|
Längst welken alle Kränze, die am 13. August bei der „Gedenkstätte Berliner Mauer“ in der Ackerstraße/Ecke Bernauer Straße niedergelegt worden sind. Vertreter der PDS riefen Empörung hervor, weil sie an gleicher Stelle der Mauertoten gedachten.
Damit die Greueltaten der SED nicht in Vergessenheit geraten, weihte der Senat im August 1998 diesen Ort ein. Teile des monströsen Bauwerkes blieben hier stehen und wurden seitlich von einer hohen Stahlwand umgeben. Inschriften mahnen, die furchtbare Vergangenheit im Gedächtnis zu behalten. Am 9. November 1999 öffnete direkt gegenüber das „Dokumentationszentrum Berliner Mauer“ erstmals seine Pforten. Die nahegel egene „Kapelle der Versöhnung“, im vorigen Jahr aus Lehm gebaut, ist dort zu besichtigen, wo früher die 1985 gesprengte „Versöhnungskirche“ angesiedelt war, mitten im einstigen Todesstreifen. Regine Hildebrand, bis vor kurzem brandenburgische Sozialministerin, die 1985 hart östlich der Mauer wohnte, hat die Zerstörung des Gebäudes photographiert. Reste der Kirche sind in die Kapelle integriert worden. Gedenkstätte, Dokumentationszentrum und Kapelle erinnern in Form eines Ensembles an die Mauer des Schreckens.
Jahrzehntelang galt die Bernauer Straße geradezu als Chiffre der deutschen Spaltung. Die Häuser der einen Straßenhälfte gehörten zum Ostsektor, während der Bürgersteig bereits im Westen lag. Immer wieder kam es zu schaurig-dramatischen Szenen. Menschen stürzten sich aus Fenstern in Sprungtücher; der berühmte Tunnel des Jahres 1962, der fast 60 Menschen die Flucht ermöglichte, verlief von der Bernauer Straße ins damalige Ost-Berlin.
Das Dokumentationszentrum, gegründet vom „Verein Berliner Mauer“, hat schwere Zeiten überwinden müssen. Anfang letzten Jahres stand die Schließung des Museums wegen Geldmangels so gut wie fest. Dann endlich gab der Diepgen-Senat eine Finanzspritze und rettete somit die Institution. Gabriele Camphausen, die auch die Stätte „Topographie des Terrors“ betreut, leitet das Zentrum. Ursprünglich zeigte man die provisorische Exposition „Grenzblicke“, der nun, seit dem 40. Jahrestag des Mauerbaus, die Dauerausstellung „Berlin, 13. August 1961“ gefolgt ist. Kanzler Schröder besichtigte sie.
Im Foyer erwarten den Besucher Bücher, Videos und CDs über das Thema Mauer. EDV-Terminals bieten abrufbare Informationen zur Teilung Berlins. Die eigentliche Ausstellung, räumlich knapp bemessen, liegt im Obergeschoß. Auf dem Weg dorthin kann man eine „Zeitleiste“ historischer Daten der Jahre um 1961 ablesen.
Viele menschliche Einzelschicksale werden mit Hilfe elektronischer Medien dargestellt. Durch Telefonhörer ist es beispielsweise möglich, damals aufgenommene Prozeßgespräche zu verfolgen. So wurde im November 1961 ein West-Berliner Student im Ostteil der Stadt zu einer Haftstrafe verurteilt, weil er sich am 14. August nahe des Bahnhofes Friedrichstraße gegen die Mauer geäußert hatte. Grotesk wirken dummdreiste Propagandalieder der Grenztruppen. „Unsere duften Jungens, die stehen auf Wacht ...“ Dazu kommen Hörfunkreportagen westlicher Radiosender vom 13. August 61, Modelle einstiger Sperranlagen, Stasi- und Polizeiakten, die Fluchtversuche betreffen, zahlreiche Dokumentarfilme, Fotos, Berichte ehemaliger Flüchtlinge und sogenannter Grenzgänger. Obwohl manches etwas steril erscheint, gelingt es dennoch, die Stimmung des 13. August nachzuempfinden, jene eigenartige Mischung, die Entsetzen und Ratlosigkeit beinhaltete.
Stiefmütterlich behandeln die Ausstellungsmacher allerdings den politischen Hintergrund des Geschehens, insbesondere die Haltung Adenauers und der Westmächte. Das Archiv des Museums, das auch wissenschaftlicher Forschung dienen soll, befindet sich erst im Aufbau. Dr. R. Helfert
Dokumentationszentrum Berliner Mauer, Bernauer Straße 111, 13355 Berlin, Öffnungszeiten: Mittwoch-Sonntag, 10-17 Uhr, Eintritt frei, Telefon: 0 30/ 4 64 10 30
|
|