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Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) eröffnete im Schloß Glienicke ein Museum über die preußischen Hofgärtner. Insbesondere unter Prinz Carl von Preußen (1801-1883), Liebhaber der Gartenkunst und begeisterter Kunstsammler, entwickelte sich Glienicke ab dem Beginn des 19. Jahrhunderts durch das Wirken von Lenné, Schinkel und anderen zu einem Schlösserensemble mit bedeutender Parkanlage inmitten der Berlin-Potsdamer Kulturlandschaft, das 1990 in die Unesco-Liste des Welterbes der Menschheit aufgenommen wurde.
Ein Museum über den Berufs stand der Gartenkunst als Zweig der bildenden Künste existierte bislang nicht. Die Hofgärtner gehörten einst zu den höheren Beamten in der höfischen Hierarchie und konnten durch Nebeneinnahmen sogar zu gewissem Wohlstand gelangen. Ihr Ansehen war teilweise so groß, daß sie ihre Planungen in persönlichen Ge-sprächen mit den Königen verhandeln konnten.
Das neue Hofgärtnermuseum erweitert die bereits bestehende Dauerausstellung in Glienicke. Sie dokumentiert die Geschichte und das Schaffen einer standesbewußten Berufsgruppe, deren Mitglieder wesentlich zum Erscheinungsbild der Potsdam-Berliner Park- und Gartenlandschaft beigetragen haben, das in Plänen, Modellen und Veduten veranschaulicht wird.
In Verbindung mit dem GartenForum Glienicke dient das neue Museum mit seinen Ausstellungen, regelmäßigen Führungen und Veranstaltungen den Stiftungszielen. Dazu gehört die Bewahrung des Bestands, dessen Erforschung und Präsentation wie auch die Berlin-Potsdamer Kulturlandschaft bekannter zu machen, im nationalen wie im internationalen Zusammenhang.
Das Museum stellt typische Reiseziele und Routen vor, die angehende Hofgärtner während ihrer Ausbildungszeit nahmen, und illustriert an Beispielen, wie die gewonnenen Eindrücke die eigenen Schriften und Parkgestaltungen beeinflußten. Die Tätigkeit der preußischen Hofgärtner beschränkte sich allerdings nicht allein auf die Pflege und Bewirtschaftung der Gärten. Im 19. Jahrhundert erweiterten sich die Kenntnisse durch den wissenschaftlichen Austausch in ökonomischen und naturforschenden Gesellschaften und Vereinen. Eine besondere Rolle spielt der 1823 im Zusammenhang mit der Gärtnerlehranstalt gegründete "Verein zur Beförderung des Gartenbaus in den Königlich Preußischen Staaten" oder der 1887 gegründete "Verein deutscher Gartenkünstler". In diesen Foren diskutierten die Mitglieder mit bedeutenden Wissenschaftlern und Vertretern der Architektur wie auch anderer Berufszweige über praktische Erfahrungen, Experimente und Erkenntnisse des Tätigkeitsspektrums.
In den preußischen Gärten finden sich viele, architektonisch anspruchsvolle Hofgärtnerhäuser mit ihren zugeordneten Gärten. Das Museum zeigt eine typische Einrichtung einer Hofgärtnerwohnung am Beispiel von Möbeln und persönlichen Gegenständen aus dem Bestand der Hermann-Sello-Stiftung. Die privaten Bibliotheken waren vielseitig und werden durch aufgeschlagene Bücher oder Reproduktionen von Textpassagen vorgestellt und erläutert. Die Ausstellung informiert unter anderem auch über das traditionelle Arbeitsgebiet der Frucht- und Gehölzkultur. Am Beispiel von Ananas, Melonen und Wein wird gezeigt, wie die Gärtner bestrebt waren, die königliche Tafel zu allen Jahreszeiten hindurch mit Früchten zu beliefern. Alte Gartengeräte veranschaulichen die damalige Bewirtschaftung der Gärten und die Anzucht und Pflege der Pflanzen.
Das Spektrum der gärtnerischen Aufgaben erweiterte sich im 19. Jahrhundert jedoch beträchtlich. Einerseits waren nun zunehmend auch städtebauliche Planungsaufgaben gefordert. Gartentechnische Neuerungen wurden erfunden, neue Pflanzenarten importiert und verbesserte Anzuchtmethoden entwickelt, nicht zuletzt durch fortschrittliche Baumschulen und Gewächshaustechniken. Andererseits wurden neue Lehr- und Fachbücher publiziert wie auch Fachzeitschriften herausgegeben.
Die Hofgärtner und Gartenkünstler übernahmen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ebenfalls Verwaltungstätigkeiten in den neu gegründeten Gartenämtern der großen Städte. Zur Aufgabe der Gärtner gehörte nun auch das öffentliche Stadtgrün, etwa die Planung und Ausführung von Wallgrünanlagen, Stadtparks und Promenaden, Gartenschauen, Weltausstellungen bis hin zu den Villengärten des 20. Jahrhunderts. Seit dieser Zeit entwickelte sich der Beruf des freischaffenden Gartenkünstlers, der also im Auftrag und für entsprechendes Honorar Planungen und Bauleitungen zur Ausführung zu übernehmen hatte.
Die Zeit des Historismus beförderte eine weitere bedeutende Aufgabe des Berufsstandes, nämlich die, alte Garten- und Parkanlagen nicht nur zu erhalten, sondern auch zu restaurieren. Daraus entwickelte sich im 20. Jahrhundert das Spezialgebiet der Gartendenkmalpflege.
Die geplante Konzeption des Hofgärtnermuseums Glienicke berücksichtigt den aktuellen Forschungsstand wie auch die derzeit zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten. Sie wird künftig mit der Präsentation über das Leben und Wirken der preußischen Hofgärtner nicht nur die Sammlungsbestände ausbauen, sondern insbesondere auch vergleichende Untersuchungen über die führenden Gartenkünstler anderer fürstlicher Höfe in Deutschland und Europa vornehmen. Nur auf diese Weise kann das vielfältige Wirken der Hofgärtner, die abwechslungsreiche Rezeptions- und Nutzungsgeschichte der preußischen Gärten wie auch ihre Zuordnung zu Stilepochen bewertet und erläutert werden. Im Zusammenhang mit dem GartenForum Glienicke bietet sich eine gute Chance zur Diskussion und Präsentation neuer Forschungsthemen, nicht nur über die Hofgärtner, sondern auch über die Gartenkunstgeschichte und Gartendenkmalpflege. SPSG
Das Hofgärtnermuseum befindet sich im Schloß Glienicke, Königstraße 36, 14109 Berlin. Öffnungszeiten: Schloßgarten, täglich von 6 Uhr bis Eintritt der Dunkelheit; Schloß Glienicke und Casino, vom 22. April bis 15. Oktober, am Wochenende und feiertags von 10 bis 17 Uhr, vom 21. Oktober bis 15. April, am Wochenende und feiertags nur mit Führung um 11, 13 und 15 Uhr. Eintritt: Hofgärtnermuseum und Schloß Glienicke 3 / 2,50 Euro.
Xaver Sandmann: Blick auf das Kasino im Park von Glienicke und die alte Glienicker Brücke, um 1850 (Reproduktion nach kolorierter Lithografie) |
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