenden Nato-Generalsekretärs Altenburg mit den Staaten des erweiterten Mittleren Ostens die Israelis aufgeschreckt. Die Nato möchte mit diesen Ländern ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen schließen. In diese Gespräche war Israel nicht einbezogen, obwohl es zum Gebiet des "Größeren Mittleren Ostens" sicher zuzurechnen ist. Eine wirkliche Nato-Mitgliedschaft, wie wir sie vor kurzem mit den osteuropäischen Staaten schlossen, ist da natürlich wertvoller und effizienter. Man sollte sich auch die Frage stellen, welche weiteren Länder mit ähnlichem Begehren als nächstes an die Tür der Nato klopfen? So könnten beispielsweise die Magreb-Staaten aufgrund ihrer langjährigen Verbindungen zu Frankreich ebenso Interesse bekunden. Nein, die Nato ist jetzt bereits durch ihre weltweiten Verpflichtungen in politischer und vor allem militärischer Sicht an den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeiten - ja in einigen Sektoren wie Lufttransport und Kommunikationssystemen überfordert. Auch wenn einige deutsche Politiker sich hier ein "rotes Röckchen" verdienen wollen, ist einem derartigen Beitrittsersuchen nicht zuzustimmen. Wir Deutschen sollten uns in diesem nach wie vor brisanten Raum äußerste Zurückhaltung auferlegen. Da kommt die Forderung von Bundeskanzler Schröder zur rechten Zeit: Die Neuordnung der Nato ist ein Gebot der Zeit. Wie sagte doch Präsident de Gaulle "Verträge sind wie eine Rose im Frühling, sie blühen schön und welkten dahin". W. Gerhardt |
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