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In wenigen Tagen werden die deutschen Marine-Verbände vor der libanesischen Küste aufkreuzen. Ihr Auftrag ist relativ begrenzt, ihr Gegner klar: Es sind die Terror-Truppen der schiitischen Hisbollah, die am Wochenende erneut der Bundeskanzlerin und den deutschen Soldaten gedroht hat. Die libanesische Regierung schweigt dazu. Sie hat auf Druck der Hisbollah das Mandat eingegrenzt, so daß innerhalb einer Sieben-Meilen-Zone die deutschen Schiffe nicht zum Einsatz kommen können. Aber gerade in dieser Zone werden die kleinen Boote der Waffenschmuggler vor der Küste Syriens und Libanons navigieren, die deutschen Schiffe werden sie allenfalls auf ihren Radarschirmen ausmachen und melden können. Der operative Nachteil hat natürlich den Vorteil, daß die deutschen Verbände in relativ gesicherter Entfernung vom Kriegsgeschehen beobachten können. Wie sinnvoll das ist, bleibt militärisch umstritten. Denselben Effekt hätte man auch mit Satelliten oder Awacs-Flugzeugen erreichen können.
Dennoch gibt es eine Gruppe im Libanon, die die Präsenz der deutschen Verbände begrüßen. Georges El-Haddad, ehemaliger Repräsentant der "Lebanese Forces" in Deutschland und Präsident eines deutsch-libanesischen Freundschaftsvereins, zeigt sich erfreut. Das entspreche den lang gehegten Wünschen und Bitten des Chefs der Christenpartei, Samir Geagea. Im Gespräch sagt er: "Die Christen sind froh über die deutsche Unterstützung. Samir Geagea hat schon lange vor dem Krieg die Ansicht vertreten, daß UN-Truppen ins Land geholt werden müßten. Nun sind die Deutschen da. Ich finde das prima. Es wird die Verbindung und Freundschaft zwischen Deutschland und Libanon verstärken." Auch die Christen hätten unter dem Krieg gelitten. Ihr Hauptsiedlungsgebiet liege zwar im Norden von Beirut, aber auch im Süden des Landes lebten Christen mitten unter Schiiten, Sunniten und Drusen. Auch die christliche Zivilbevölkerung sei von der Hisbollah als menschliche Schutzschilde mißbraucht worden und habe unter diesem Krieg sehr gelitten.
Der jüngste Krieg und vor allem der lange innerlibanesische Krieg und die Zeit der syrischen Besatzung haben viele Christen bewogen, das Land zu verlassen und eine neue Heimat zu suchen. Viele aber wandern nur für einige Jahre aus und kehren dann wieder in den Libanon zurück. Dennoch räumt Haddad ein, daß "die meisten Christen vom Bürgerkrieg traumatisiert" seien, "sie trauen der politischen Situation im Land nicht. Sie fürchten ganz besonders das Ungleichgewicht zwischen Muslimen und Christen. Man muß sich das vorstellen, 25 Jahre lang standen die Christen unter massivem Druck der syrischen Besatzungsmacht, die gezielt versucht hat, die Christen von der politischen Bildfläche zu verdrängen. Einige Führer wurden umgebracht oder auch unschuldig inhaftiert und deren Vermögen wurde beschlagnahmt." So sei auch der Chef der "Lebanese Forces", der Arzt Samir Geagea, elf Jahre unschuldig im Gefängnis eingesperrt gewesen. Haddad: "Um in Zahlen zu sprechen: In den 30er Jahren waren die Christen in Mehrzahl mit zirka 60 Prozent der Bevölkerung, heute dürften nur noch 40 Prozent der Bevölkerung Christen sein. Diese Verschiebung hat zwei Ursachen, zum einen sind viele Christen in der Tat ausgewandert, zum anderen wurden mehrere hunderttausend Muslime aus Nachbarstaaten zwangseingebürgert."
Als den einflußreichsten Politiker der Christen nennt Haddad nicht den im letzten Jahr aus dem Pariser Exil zurückgekehrten General Aoun, sondern den seit seiner Freilassung vor einem Jahr in den Bergen lebenden Samir Geagea. "General Aoun hat ein Teil der Christen hinter sich, sicher. Ich glaube aber, daß Samir Geagea der Mann der Zukunft für den Libanon ist, hinter ihm steht ein Großteil der christlichen Bevölkerung und eine christliche Partei mit Tradition. Er steht für einen freien, demokratischen Libanon." Seine politische Heimat seien die Forces, eine christliche Partei, die aus dem Zusammenschluß mehrerer christlicher Parteien Ende der 70er Jahren hervorgegangen ist. Geagea war Vorsitzender der "Lebanese Forces", dann Minister und wurde unter Druck der Syrer mit fadenscheinigen Vorwürfen und falschen Anklagen zu Gefängnis und Zwangsarbeit verurteilt. Er ist heute wieder der Vorsitzende der "Lebanese Forces". Haddad: "Diese Partei entstand mit dem Ziel, die Christen zu vereinen und ihre Präsenz im Libanon zu verteidigen gegen die immer stärker werdende Tendenz, das Land durch die Syrer und Palästinenser zu islamisieren. Dieses Ziel, Einheit der Christen und Garantie für ihre Präsenz, verfolgt Samir Geagea auch heute, und zwar nach dem Prinzip der Gewaltfreiheit. Er ist strikt gegen die Anwendung von Gewalt."
Die Christen hätten in diesem Krieg sehr gelitten. Allgemein lasse sich sagen, "die Christen fürchten, daß durch diesen Krieg, trotz aller Zerstörung, die Hisbollah mit Unterstützung Irans und Syriens jetzt immer stärker in der Innenpolitik mitmischen wird. Es ist klar, daß das erste Ziel der Hisbollah schon immer war, den Libanon total zu islamisieren. Paradoxerweise ist die Hisbollah diesem Ziel jetzt durch den Krieg mit Israel nähergekommen." |
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