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Der Ratsvorsitzende der Stiftung für das sorbische Volk, Pfarrer Clemens Rehor, ist Anfang April aus Protest gegen geplante Finanzkürzungen zurückgetreten. Die infolge der Einschnitte unumgänglichen Schließungen sorbischer Einrichtungen würden den Kernbereich der Kulturarbeit der Volksgruppe in unverantwortlicher Weise beeinträchtigen, so Rehor.
Träger der ab 1991 aufgebauten Stiftung für die ungefähr 40 000 Angehörigen der westslawischen Minderheit in der Oberlausitz sowie die rund 20 000 Sorben in der Niederlausitz ist zur Hälfte der Bund, während die andere Hälfte zu zwei Dritteln vom Freistaat Sachsen und zu einem Drittel vom Land Brandenburg übernommen wird.
Von seiten des Bundes ist für 2001 eine Mittelkürzung um eine Million auf 15 Millionen Mark vorgesehen, die bis 2004 um eine weitere Million verringert werden sollen. Brandenburg hat für das kommende Jahr eine Reduzierung seiner Hilfen um 330 000 Mark angekündigt.
Im einzelnen verfügen die Sorben heute über folgende Einrichtungen: In ihrem kulturellen Zentraum Bautzen/Oberlausitz haben neben der Stiftungsverwaltung die 1912 ins Leben gerufene Volksgruppenvertretung "Domowina", das Sorbische National -Ensemble, ein Haus für sorbische Volkskultur, das Sorbische Museum, ein Sobisches Institut, ein eigener "Domowina-Verlag" sowie ein spezieller Schulverein seinen Sitz.
In Cottbus/Niederlausitz ist neben der Regionalorganisation der "Domowina" ein Niedersorbisches Gymnasium, die Niedersorbische Sprachschule, ein Museum, das Wendische Haus sowie die Sorbische Kultur-Information "Lodka" registriert.
Dem brandenburgischen Landtag ist außerdem gemäß § 5 des Sorben/Wenden-Gesetzes ein Sorbenrat zugeordnet, der bei allen die Minderheit betreffenden Angelegenheiten hinzugezogen werden muß und den Status eines Ausschusses genießt. In Sachsen gibt es beim Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst ein gesondertes Referat zu den "Angelegenheiten der Sorben".
Doch allen diesen rechtlich-politischen Schutzvorrichtungen zum Trotz wurden sowohl das Todesurteil gegen das im sorbischen Siedlungsgebiet liegende "Braunkohle"-Dorf Horno (sorbisch: Rogow) ausgesprochen als auch die jetzigen Rotstiftpläne beschlossen.
An konkreten Einsparungen zeichnet sich bislang u. a. die Streichung von 46 Stellen beim Sorbischen Nationalensemble ab. Darüber hinaus gibt es unter sorbischen Eltern und den Volksgruppenvertretern seit Anfang des Jahres erheblichen Unmut über die Schließungspläne des sächsischen Kultusministeriums für die beiden einzigen sorbischen Mittelschulen im Freistaat. Zur Begründung werden stetig sinkende Schülerzahlen genannt, die eine Weiterführung angeblich nicht mehr rechtfertigen.
Sorbische Vertreter fordern angesichts des fortschreitenden Sprach- und Kulturverlusts der nachwachsenden Generationen ihres Volkes eine entschiedenere Beherzigung des minderheitenpolitischen Grundsatzes der "positiven Diskriminierung". Anders könne eine derart kleine Gruppe wie die ihre in unserer von Mobilität und dem massiven (deutschsprachigen) Medienzugriff geprägten Zeit nicht überleben.
Weitere Auskünfte: Stiftung für das sorbische Volk, Postplatz 2, 02625 Bautzen
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