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Wohin mit den Milliarden?

 
     
 
Der monatelange Streit über die Verwendung des Geldes aus dem Stabilisierungsfonds in Rußland hält an. Es geht um 50,1 Milliarden Dollar, die überwiegend aus den Profiten der Energie-Exporte akkumuliert wurden.

Finanzminister Alexej Kudrin hatte bereits im Frühjahr 2006 bekannt gegeben, daß seine Behörde plant, das Geld im Ausland anzulegen. Damit scheint die Diskussion darüber, ob die Mittel nicht besser im Lande selbst investiert werden sollten, beendet.

Mit einer direkten Verwendung dieser Mittel in Form staatlicher Ausgaben für die Umstrukturierung
der Industrie oder für die Modernisierung der Infrastruktur glaubt man der russischen Wirtschaft zu keinem Nutzen zu verhelfen.

Wenn zuviel Geld in Umlauf kommt, wird die Inflation noch weiter steigen. Finanzminister Kudrin rechnet mit einer Größenordnung von 18 bis 20 Prozent. Ähnlich wären die Folgen bei einer Verwendung für soziale Bereiche.

Es entsteht eine paradoxe Situation: Einerseits plädiert der Staat für die Anwendung von Kapital und Technologien aus dem Ausland, ist aber andererseits nicht bereit, die dafür notwendigen Investitionen im eigenen Namen zu tätigen, zum Beispiel durch Förderung der Infrastruktur. Potentielle ausländische Investoren legen hingegen überaus großen Wert auf eine entwickelte Infrastruktur.

Die russische Finanzpolitik verwaltet zur Zeit den Umlauf der Geldmenge äußerst rigide, wobei der Kampf gegen die Inflation im Vordergrund steht. Dabei ist in weniger entwickelten Ländern die Inflation nicht selten zwangsläufig ein Begleiter des Wirtschaftswachstums.

Eine Konzentration auf die Bekämpfung der Inflation beeinträchtigt wichtigere Aufgaben wie den Aufbau einer normalen und modernen Wirtschaft sowie die Gewährleistung ihres hohen Entwicklungstempos.

Viel wichtiger wäre es nach Ansicht des Finanzexperten Kirill Gussew von der Akademie der Wissenschaften in Moskau, mit dem Geld Branchen und Sektoren der russischen Wirtschaft zu fördern, die gegenwärtig verfallen sind. Eine Förderung der russischen Wirtschaft wird ohne umfassende Reproduktion nicht möglich sein.

Durch Rubel-Investitionen in die Wirtschaft würden Arbeitsplätze in vorrangig exportorientierten Branchen geschaffen, was zunächst den Inflationsdruck zwar erhöhen würde, aber durch neue Arbeitsplätze gäbe es auch neue Waren- und Dienstleistungen.

Außerdem müsse für die Nachfrage und die Konkurrenzfähigkeit der Waren gesorgt werden.

Darüber hinaus könnten Gelder aus dem Stabilisierungsfonds für geologische Erkundungen und für die Erschließung neuer Lagerstätten investiert werden, so Gussew.

Bisher wurden hierfür ausländische Investoren geworben, obwohl genug eigenes Kapital vorhanden ist.

Der ehemalige Vizechef der russischen Zentralbank, Sergej Alexaschenko, drückt das Dilemma folgendermaßen aus: "Es geht nicht um die Konvertierbarkeit (des Rubel), sondern um die Konkurrenzfähigkeit der Währung ... Bis auf Rohstoffe liefern wir nichts Bedeutendes auf den Weltmarkt ... Solange hinter unserer Währung nichts außer Rohstoffen steht, wird der Rubel auf den Weltmärkten nicht besonders willkommen sein."
 
     
     
 
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