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Von moderner Kunst und lieblichem Wein

 
     
 
Pierre Bauer hebt abwehrend die Hände: "Diese Vorurteile! Wir Luxemburger mögen es gar nicht, daß unser Land als Steuer-oase betrachtet wird, wo reiche Leute aus ganz Europa Schlupflöcher für ihr Kapital suchen. Wir haben doch viel mehr zu bieten." Das Großherzogtum ist zwar klein, aber sehr vielfältig, erklärt er in seinem leicht singenden Akzent. "Was denken Sie wohl, warum Luxemburg bereits zum zweiten Mal nach 1995 im nächsten Jahr zur Europäischen Kulturhauptstadt gekürt wurde!"

Wir treffen den jungen Mann in der malerisch
en, von der UNESCO zum Kulturwelterbe geadelten Altstadt, wo er uns die Inschrift am Erker eines Hauses erklärt: "Mir wölle bleiwe wat mir sin." Diese Zeile entstammt der luxemburgischen Nationalhymne, die von den Bürgern stets mit Inbrunst gesungen wird. "Kommt her aus Frankreich, Belgien und Preußen. Wir zeigen euch unsere Heimat", lautet der Refrain ins Hochdeutsche übersetzt. Die Region im Herzen Europas hat in zwei Jahrtausenden Invasoren aus allen Himmelsrichtungen erdulden müssen. Weltoffen sind die Luxemburger allemal. In der Schule sind gleich drei Sprachen Pflicht: Letzenbuergisch, ihr angestammter moselfränkischer Dialekt, Hochdeutsch und Französisch. Es ist faszinierend, wie mühelos selbst Kinder von einem Idiom ins andere wechseln. Auch im Kulturjahr 2007 werden wieder Menschen aus aller Herren Ländern in das im Dreiländereck Belgien, Deutschland und Frankreich gelegene "Ländle" strömen. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Überall wird renoviert, restauriert, gewienert und geputzt. Hier und da verschandelt noch ein Baukran die anmutige Silhouette auf der wehrhaften, einst vom französischen Baumeister Vauban errichteten Festung. "Keine Angst, am 7. Dezember, dem Beginn des Kulturjahres, steht alles, und Luxemburg zeigt sich von seiner besten Seite", bekräftigen offizielle Stellen.

Die aufsehenerregende Philharmonie mit ihrer eleganten, am Abend hell angestrahlten Säulenhalle ist bereits fertiggestellt. Nur einen Steinwurf entfernt lockt das vom amerikanisch-chinesischen Stararchitekten Ieoh Ming Pei geschaffene Museum für Moderne Kunst - kurz MUDAM - mit seinen avantgardistischen Exponaten in den lichtdurchfluteten Sälen. Das Viertel "auf Kirchberg" hat sich inzwischen international einen Ruf als zeitgenössisches Architekturmuseum erworben. Ein Rundgang führt vorbei an hoch aufstrebenden Konstruktionen aus Glas und Stahl. Dazwischengestreut Plastiken, die entweder nachdenklich stimmen wie der berühmt-berüchtigte Revolver mit dem geknoteten Lauf oder den Betrachter schmunzeln lassen wie der mehrere Meter hohe "Lange Banker" mit Regenschirm und Zeitung unter dem Arm. "Auf unserem altehrwürdigen Liebfrauenfriedhof gibt es ebenfalls etwas Amüsantes", verrät Jean-Claude Conter von Luxemburg Tourismus und weist uns den Weg entlang steinerner Sarkophage und marmorner Stelen zum Grab von Wilhelm Voigt, dem selbsternannten "Hauptmann von Köpenick". In den Gedenkstein ist neben dem militärischen Titel eine preußische Pickelhaube eingemeißelt. Als der ehemalige Schuster aus Tilsit 1922 nach mehrjährigem Aufenthalt hier beerdigt wurde, erwies ihm eine gerade vorbeiziehende französische Kompanie mit zackigem Salut die letzte Ehre.

Mit einem anderen Urpreußen hatten die Luxemburger schon 50 Jahre vorher Bekanntschaft gemacht. Fürst Otto von Bismarck, der Eiserne Kanzler, ließ 1871 nach dem Sieg des Deutschen Reiches über die Franzosen die Festungsmauern schleifen. Und so verlor der Felsen seine strategische Bedeutung und wurde zum "schönsten Balkon Europas", was er bis heute geblieben ist.

Luxemburg hat eine Fläche von 2586 Quadratkilometern, auf denen knapp 450000 Menschen leben. Es ist etwas größer als das benachbarte Saarland, aber noch nicht einmal halb so dicht besiedelt wie das ehemalige Kohlerevier. Die Landschaftsstruktur ist von erstaunlicher Vielfalt. Wer die fruchtbare Agrarregion des Gutlandes in Richtung Norden verläßt, findet sich im Ösling wieder mitten in den Ardennen, die sich bis auf eine Höhe von 559 Metern erheben. Das Moseltal bietet ein ganz anderes Bild. Grüne Weinberge dehnen sich bis zum Horizont. Und in den romantischen Weindörfern zieht sich eine Reihe schmucker Häuser gleich einer Perlenschnur am Fluß entlang.

"Moien", Luc Jacobs schüttelt uns kräftig die Hand. "Dieser echte letzenbuergische Gruß gilt zu jeder Tages- und Nachtzeit", lacht der Berater des Naturparks Our. Der wird jetzt für das Kulturjahr in einen Landschaftsgarten der besonderen Art umgestaltet. "Ich empfehle jedem wiederzukommen, wenn alles grünt und blüht", sagt er. "Wir werden auch einen sehr interessanten Lehrpfad mit alten, schon fast in Vergessenheit geratenen Pflanzen anlegen."

Bei strahlendem Wetter machen wir uns am nächsten Morgen auf zur Schloßfeste von Esch a. d. Sauer. Es lohnt sich auch, das in ein Museum umgestaltete einstige Wohnhaus Hugos im Tal zu besuchen. Viele Ausstellungsstücke erinnern an den Visionär, der sich bereits im 19. Jahrhundert leidenschaftlich für die "Vereinigten Staaten von Europa" einsetzte. Heute sind wir diesem Traum schon ein Stück nähergekommen.

Auskunft: Office National du Tourisme, Postfach 1001, L-1010 Luxemburg, Telefon (0 03 52) 42 82 82 20, Fax (0 03 52) 42 82 82 30, E-Mail: info@ont.lu oder unter www.visitluxembourg.lu 
 
     
     
 
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