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Ein Knopfdruck – und die Polizei kennt den Standort eines Handys auf 50 Meter genau – ist das die Vision einer punktgenauen Überwachung, die George Orwells düsteren Prognosen vom „Big Brother“-Staat bedenklich nahe kommt?
Die brandenburgische Polizei will ein in Fachkreisen als „Handy-Catcher“ bekanntes Gerät zur Ortung von Mobiltelefonen einsetzen, daneben auch andere Neuentwicklungen aus dem Bereich der elektronischen Kommunikation als Fahndungs- und Überwachungssysteme nutzen.
Daß die geplante Novelle zum Polizeigesetz aus dem Haus von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) doch erheblich Staub aufwirbeln wird, ist inzwischen allen klar. Andere Bundesländer haben ähnliche Pläne und wollen folgen; Hessen ist das Kunststück gelungen, sein neues Polizeigesetz mit vergleichbaren Regelungen ohne größeres bundesweites Aufsehen zu verabschieden.
Nicht nur die Datenschutzbeauftragten sind durch den brandenburgischen Referentenentwurf alarmiert; Dagmar Hartge aus Potsdam sprach von einer „brisanten Mischung neuer Technologien“. Die SPD warnte vor zu weitgehenden Eingriffen in die Bürgerrechte, die Zustimmung des größeren Koalitionspartners im Potsdamer Landtag gilt als offen. Die Linkspartei/PDS erinnerte sich schon einmal an den Begriff „Polizeistaat “.
Darum geht es dem Innenministerium: Zwar werde immer die Abwehr von Terroristen zur Begründung für neue Einsatzmittel angeführt, meinte Schönbohms stellvertretender Pressesprecher Geert Piorkowski, aber der Alltag der Polizei sei ein ganz anderer. „Die neue Ortungstechnik hilft bei der Suche nach vermißten Kindern und Jugendlichen“– das komme fast täglich vor. Das Gerät werde vermißte Personen aufspüren können, bevor Schlimmes passiere. Schließlich liege die Handy-Ausstattungsquote in dieser Altergruppe bei 80 Prozent. Da sei die polizeiliche Intervention bei drohenden Terrorakten allenfalls „der Extremfall“.
Brandenburg will außerdem die Videoüberwachung gefährdeter Zonen bei Bedarf generell ermöglichen, bisher können die Kameras in einem begrenzten Versuch nur an vier Orten im ganzen Land eingesetzt werden.
Automatische Kennzeichen-Lesegeräte sollen die Nummernschilder vorbeifahrender Autos erfassen, speichern und gesuchte Fahrzeuge herausfiltern – die Geräte werden seit Jahren in den Niederlanden verwendet, seit kurzem testweise auch in Hamburg. Der Computer schlägt Alarm, wenn ein gesuchtes, weil gestohlenes Autokennzeichen entdeckt wird. Einsatzgebiete in Brandenburg sollen auch der Grenzraum und die Autobahnen nach Osteuropa sein.
Hauptstreitpunkt wird aber die Handy-Ortung sein, das scheint jetzt schon klar. Auch die Polizeigewerkschaft GdP in Brandenburg hat damit „ein Problem“. Bei der Handy-Ortung können schließlich auch die Mobiltelefone jener Menschen entdeckt werden, die von Berufs wegen mit vertraulichen Informationen umgehen, Ärzte und Anwälte, Geistliche und Journalisten. GdP-Landeschef Andreas Schuster: „Die werden mit einem Schlag erfaßt.“
Das Einsatzspektrum des „Handy-Catchers“ ist in der Tat deutlich größer als Vermißtensuche und Terrorabwehr. Die Teilnehmer an Veranstaltungen oder Demonstrationen lassen sich über mitgeführte Mobiltelefone relativ genau identifizieren, auch die Insassen von Fahrzeugen bei Kontrollen, Besucher in Wohnungen oder Gaststätten – immer vorausgesetzt, das Funktelefon ist eingeschaltet. Genug Gründe, alle Aspekte, die Grundrechte und den Datenschutz berühren, gründlich abzuwägen. Der Potsdamer Referentenentwurf, der durch eine Indiskretion vorab bekannt wurde, soll jetzt den Ministerien und Fachverbänden zugeleitet werden, geplant ist die Verabschiedung des neuen Polizeirechts noch in diesem Jahr. Eines ist Pressesprecher Piorkowski heute bereits klar: „Der ‚Handy-Catcher‘ wird nur unter Richtervorbehalt eingesetzt werden können.“ |
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