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Universitäten und Fachhochschulen gehören zum tertiären Bildungsbereich. Von den insgesamt rund zwei Millionen Studierenden sind 1,4 Million an den Universitäten und 500.000 an den Fachhochschulen eingeschrieben. Zusammen bieten sie rund 95 Prozent der Ausbildungsplätze im Bereich der sogenannten höheren Bildung an. (Die restlichen entfallen auf die Kunst- und Musikhochschulen und die Theologischen Hochschulen.) Ihr Verhältnis untereinander ist nicht frei von ungeklärten Zuständigkeiten, Vorbehalten, Spannungen und Mißverständnis sen. Sofern eine Frage zum Selbstverständnis der Fachhochschulen gestellt wird, die nur einen Hauch von Zweifel oder Kritik enthält, reagieren ihre Vertreter allergisch. Es wäre zu billig, dies lediglich als Ausfluß von Komplexen angeblich Unterprivilegierter abzutun. Deshalb ist es wichtig, Aufgaben und Unterschiede beider Institutionen, soweit es sie gibt, deutlich zu machen.
Fachhochschulen sind Einrichtungen des Hochschulwesens, die durch anwendungsbezogene Lehre und, soweit diese Aufgaben es zulassen, durch entsprechende Forschungsarbeiten geprägt sind. Ein Charakteristikum sind außerdem die - im Vergleich zu den Universitäten - kurzen Studienzeiten (in der Regel sechs bis acht Semester) und in Verbindung damit ein relativ gestrafftes Studium. Fachhochschulen wurden im Anschluß an das Abkommen zwischen den Ländern der Bundesrepublik Deutschland zur Vereinheitlichung des Fachschulwesens vom 31. Oktober 1968 errichtet. In ihnen sind die ehemaligen Staatlichen Ingenieurschulen, Staatlichen Ingenieurakademien, Werkkunstschulen und andere Höhere Fachschulen, zum Beispiel für Gestaltung, Hauswirtschaftslehre, Landbau, Sozialarbeit oder Wirtschaft aufgegangen. Ihre Aufgaben, Gestaltung und Struktur sind vom Hochschulrahmengesetz und den jeweiligen Landeshochschulgesetzen vorgegeben.
Die erste Welle der Besetzung von freien Positionen erfolgte in nicht unerheblichem Umfang aus dem Kreis der Assistenten der Universitäten. Zwar war Einstellungsvoraussetzung eine mindestens fünfjährige Tätigkeit in der Praxis. Da aber nicht genügend Bewerber vorhanden waren, wurde auch die Dauer der Beschäftigung an einem Universitätsinstitut als Praxis anerkannt. Das mußte zwangsläufig dazu führen, daß die Dozenten ihre Arbeitsweise von der wissenschaftlichen Hochschule mitbrachten und weiter praktizierten. Von Berufungen von Fachhochschulprofessoren zurück an Universitäten ist allerdings nicht in auffälligem Umfang die Rede. Das Streben, möglichst genauso behandelt zu werden wie die Universitäten, war von Anfang an kennzeichnend vor allem für die Funktionsträger der Fachhochschulen. Der Versuch, den Diplomgrad möglichst ohne den Zusatz "FH" zu verleihen, die Ermöglichung der Promotion für qualifizierte Absolventen ohne weitere Hürden an Universitäten und die Betonung der eigenen Forschungsleistungen unterstreichen dies. Dabei werden anwendungsbezogene wissenschaftliche Arbeiten in Überinterpretation des Begriffs oft als "Forschung" verkauft.
Niemand ist gehindert, neue Erkenntnisse zu suchen, also zu forschen. Dies gilt selbstverständlich auch für die Professoren an Fachhochschulen. Hinter der Forderung, die Forschung als Aufgabe der Institution zu erklären, steht aber ein anderes Anliegen, nämlich das der Finanzierung.
Die Ausbildung an Fachhochschulen soll wissenschaftlich fundiert sein, ohne daß diejenigen, die dies vermitteln, selbst in der Forschung tätig sein müssen. Die Aufgabe bedeutet auch, neues Wissen an die Studierenden weiterzugeben, ohne daß solche Erkenntnisse durch eigene Forschung gewonnen sein müssen. Daß dieses durchaus praktikabel ist, beweist die Schule. Von keiner Lehrkraft in der gymnasialen Oberstufe wird erwartet, daß sie selbst am Forschungsprozeß teilhat; sie muß allerdings "auf dem Laufenden" sein, das heißt aufnehmen und verarbeiten, was es an neuen Erkenntnissen auf dem entsprechenden Gebiet gibt. Für die Ausbildung an Fachhochschulen ist es also nicht zwingend, daß dort Forschung betrieben wird. Wenn genügend Finanzmittel verfügbar sind, sollte man allerdings denjenigen, die geeignete Projekte präsentieren, auch Geld zur Verfügung stellen.
In diesem Bereich spielt insbesondere die unterschiedliche Ausstattung eine entscheidende Rolle. Vergleicht man vor allem Institute der technischen Disziplinen hinsichtlich ihrer Arbeitsmöglichkeiten, so wird erkennbar, wo Grenzen gesetzt sind. Die Forderung, die Fachhochschulen müßten deshalb - den Universitäten vergleichbar - ausgestattet werden, scheitert mit Sicherheit an den finanziellen Möglichkeiten. Es bedarf dessen auch nicht, wenn man nur die Aufgabenstellung befolgen würde. Die Fachhochschulen sind schließlich kein Selbstzweck zur Verwirklichung der Entfaltungsmöglichkeiten ihrer Mitglieder.
Sie haben eine umschriebene Aufgabe im Rahmen des Bildungssystems. Es kommt also nicht darauf an, Unterschiede einzuebnen, sondern die Differenzierung aufrechtzuerhalten. Eine Annäherung, womöglich eine Gleichstellung hätte zur Folge, daß eine neue Hochschulart gegründet werden müßte, welche die (ursprünglichen) Aufgaben der Fachhochschulen übernimmt. Die Einrichtung von Berufsakademien war und ist eine Antwort auf die Entfernung der Fachhochschulen von der ihnen bei der Gründung zugeschriebenen Aufgabe.
Obwohl (oder weil) die Fachhochschulen Mitglieder in der Hochschulrektorenkonferenz sind, gibt es immer wieder Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zu den Universitäten. Auch die Tatsache, daß einerseits Masterabschlüsse an Fachhochschulen, andererseits Bachelorexamen an Universitäten möglich sind, wird nicht zur Klarheit der Aufgabenverteilung beitragen.
Zwei Entwicklungen sind denkbar: die Fachhochschulen besinnen sich auf ihren ursprünglichen Auftrag (und die Politik bestärkt sie darin) oder es kommt zu einer weiteren Vermischung mit den Universitäten.
Die Tatsache, daß sie sich selbst "universities of applied sciences" nennen, daß es eine Diskussion um eine bestimmte Zahl von sogenanten Elite-Universitäten gibt und - bei Verwirklichung - es Universitäten 1. und 2. Klasse geben würde und die Fachhochschulen nicht gerne die Nr. 3 in der Reihenfolge sein möchten, sowie die nachgiebige Haltung der Politik gegenüber Bestrebungen der Fachhochschulen nach Angleichung an die Universitäten spricht für die letztere.
Es wäre dies dann ein weiteres Beispiel dafür, daß sich letztlich Prestigedenken, vermeintliche Benachteiligung, Forderungen nach Angleichung der Besoldung und politischer Druck durchsetzen. Sachlich begründet wäre das nicht.
Praxisbezogen: Bisher hoben sich die Fachhochschulen vor allem mit ihrer anwendungsbezogenen Lehre und mit einem gestrafften Lehrplan von den Universitäten ab. |
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