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Werteverfall von fast 30 Pfennigen

 
     
 
Die Märkte sind unerbittlich: Wenn zum Beispiel die Zahlen eines Unternehmens schlecht sind, stürzt der Börsenkurs der Aktie in die Tiefe. Genauso ergeht es Währungen. Sind die Daten einer Volkswirtschaft schlecht, weil die Arbeitslosigkeit hoch ist, das Wachstum im Vergleich zu anderen zurückbleibt und die Staatsverschuldung rapide wächst, sinkt der Kurs der Währung gegenüber den Zahlungsmitteln anderer Staaten. Der zum Jahresbeginn eingeführte "Euro" ist der Beweis für die Richtigkeit dieser Prinzipien der Volkswirtschafts
lehre.

Diese Grundsätze hatten allerdings alle proeuropäischen Berufsjubler außer Acht gelassen, als der Euro in den ersten Januartagen mit einem Kurs von 1,18 zu einem US-Dollar startete und von einem "glanzvollen Einstand" die Rede gewesen war. Zur Erinnerung: Die Kurse der nationalen europäischen Währungen werden seit Januar nicht mehr an der Börse festgestellt, sondern nur noch von der Euro-Kursentwicklung abgeleitet. Ein Euro ist immer 1,95583 DM, egal wie der Euro gerade zum Dollar, Yen oder britischem Pfund steht.

Inzwischen steht der Euro im Vergleich zum Dollar eher bei 1,03 als 1,04. In nicht einmal einem halben Jahr hat der Euro fast 30 Pfennig eingebüßt. Die Folgen für die Bürger halten sich bisher in Grenzen. Renten und Löhne bleiben unverändert, allerdings können bei einem anhaltenden Euro-Tief die Preise für importierte Waren (Autos, Fernseher) steigen. An den Tankstellen ist bereits ein spürbarer Preisschub feststellbar gewesen. Eine schwache Währung heizt die Inflation an, und dann werden auch Löhne und Renten entwertet.

Für die Exporteure ist der Wertverfall des Euro zunächst positiv zu sehen, auf Dauer haben aber auch sie nichts von günstigen Wechselkursen, weil der inflationsbedingte Kaufkraftschwung den Inlandsmarkt wegbrechen läßt und höhere Lohnforderungen die Kosten der Unternehmen wieder nach oben treiben.

Euro-Propagandisten reden sich jetzt damit heraus, es handele sich nicht um eine Schwäche der Europäischen Gemeinschaftswährung, sondern um eine Stärkephase des US-Dollar. Das ist jedoch nur bedingt richtig. Denn andere Währungen haben sich besser entwickelt als der Euro, zum Beispiel der Schweizer Franken oder das britische Pfund. Tatsache bleibt aber auch, daß das internationale Kapital nach Amerika strömt, weil dort höhere Zinsen für Geldanleger gezahlt werden als im "Euroland".

Die Europäische Zentralbank in Frankfurt könnte etwas gegen den Euro-Verfall tun und die Zinssätze erhöhen. Die Währungshüter taten jedoch den gegenteiligen Schritt und senkten die Zinsen. Dies hängt mit politischem Druck zusammen: Die überwiegend sozialistischen EU-Regierungen vertreten die Auffassung, daß nur Zinssenkungen das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Prominentester Vertreter übrigens: Oskar Lafontaine.

Insbesondere in der Bundesrepublik ist seit dem Regierungswechsel ein Nachlassen des Wachstums festzustellen. Wenn die Europäische Zentralbank jetzt die Zinsen anheben würde, könnte die deutsche Wirtschaftslokomotive abrupt zum Stillstand kommen. Der Euro als Neuschöpfung mußte sich schon im letzten Jahr Kritik gefallen lassen, da die meisten Teilnehmerländer in massiver Form ihre Bilanzen gefälscht hatten, um die Maastrichter Stabilitätshürden umgehen zu können. Vergeblich hatten zudem 150 deutsche Wirtschaftsprofessoren vor dem Euro-Experiment gewarnt. Doch die Regierungen waren entschlossen, sich in ein finanzpolitisches Abenteuer erster Güte zu stürzen, obwohl die Volkswirtschaften viel zu verschieden waren für eine gemeinsame Währung. Außerdem ist die Verschuldung der europäischen Staaten zu hoch, um eine vertrauenswürdige Währung neu zu gründen. Nachdem Rom eine Ausnahme zugestanden bekam und höhere Schulden machen darf als der Maastricht-Vertrag erlaubt, geriet der Euro noch mehr unter Druck.

Eigentlich ist die Zukunft des Euro bereits vorbei, ehe sie richtig begonnen hat. Daher sollte Bonn einem Rat des Währungsexperten Wilhelm Hankel folgen und die DM-Scheine nicht vernichten, sondern aufbewahren. Denn sinkt der Euro weiter, kann die Währung platzen wie eine Schweinsblase.

 
     
     
 
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