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Seufzend warf ich die neue, schwarze Hose auf das Bett, schloß die Schlafzimmertür mit einem lauten Knall und ging in die Küche. Ich drehte das Radio lauter und öffnete frustriert die Kühlschranktür. Irgendwo muß doch noch eine Tafel Milchschokolade sein, dachte ich und schob die Marmeladengläser zur Seite. Endlich hatte ich sie zwischen einem alten Senfglas und den Ölsardinen gefunden. Genüßlich schob ich mir einen Riegel nach dem anderen von der sahnigen Köstlichkeit in den Mund. Langsam ging es mir besser, doch ich wußte, lange würde es nicht dauern, bis sich mein schlechtes Gewissen meldete. Ich zerknüllte das Schokoladenpapier und beförderte es mit einem Schwung in den Papierkorb.
Nachdenklich ging ich zurück ins Schlafzimmer. Ich hängte die Hose auf einen Bügel und verstaute sie anschließend in der hintersten Ecke des Kleiderschrankes. Mein Blick wanderte suchend durch das Zimmer, bis ich die Waage entdeckte. Ich sah kritisch an mir hinunter. Einige häßliche Fettpölsterchen hatten sich auf meinen Hüften niedergelassen, die unbedingt wieder verschwinden mußten. Vor drei Wochen hatte ich mir die schwarze Hose gekauft. Sie hatte wie angegossen gepaßt, heute bekam ich den Reißverschluß nicht mehr zu, das bedeutete: Ich mußte abnehmen.
Mutig stellte ich mich mit geschlossenen Augen auf die Waage. Ich blinzelte und wagte einen kurzen Blick auf die Anzeige. Zitternd arbeitete sich der Zeiger bis zur sieben vor und blieb dort endgültig stehen. Niedergeschlagen ließ ich mich auf das Bett fallen. Solche Schokoladenorgien, wie ich sie eben veranstalt et hatte, würde es in Zukunft nicht mehr geben, das stand für mich fest. Ich würde jeden Dickmacher von meinem Speiseplan streichen, nahm ich mir vor.
Ich ging zurück in die Küche und sah in den Kühlschrank. Kurz entschlossen warf ich all die Leckereien, die für meine Körperfülle verantwortlich waren, in den Müll. Übrig blieb eine einsame Tomate und ein kleines Glas Essiggurken. Ich nahm die Tomate und schnitt sie in hauchdünne Scheiben. Dann machte ich es mir auf dem Sofa gemütlich und schaltete den Fernseher an.
Auf Kanal fünf wurde für das Eis des Monats geworben, auf Kanal drei brutzelten in einer beschichteten Pfanne köstlich gewürzte Steaks und als auf Kanal vier eine junge Frau mit einer silbernen Gabel kleine Häppchen Katzenfutter auf einem weißen Porzellanteller verteilte, knurrte mein Magen so laut, daß ich die Tomatenscheiben gierig in den Mund steckte.
Hungrig stellte ich den Fernseher ab und sah aus dem Fenster. Vor dem Supermarkt gegenüber parkte ein Lieferwagen. "Frisches Geflügel aus deutschen Landen" stand in großen weißen Buchstaben auf blauem Grund. Ob ein deutsches Hähnchen anders schmeckt als seine Brüder aus Dänemark oder Holland, überlegte ich, während ich das Radio anstellte. Barbara Funke präsentierte ihr neues Kochbuch "Gerichte für die berufstätige Frau". Locker erklärte die Moderatorin, wie einfach man mit einigen Fertiggerichten wunderbare Menüs zaubern kann. Fasziniert hörte ich zu, während ich meine Bluse mit dem Bügeleisen bearbeitete. Als ich bei den Ärmeln angekommen war, hielt ich es nicht mehr aus. Mein Magen schlug Purzelbäume. Irgendwo muß noch eine Schachtel Kekse sein, dachte ich und durchsuchte den Wohnzimmerschrank.
Doch leider fand ich nur einige Salzstangen, die verstreut in meiner Schreibtischschublade lagen. Gerade als ich deprimiert die Kaffeemaschine anstellte, klingelte das Telefon. Angelika, meine beste Freundin, lud mich zum Essen ein. Ohne nachzudenken, sagte ich zu. Schließlich konnte ich die Diät ja immer noch machen, und schwarze Hosen waren in diesem Winter überhaupt nicht angesagt.
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