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Bis zu seinem Tode 1989 führte der Kölner politische Emigrant Andrzej Madejczyk nach außen hin eher ein bescheidenes Emigrantenleben. Jetzt wirft ihm Polens Gauck-Behörde IPN vor, quasi Führungsoffizier des berüchtigten Dominikanerpaters Konrad Hejmo gewesen zu sein, der da jahrelang als Chef des vatikanischen "Polnischen Pilgerhauses" wichtige Polen und nicht zuletzt Papst Paul II. "abschöpfte", sprich faustdicker Agent war.
Der Verfasser kannte Madejczyk (Agententarnname "Lakara") seit Beginn seines bundesrepublikanischen Daseins: Eines Tages stand er in Begleitung der Chefsekretärin des Wuppertaler General-Anzeigers vor ihm. Wie sich später herausstellte, war es die Nichte des berüchtigten Gauleiters von Ostdeutschland, Erich Koch. Laut Madejczyk war er dem NS-Funktionär während dessen Warschauer Prozesses als "Kalfaktor" - selbst angeblich wegen "Wirtschafts verbrechen" als Ministerialfunktionär einsitzend - zugeteilt - lernte bei ihm Goethes Sprache.
Mit dessen Empfehlungsschreiben ausgestattet, habe er dann einem dänischen Diplomaten den Paß gestohlen und sei per Flieger nach Kopenhagen ausgebüchst. Der Verfasser erzählte diese Geschichte einem BND-Ostexperten. Obwohl nicht erforderlich, warnte er eindringlich. Madejczyk dockte danach für gewisse Zeit bei der Familie Koch an, die versuchte, ihn in Brot zu bringen. Bald traf er sich mit früheren Halbgrößen des NS-Regimes, zuerst nur aus Ostdeutschland. Und nahm danach Kontakt zu namhaften Vertriebenen auf.
Er bekam die offizielle Anerkennung als "politischer Flüchtling", gleichgestellt jedem Spätaussiedler, gründete in Köln eine Familie. Mit Hilfe der nordrhein-westfälischen SPD-Landesregierung gründete er in Düsseldorf einen politischen polnischen Emigrantenverein und wurde dessen gutbezahlter Geschäftsführer. Bald ging der Verband pleite; irgend jemand versorgte ihn bald mit einer Bankanstellung.
Danach weitete Madejczyk seine Kontakte noch mehr aus: Polnische politische Emigration, polnischer Militärseelsorger bei den US-Streitkräften in Deutschland, deutsche Vertriebene, primär Pommern, Lodzer-Deutsche, da er angeblich aus dem "polnischen Manchester" kam, US-Sender Radio Free Europe (München) und schließlich polnische Vatikankreise.
Der Verfasser traf sich oft mit ihm. Es fiel ihm auf, daß er sich stets Notizen machte und jede paar Wochen den Flieger "auch mit Familie" gen Rom flog. Für einen kleinen Angestellten ein expansives Unterfangen. Alle Spezies fragten sich: Für wen arbeitet er?
Der Verfasser erkundigte sich bei diesen Spezies sowie beim britischen Onkel seiner Frau. Jener Onkel begann ja seine Karriere als polnischer und später britischer Abwehroffizier und war zuletzt General im Verteidigungsministerium Ihrer britischen Majestät. Dieser Onkel sagte nur eines Tages: "Der ist bei keinem westlichen Dienst. Also: Habt acht!"
Der Verfasser traf Madejczyk auf dem Parkett des Bonner "Katholischen Büros" bei der Deutschen Bischofskonferenz, wo sich viele hochkarätige Persönlichkeiten, die mit Politik zu tun hatten, trafen. Es fiel vor allem auf, daß journalistische Kollegen, die ihrer Stasi zu Diensten waren, sich schnell verabschiedeten, wenn Madejczyk nahte. Es fiel auch auf, daß er sich - gelinde gesagt - eher atheistisch äußerte, trotz der Nähe zum Vatikan.
Eines Tages fuhr er zur Kur. Es hieß: Er kuriere den Krebs aus. Dann kam die Todesanzeige. Zu spät, um hinzufahren. So verschwand der "Kundschafter" so unauffällig, wie er einst erschienen war. Man weiß nur, daß er seine Observationen mit dem Tarnnamen "Lakara" versah. Und der Verfasser kannte ihn als fanatischen Antisemiten.
Fast war Madejczyk vergessen. Nun erfährt man, daß man es mit einem Top-Agenten zu tun hatte. Keiner weiß, ob der Name überhaupt echt war? Denn die offizielle Vita war sicherlich ein konstruiertes Märchen. |
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